Schlangenjagd
herunterzulassen. Die Holzpfähle, die den Steg stützten, knarrten und knirschten unter dem Gewicht. Fünf Rebellensoldaten begleiteten sie. Im Schein der Taschenlampen holten Abalas Männer zehn AK-47er aus verschiedenen Gestellen und etwa hundert Schuss Munition, indem sie die mit Wachspapier umwickelten Patronenkisten mit Macheten öffneten.
Während er darauf achtete, in Abalas nächster Nähe zu bleiben, für den Fall dass die Soldaten irgendetwas Hinterhältiges beabsichtigten, beobachtete Linc, wie die Männer die glänzenden Messingpatronen mühsam in die charakteristischen bananenförmigen Magazine der AKs schoben. Juan, der unter seinem weiten Sweatshirt eine leichte Flakweste trug, blieb aus den gleichen Gründen dicht bei Max. Jedes Sturmgewehr wurde zehn Mal abgefeuert, zwei Salven á drei Schuss und vier einzelne Schüsse auf ein Ziel, das an der Seitenwand des nicht mehr benutzten Lagerhauses befestigt worden war. Die Gewehrsalven hallten über die Weite des Flusses und scheuchten Dutzende von Vögeln auf. Ein Soldat rannte zum Lagerhaus, um den Schaden zu begutachten, und tat seine Zufriedenheit mit einem lauten Ruf kund. Abala nickte Linc zu. »Gut«, knurrte er. »Sehr gut.«
Am Tisch fuhr Hanley mit seiner Prüfung fort, legte jetzt den leeren Beutel auf die Waage und notierte sein Gewicht. Dann nahm er einen langstieligen Löffel zur Hand und bugsierte unter den wachsamen Blicken eines der Offiziere Abalas die Rohdiamanten wieder zurück in den kleinen Beutel. Sobald er alle Steine zusammen hatte, wog er den Beutel noch einmal. Auf dem Taschenrechner subtrahierte er das Gewicht des leeren Beutels vom Gesamtgewicht. Er blickte über die Schulter zu Cabrillo und flüsterte: »Es sind acht Karat zu wenig.«
Je nach Qualität und Größe der Steine konnte das ein Minus von einigen zehntausend Dollars bedeuten. Juan zuckte die Achseln. »Ich bin schon froh, wenn ich hier lebend wegkomme. Lass gut sein.« Cabrillo winkte Linc zu, der Abala und einem Rebellen, der die professionelle Ausstrahlung eines Sergeants hatte, soeben die Funktion einer raketengetriebenen Granate erklärte. »Captain Lincoln«, rief er ihm zu, »die Hafenbehörden in Borna werden uns unseren Liegeplatz nicht allzu lange freihalten. Wir sollten möglichst bald zurückkehren.«
Linc nickte verstehend. »Natürlich, Mr. Cabrillo. Vielen Dank.« Er wandte sich wieder Abala zu. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen noch mehr Waffen anbieten, Oberst, aber diese Ladung in die Hände zu bekommen, kam für mich und meine Mannschaft ziemlich überraschend.«
»Wenn Sie noch einmal eine solche, äh, Überraschung erleben sollten, dann wissen Sie ja, wie Sie uns erreichen können.«
Sie hatten den Tisch erreicht. Linc fragte Max: »Alles klar und erledigt?«
»Ja, Captain, alles in Ordnung.«
Abalas Lächeln wurde noch öliger. Er hatte sie mit Absicht übers Ohr gehauen, da er wusste, dass die überwältigende Anzahl bewaffneter Männer sie derart einschüchtern würde, dass sie sich mit weniger Steinen als verabredet zufrieden geben würden. Die fehlenden Diamanten befanden sich in der Brusttasche seiner Uniformjacke und würden sein Konto in der Schweiz beträchtlich anwachsen lassen.
»Dann lassen Sie uns gehen, Gentlemen.« Linc übernahm den Beutel Rohdiamanten von Max und marschierte mit langen Schritten in Richtung Gangway, während Cabrillo und Hanley sich beeilten, ihm zu folgen. Kurz bevor sie die Gangway erreichten, wurden Abalas Männer aktiv. Die beiden, die der Gangway am nächsten standen, traten vor, um den Zugang zu blockieren, während Dutzende von Rebellen aus dem Dschungel herausstürmten, wild in die Luft feuerten und ein entsetzliches Geschrei von sich gaben. Mindestens ein Dutzend Männer stürzte sich auf den Container und versuchte, ihn vom Kranhaken zu lösen.
Die Taktik der Rebellen wäre von Erfolg gekrönt worden, wenn das Team der Corporation nicht ohnehin mit einem Doppelspiel gerechnet hätte.
Eine Sekunde bevor Abala seinen Befehl zum Angriff gebellt hatte, waren Cabrillo und Linc schon losgesprintet. Sie erreichten die beiden Rebellen an der Gangway, ehe diese auch nur die Zeit hatten, ihre Waffen in Anschlag zu bringen. Linc stieß einen jungen Soldaten mit der Schulter in den Spalt zwischen Frachter und Kai, während Juan dem anderen die Finger gerade hart genug in den Hals bohrte, um bei ihm einen Würgereiz auszulösen. Während der Rebell einen Hustenanfall bekam, riss Juan ihm das AK-47 aus
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