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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Fausser sei heute nicht erreichbar und nicht zu sprechen und morgen voraussichtlich auch nicht, nein, im Augenblick könne man nicht mehr sagen. Dann hab ich aufs Geratewohl gefragt, ob man ihn denn in den Knast gesteckt habe oder ins Krankenhaus, und daraufhin kam heraus, dass er sich im Augenblick in ärztlicher Obhut befinde, Routine-Untersuchungen nach einem Schwächeanfall.« Inzwischen hat er nun doch vom Kartoffelbrei nehmen können und schluckt einen Mund voll herunter. »Aber nein, keine näheren Auskünfte! Besuche am Krankenbett gänzlich ausgeschlossen! Nur engste Familienangehörige!«
    »Das hört sich ja nicht besonders gut an«, meint Dingeldey. »Also, wirklich, Barbara – du scheinst der Stein zu sein, der ihm aufs Herz gefallen ist. Und nun ist es kaputt.«
    »Tut mir leid«, antwortet sie. »Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Der Mann kam mir ein wenig merkwürdig vor, fast wie ein Querulant. Nicht dass er besonders erregt oder aufgebracht gewesen wäre. Nur dieses Beharren auf dem einen Detail, dass die Bundeswehr nämlich keine Kampfhubschrauber hat, die unter den besonderen Bedingungen im Hochgebirge fliegen können – das hat etwas von einem Tunnelblick gehabt …«
    »Warum Tunnelblick?«, unterbricht Dingeldey. »Das darf einen doch durchaus interessieren.«
    »Das ist so, weil EuroStrat viel zu aufwendig geplant hat, und zwar mit Absicht, damit diese Dinger auch richtig teuer werden und richtig Geld bringen. Nur sind diese Brummer jetzt so mit Elektronik und Sonstwas vollgepackt, dass sie vor lauter Raffinesse den Arsch nicht hochkriegen, oder jedenfalls im Gebirge nicht einsatzfähig sind. So was ist vielleicht typisch, das heißt, nur zu bezeichnend ist das, aber für diesen bescheuerten Krieg nicht entscheidend.«
    »Wären Hubschrauber zur Verfügung gestanden, hätte die Bundeswehr keine US-Bomber anfordern müssen«, bemerkt Dingeldey, »um diese entführten Tanklaster auszuschalten oder sonstwie unter Kontrolle zu bringen.«
    »Wäre! Hätte!«, gibt Barbara zurück. »Meinst du wirklich, mit Hubschraubern hätte es keine zivilen Opfer gegeben? Oder weniger?« Dingeldey zuckt mit den Achseln, und Barbara wendet sich an Berndorf. »Aber sag, was hast Du eigentlich von ihm gewollt?«
    Berndorf blickt sich um. Ein dicker Mensch mit langem fettigem grau-schwarzem Haar hat sich am Nebentisch niedergelassen, ebenfalls mit einer Rostbratwurst auf dem Teller, und liest – während er den Kartoffelbrei der Einfachheit halber löffelt – in der Herald Tribune. Berndorf wendet sich wieder Barbara Stein und dann Professor Dingeldey zu, mit einem Blick, der kurz und fragend zum Nebentisch streift. Sie folgen seinem Blick, Dingeldey hebt kurz die Augenbrauen und Barbara deutet ein Kopfschütteln an: den Menschen nebenan kennen beide nicht.
    »Nun hast du ja etwas über den Unterhaltungswert dieser Demonstration wissen wollen«, nimmt Berndorf das Gespräch wieder auf, als hätte Barbara nicht nach seinem Interesse für Fausser gefragt. »Für mich lag der mehr im komischen Bereich. Das waren nämlich alles Leute, die daran glauben, sie müssten ihren Atheismus bekennen.«
    »Ach ja?«, fragt Barbara Stein. »Aber was ist daran komisch?«
    »Dass sie es hier tun. In dieser Stadt.«
    »Sie meinen, wenn einer seinen Atheismus bekennen will«, sagt Dingeldey, »dann soll er das gefälligst auf dem Petersplatz in Rom tun oder in Lourdes oder in diesem Medjugorje. Da ist was dran.«
    Jetzt ist es Berndorf, der kurz die Augenbrauchen hochzieht. Er wirft einen Blick nach rechts, der dicke Mensch ist zwar mit dem Kartoffelbrei, nicht aber mit der Titelseite der Tribune zu einem Ende gekommen.
    »Vielleicht sollten wir das dem Bund deutscher Freidenker vorschlagen«, meint Barbara und spießt mit der Gabel ein großes Salatblatt so energisch auf, als werde sie unverzüglich nach dem Mittagessen den Freidenkern ihr neues Geschäftsfeld zuweisen. »Bekenntnisreisen für Atheisten, das wäre doch mal was …« Sie betrachtet das Salatblatt, und legt es samt der Gabel auf den Teller zurück. »Wie wäre es mit einem Kaffee? Ich würde vorschlagen, dass wir den im Institut nehmen.« Sie wirft einen fragenden Blick zu Dingeldey. »Kommst du mit?« Er sei untröstlich, antwortet der, aber er müsse zu einer Ausschusssitzung.
    »Dieser blöde Ärger wegen der Berufung dieses Unglücksraben, der als junger Kerl für die Stasi Spitzelberichte geschrieben hat, du weißt schon …«
    Sie stehen auf, Berndorf zieht

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