Schlangenjagd
der Gestank von brennendem Holz. Er griff nach Sloanes Handgelenk, um die Linse ihrer Taschenlampe mit der Hand zuzudecken.
Vor sich konnte er den orangenen Lichtschein von Feuer wahrnehmen, aber nicht den eines kleinen Lagerfeuers, wie Sloane es beschrieben hatte. Das dort war etwas völlig anderes.
»Verdammt.« Er schob die Gashebel vor und betete, dass die Wassertiefe konstant blieb, während das Boot einen Satz vorwärts machte und Sloane in seine Arme warf. Er fing sie auf und versuchte, durch den Grasvorhang zu blicken, der ihnen den Weg versperrte.
Plötzlich drangen sie in die Lichtung vor, die Papa Heinricks Insel umgab. Juan warf einen Blick auf den Tiefenmesser. Sie hatten weniger als dreißig Zentimeter Wasser unterm Kiel. Er zog die Gashebel auf Rückwärtslauf, erzeugte am Heck einen schäumenden Wasserwirbel und löste den Anker aus. Sie waren nicht allzu schnell gewesen, daher schaffte er es, das Rettungsboot zu stoppen, ehe es auf Grund lief.
Er ließ die Motoren im Leerlauf eingeschaltet und verschaffte sich nun erst einen Überblick über ihre Umgebung. Die Hütte in der Mitte der Insel war ein wahrer Scheiterhaufen mit Flammen und Funken, die von dem Dach aus Schilf und Treibholz an die sechs, sieben Meter in die Höhe geschleudert wurden. Papa Heinricks umgekipptes Fischerboot stand ebenfalls in Flammen, aber das Boot war offenbar derart mit Wasser vollgesogen, dass das Feuer nicht richtig aufgelodert war. Dichte weiße Rauchwolken wallten unter dem Boot hervor und drangen aus den Fugen seines Holzrumpfs.
Über dem Prasseln der brennenden Hütte konnte Juan deutlich die Schreie eines Mannes in tödlichen Qualen hören.
»O mein Gott!«, schrie Sloane.
Cabrillo reagierte sofort. Er schwang sich auf das Kabinendach des Rettungsbootes und benutzte es als Anlaufbahn. Die Kabine endete knapp zwei Meter vor dem messerscharfen Bug des Bootes. Cabrillo maß seine Schritte sorgfältig ab und sprang so mit seinem künstlichen Bein ab, dass sein linker Fuß auf der Aluminiumreling landete, die den Bug umgab, und hechtete dann mit einem eleganten Kopfsprung vom Geländer. Er tauchte ins Wasser, stieß sich kräftig mit den Beinen vorwärts und tauchte schwimmend auf.
Als seine Füße den Grund berührten, stürmte er wie ein wildes Raubtier aus dem Wasser und rannte den Strand hinauf. In diesem Augenblick hörte er noch ein anderes Geräusch: das tieffrequente Dröhnen eines Bootsmotors.
Ein weißes Sportboot schob sich um die ferne Seite der kleinen Insel herum, und die beiden Männer in seinem offenen Cockpit eröffneten sofort mit Maschinenpistolen das Feuer. Sandwolken wurden rings um Cabrillo hochgeschleudert, während er mit einem Satz in Deckung ging und mit der Hand automatisch auf den Rücken griff. Er landete auf dem Erdboden, rollte sich zweimal herum und kam in einer knienden Schusshaltung hoch. Dabei hielt er die Glock, die er in seiner Hosentasche verstaut hatte, als er sich den Windbreaker überzog, mit beiden Händen. Der Abstand betrug dreißig Meter und nahm ständig zu. Außerdem feuerte er in die Dunkelheit, während der andere Schütze Juan als Silhouette deutlich vor sich hatte, die vom Feuer hinter ihm beleuchtet wurde.
Cabrillo konnte nicht einen einzigen Schuss abfeuern, ehe weiteres Maschinenpistolenfeuer die Insel überschüttete und ihn zwang, sich rückwärts in die Lagune zu stürzen. Er atmete in dem Moment, als eine Kugel nur wenige Zentimeter von seinem Kopf entfernt in den Strand einschlug, aus, um schon nach dem nächsten Atemzug den Sand zwischen seinen Zähnen zu spüren.
Indem er abtauchte und gegen den unkontrollierbaren Drang, sich die Seele aus dem Leib zu husten, ankämpfte, schwamm Juan etwa zehn Meter, wobei er darauf achtete, mit den Händen den Meeresboden zu berühren, um nicht ungewollt aufzutauchen und sich bemerkbar zu machen. Unter Wasser spürte er, dass das Powerboot wendete und Jagd auf ihn machte. Er versuchte, die Position seiner Verfolger zu bestimmen, und schwamm ein Stück weiter. Dabei unterdrückte er mühsam einen Würgereiz, der ihm beinahe die Brust sprengte. Als er glaubte zu wissen, wo sich der Feind befand, setzte er die Füße auf den Meeresboden, richtete sich schnell auf und hielt gleichzeitig den Atem noch einige Sekunden länger an.
Das Boot war etwa zehn Meter entfernt, und die beiden Männer an Bord blickten in die falsche Richtung. Das Gesicht wasserüberströmt und die Lungen kurz vor der Explosion, hob Juan die Glock
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