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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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in Berlin-Dahlem, dann schließt sie ihren E-Mail-Zugang wieder und lässt sich die nächsten Zugverbindungen nach Berlin heraussuchen: Um 11.48 Uhr fährt ein Zug, der kurz nach 16 Uhr in Berlin ankommt. Das erscheint ihr günstig, sie ordert ein Ticket nach Berlin und dazu einen Mietwagen ab Berlin Hauptbahnhof. Dann zögert sie kurz, ruft aber doch den Wikipedia-Eintrag der Professorin Stein auf und druckt ihn sich aus. Als sie in der Liste von deren Veröffentlichungen eine Monographie über den polnischen Novemberaufstand 1830/31 findet – »Krappülinski und Waschlappski auf dem Hambacher Fest« –, lächelt sie knapp und vergewissert sich, dass es im Berliner Hauptbahnhof einen Blumenladen gibt. Sie bestellt dort für den Nachmittag ein Bukett mit roten und weißen Rosen. Ein Blick auf die Uhr sagt ihr, dass sie noch gut zwei Stunden Zeit hat, und so zieht sie die Vorhänge vor, stellt den Wecker des Handys, schlüpft aus ihrem Kostüm und legt sich ins Bett.
    Sie hat kaum die Decke zum Kinn hochgezogen, da schläft sie auch schon, tief und traumlos.
    I ch will dir ja das Frühstück nicht verderben«, sagt der Bilch und stellt die Pfanne mit den Rühreiern und dem gebratenen Schinken auf den Küchentisch, »aber ich hab grad gesehen, es ist neun Uhr vorbei – gehst du eigentlich nicht zur Schule?«
    André wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Ich bin doch krank geschrieben. Wegen dem Arm. Weißt du doch.«
    Der Bilch setzt sich und teilt mit dem Pfannenwender Rührei und Schinken aus, die Portionen sind – fast – gleich groß. »Red keinen Unsinn. Dich hat kein Arzt krank geschrieben. Hast du das selber gemacht?«
    »Warum willst du das wissen?« André hat die Arme vor der Brust verschränkt. Mit keinem Blick würdigt er den Teller mit dem Rührei vor ihm.
    »Entschuldige!«, sagt der Bilch kauend. »Es geht mir am Arsch vorbei, was mit deiner Schule ist. Ich frag mich nur, ob du die Absicht hast, da jemals wieder hinzugehen.«
    »Nein«, antwortet André. »Ich geh da nicht mehr hin. Außerdem hat die Elke mich abgemeldet.«
    »Die Elke hat das getan? Warum?«
    »Weil wir wegziehen. Ins Ausland.«
    »Ins Ausland?«, fragt der Bilch zurück. »Nach New York vielleicht?« Plötzlich muss er lachen. »Du würdest dich was wundern. Du hättest schneller ein Messer zwischen den Rippen als die Hand an einem fremden Geldbeutel. Im Ernst: Wenn du dort landen willst, musst du richtig was können. Egal was. Aber du musst es besser können als die anderen. Dreimal besser, weil du dort erst mal ein blöder Deutscher bist. Und dein Trick mit der verbundenen Hand – mit dem kriegst du dort bloß die Fresse voll, weil die Leute sauer werden, dass einer sie für so blöd hält und glaubt, sie würden darauf reinfallen. Nein, mein Lieber …«
    Der Bilch setzt jetzt zu einer größeren Ansprache an, in welcher er ausführt, dass Grundkenntnisse der englischen Sprache sowie mindestens ein Realschulabschluss … aber André hört schon eine ganze Weile nicht mehr zu. Es stimmt, eine Zeitlang hat er Englisch-Unterricht gehabt und versucht, auch mitzumachen, weil die Elke das von ihm gewollt hat, aber das war alles nix, und richtig schlimm wurde es, als er versucht hat, das » the « richtig auszusprechen: Damals nämlich war die Libanesen-Gang überhaupt erst auf ihn aufmerksam geworden: Guckt ma! Det schwule Opfer will n Streber werden, zzzeh!, hört euch das nur an: Zzzehä …
    »Und du?«, hört sich André fragen, »warum bist du eigentlich nicht in New York?«
    »Eben drum«, antwortet der Bilch und ist mit einem Schlag ganz kleinlaut. »Sonst säße ich nicht hier.« Mit beiden Händen beschreibt er den Umkreis der kleinen Küche mit den abgestoßenen Billigmöbeln. »Ich will dir und der Elke nicht zu nahe treten, aber das Waldorf Astoria ist das hier gerade nicht.«
    André überlegt sich eine Antwort, aber es fällt ihm keine ein, und so schiebt er den Teller mit dem Rührei und dem Speck zurück.
    »Schmeckt dir das nicht?«, fragt der Bilch überrascht. »Oder hab ich dich beleidigt?« Ohne eine Antwort abzuwarten, nimmt er Andrés Teller und leert ihn auf den seinen und macht sich entschlossen daran. »Du hast ja Recht. Wir müssen uns nicht gegenseitig um die Ohren hauen, warum wir heute Morgen hier sitzen. Du hast dich also selber abgemeldet. Hast dich hingehockt und die Handschrift von der Elke nachgemacht?«
    André wirft ihm einen verdrossenen Blick zu. »Wir haben doch eine

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