Schlangenkopf
Schreibmaschine.«
Der Bilch runzelt die Stirn. »Du meinst einen PC … Aber ich hab gar keinen gesehen und auch keinen Drucker.«
André steht auf, geht in Elkes Zimmer und kommt mit einer Reiseschreibmaschine zurück. Er stellt die Maschine auf den Küchentisch und nimmt den Kofferdeckel ab.
»Ey!«, brüllt der Bilch, den Mund noch halb voll Rührei, »ist es denn die Möglichkeit! Eine gute alte Gabriele, suchen – finden – zuschlagen! Aus welchem Berufsschulmuseum hast du denn die geklaut?«
»Das ist der Elke ihre«, antwortet André, mit leicht gekränktem Unterton.
»Ich glaub dir ja«, lenkt der Bilch ein und greift nach der Zeitung, die André heute Morgen vom Bäcker mitgebracht hat. »Vielleicht kommt sie wie gerufen …«
»Wer kommt wie gerufen?«, fragt André, der gerade dabei ist, sich ein Croissant mit sehr viel Butter und noch mehr Erdbeermarmelade herzurichten.
»Die Gabriele. Das gute alte Mädchen, das gefingert werden will.«
S ehen Sie«, sagt Zlatan und lächelt schief, als er das Tablett mit den Tassen und den beiden Gläsern Mineralwasser an einem der Stehtische abstellt, »ich hab nicht einmal das Geld, diesen wässrigen Espresso zu bezahlen … was also soll ich noch tun?«
»Solange Sie keine anderen Sorgen haben, lässt sich das ja noch immer regeln«, antwortet Berndorf und verstaut sein Portemonnaie in der Hosentasche. Sie stehen am Fenster mit Blick auf den mit Lastzügen vollgestellten Parkplatz, die anderen Gäste des Rasthaus-Cafés sitzen weiter hinten, Trucker beim zweiten Frühstück. Dem Gespräch der beiden Männer am Stehtisch könnte nur die Kassiererin zuhören, aber die räumt gerade Zeitschriften in den Verkaufsständer ein. Aus Lautsprechern rieselt Musik.
»Und die anderen Sorgen, wie sollen die geregelt werden?«
»Zum größeren Teil liegt das bei Ihnen«, meint Berndorf. »Wenn Sie nicht nach Den Haag wollen, dann wollen Sie nicht. Aber wohin dann? Irgendwann sollten Sie nach Berlin zurück, Ihr Arbeitgeber …«
»Hat mich rausgeschmissen. In meiner Branche gibt es keinen Job für jemanden, der den Gästen ansieht, wer auf der Fahndungsliste steht.« Er nimmt einen Schluck Espresso und spült sogleich mit dem Mineralwasser nach.
»Trotzdem – Sie haben Ihre Wohnung dort, Ihre ganzen Sachen …«
Zlatan Sirko zuckt mit den Schultern. »Ich will aber nicht«, sagt er dann. »Nicht nach Berlin zurück, beim besten Willen nicht.«
Berndorf hebt die Hand, das Musikgeriesel hat aufgehört, es kommen Nachrichten, und er bittet die Kassiererin, den Ton etwas lauter zu stellen – »wegen der Verkehrsnachrichten, wissen Sie?«
Die Kassiererin tut ihm den Gefallen, aber viel erfährt er nicht. Die Welt ist keine andere geworden an diesem Morgen. Damit der Kapitalismus gerettet werden kann, muss immer neues Geld in die Märkte gepumpt werden, dafür gibt es für Eltern, die arbeitslos sind, kein Kindergeld, damit die Kinder früh genug kapieren, was Armut ist. Berndorf mag eigentlich nicht zuhören und muss es doch …
… Eine rätselhafte Bluttat hat sich gestern Abend in Frankfurt am Main ereignet. Vor einem Wohnhaus im Stadtteil Heddernheim wurde ein 48jähriger Mann tot aufgefunden, der vermutlich einer Schusswunde erlegen ist. Im Haus selbst befanden sich zwei schwer verletzte Männer sowie eine stark sehbehinderte Frau, die bisher aber keine Angaben zum Hergang des Dramas machen konnte. Die Polizei fahndet nach zwei Männern, die in einem goldfarbenen Daimler-Benz mit Frankfurter Kennzeichen geflüchtet sind. Die beiden Männer sind bewaffnet und nach Einschätzung der Polizei äußerst gefährlich. Und jetzt die Verkehrsübersicht …
Berndorf blickt zu Zlatan Sirko, der die Nachrichten mit unbewegtem Gesicht angehört hat. Ohnehin muss zu dieser Meldung niemand einen Kommentar abgeben. Gewiss, die Frankfurter Polizei hätte den Fahndungsaufruf auch ein bisschen tiefer hängen können. Sie hat es aber nicht getan. Sie hat das größte Plakat genommen, das zur Hand war, und die ganz große Glocke. Aber mit wem und wozu sollen Berndorf und Zlatan darüber diskutieren?
»Kennt Elfie eigentlich Ihren vollen Namen?«
»Ich bin für Elfie einfach der Zlatan«, kommt die Antwort. »Aber unterschätzen Sie sie nicht. Sie muss mehr behalten als die Leute, die richtig sehen können. Und ich glaube, Sie haben ihr Ihren Namen gesagt.«
Berndorf nickt. Das mag alles so sein, denkt er. Sicher wäre es deshalb vernünftig gewesen, sich der Polizei zu
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