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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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morgen auch erst eine Genehmigung holen müssen. Das muss mit diesem Diebstahl zu tun haben – Sie wissen doch, Fausser ist beklaut worden, hier in der Charité, gestern hat es noch einen fürchterlichen Wirbel gegeben deshalb!« Sie nickt dem Polizisten zu und wendet sich in Richtung Ausgang. Nach einem kurzen Zögern schließt Barbara sich ihr an.
    »Was ist denn alles abhandengekommen?«, fragt Barbara, als sie nebeneinander auf den Aufzug warten. »Oder ist das vertraulich?«
    »Ein bisschen Bargeld, nicht der Rede wert«, antwortet die Jankewitz. Der Aufzug kommt und öffnet sich, und die beiden Frauen treten ein. »Ärgerlicher ist, dass sein Notebook weg ist … Dass jetzt ein paar Leute deshalb ziemlich aufgeregt sind – das brauch ich Ihnen gar nicht zu sagen, das können Sie sich auch so denken. Aber noch viel komischer ist …« Sie spricht nicht weiter, denn der Aufzug ist bereits unten angekommen, und beide steigen aus. Plötzlich bleibt die Jankewitz stehen und zeigt auf die Cafeteria, die man am anderen Ende der Eingangshalle sieht. »Vielleicht könnten wir uns bei einem Kaffee darüber unterhalten, ob und wie ich Ihnen behilflich sein kann.«
    Sie durchqueren die Halle, holen sich die Tabletts für die Selbstbedienung, Barbara misstraut dem Kaffee und nimmt einen Tee, die Jankewitz kann einem gedeckten Apfelkuchen zum Kaffee nicht widerstehen. Mit ihren Tabletts finden sie dann eine Sitzecke zwischen den in Krankenhaus-Cafeterias endemischen breitblättrigen Topfpflanzen.
    »Etwas sei sehr komisch gewesen, sagten Sie«, nimmt Barbara nach einer Weile des Abwartens den abgerissenen Gesprächsfaden wieder auf.
    »Sehr komisch sogar«, antwortet Carla Jankewitz. »Brieftasche und Portemonnaie sind nämlich inzwischen wieder aufgetaucht, und zwar ganz wörtlich aus dem Spülkasten einer Herrentoilette hier im Haus, und daran ist schon mal besonders, dass sich sämtliche Scheckkarten und Ausweise darin befunden haben. Ich meine, ein cleverer Dieb müsste mit diesen Ausweisen einiges anstellen können. Das Allerkomischste aber ist …« – die Jankewitz nimmt noch ein weiteres Stück vom Apfelkuchen und schiebt ihn zwischen ihre vom Lippenstift rot verfärbten Zähne – »haben Sie schon mal vom Phantom der Charité gehört? Die Zeitungen haben neulich groß damit aufgemacht. Es geht um einen Halbwüchsigen, der sich in der Charité herumtreibt und Patienten beklaut. Und sein besonderes Kennzeichen ist, dass er immer mit einem verbundenen Arm herumläuft, vermutlich, damit man ihn für einen Patienten hält.«
    Barbara sagt nichts.
    »Nun hat man aber in dem Spülkasten auch noch einen gebrauchten Verband gefunden«, fährt Carla Jankewitz fort, »vermutlich lässt die Polizei jetzt gerade die DNS vom Phantom der Charité ermitteln. Falls sich nicht irgendein Geheimdienstschnüffler einen Spaß erlaubt hat, um die Sache dem Phantom in die Schuhe zu schieben.«
    »Das hieße aber, dass es für Faussers Notebook und das, was sich da drin findet, einen Markt geben muss«, wirft Barbara ein.
    »Fast hätt ich jetzt gesagt: schön wär’s«, antwortet Carla Jankewitz. »Aber wenn ich ehrlich sein soll – Christian Fausser gehört schon lange nicht mehr zum Inneren Kreis. Natürlich hat er genug Verschlusssachen in seiner Abgeordnetenpost, aber um an so was zu kommen, muss hier in Berlin kein Geheimdienst darauf warten, dass da einer umfällt. Die haben viel zuverlässigere Kanäle.« Wie zur Bestätigung schiebt sie sich ein Stück Kuchen in den Mund.
    »Was Fausser in Tutzing über EuroStrat gesagt hat oder den militärisch-industriellen Komplex überhaupt, ist ja nicht sehr freundlich gewesen. Kann es sein …?« Barbara bricht ab, denn sie hat unvermittelt einen sehr aufmerksamen, fast alarmierten Blick ihres Gegenübers aufgefangen.
    »… dass Christian aus dieser Ecke beobachtet wird, sehr genau sogar?«, vervollständigt Carla Jankewitz die Frage. »Das kann nicht nur so sein, das ist ganz bestimmt so.«
    Barbara registriert, dass sie plötzlich Faussers Vornamen benutzt. Das hat unter Parteifreunden nichts zu sagen, und doch klingt in der Art, wie sie dieses »Christian« ausgesprochen hat, eine seltsame, Besitz ergreifende Vertrautheit mit. Absicht?
    »Nur glaube ich nicht«, fährt Carla Jankewitz fort, »dass diese Leute jemand losschicken, um ihn zu beklauen. Für die sind ja vor allem die Kontakte wichtig, die Christian hat. Mit wem redet er? Wer ruft ihn an? Wen trifft er wo? So etwas. Aber

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