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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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anstehen, bekommt dann aber Brötchen und Milch, nur vor dem Kiosk muss er erst einmal kurz schlucken, bevor er sich traut, ein Lügenblatt und dazu zwei andere Zeitungen herauszusuchen, von denen er denkt, dass sie irgendwie anders sind als das Lügenblatt. Er bezahlt, und der Verkäufer macht überhaupt keine komische Bemerkung, auch nicht darüber, dass André drei Zeitungen kauft, und auch keine über irgendwelche blöden Phantome.
    Beim Zurückgehen wirft er einen Blick auf die Titelseite des Lügenblatts. Aber von einem Phantom der Charité ist nicht die Rede, und auch sonst ist nichts dabei, vor dem er Angst haben müsste.
    Aus der abgesperrten Straße fahren noch immer Wannen heraus mit Leuten drin, und André muss lachen, weil ihm gerade einfällt, wie es wäre, wenn sie auch den Bilch aus dem Bett holen würden, nur in Unterhosen und Unterhemd, denn gestern hatte der noch nicht einmal einen Schlafanzug dabei. Was der fluchen würde!
    D ie schwarze Limousine – ein Blaulicht auf dem Karosseriedach – nähert sich der Absperrung, ein Polizist hebt grüßend die Hand an die Uniformmütze und lässt die Limousine passieren. Sie rollt etwa fünfzig Meter weiter und hält dann hinter dem Wagen der Einsatzleitung, es entsteigt zuerst ein stämmiger Mann mit Bürstenhaarschnitt, Schnauz- und Drei-Tage-Bart: Senatsrat Holger Missenpfuhl, dann folgt ein jüngerer blasser Mann mit Segelohren, eine Aktentasche tragend.
    Vor dem Wagen warten zwei Männer, der Polizeihauptkommissar Jonas Regulski und der Anwalt Adrian Dingeldey. Der Anwalt ist zwar unrasiert und sichtlich übernächtigt, sieht aber trotzdem seltsam zuversichtlich aus, fast heiter, vielleicht wirkt das auch nur so im Gegensatz zum verdrossenen Gesichtsausdruck Regulskis.
    »Was ist das für ein bescheuerter Alarm?«, will Missenpfuhl wissen, nachdem er die beiden Männer mit einem kurzen Nicken begrüßt hat. Sein Assistent hat, mit einiger Verzögerung, ebenfalls zweimal genickt, nun steht er einen Meter oder anderthalb hinter dem Senatsrat.
    Statt einer Antwort verweist Dingeldey mit einer höflichen Handbewegung auf Regulski.
    »Offenbar ein Einbruch«, berichtet Regulski, »ein Einbruch in das Büro eines privaten … also eines privaten Ermittlers. Der Herr Dingeldey« – nun weist er auf den Anwalt – »vertritt ihn, den Ermittler, meine ich, und hat mitgeteilt, dass sein Mandant in einem Fall von organisierter Kriminalität recherchierte. Deswegen sei zu befürchten, dass in dem Büro ein Sprengsatz deponiert worden ist.«
    »Nicht unbedingt zu befürchten«, korrigiert Dingeldey, »sondern nicht auszuschließen.«
    »So«, sagt Missenpfuhl und wendet sich abrupt dem Anwalt zu. »Darf man erfahren, in wessen Auftrag Ihr Mandant ermittelt? Und diese organisierte Kriminalität – was ist ihr Geschäftsfeld, wenn man fragen darf?«
    »Zum jetzigen Zeitpunkt«, antwortet Dingeldey, »gibt es hierzu keine Auskunft. Aber ich überlasse Ihnen gerne …« – er bückt sich zu der Aktentasche, die neben ihm auf dem Boden steht, nimmt sie hoch, öffnet sie und holt ein Schriftstück heraus – »… ich überlasse Ihnen gerne eine weitere Ausfertigung der eidesstattlichen Erklärung einer gewissen Nezahat Aydin, die den Einbruch beobachtet und sich die Kennzeichen jener beiden Fahrzeuge notiert hat, mit denen offenkundig Tatbeteiligte nach Ende des Einbruchs weggefahren sind. Es war übrigens nicht einfach, mitten in der Nacht einen Notar aufzutreiben, aber Sie sehen – nichts ist unmöglich.«
    Widerstrebend wirft der Senatsrat einen Blick auf das Schriftstück. »Das ist gewiss hilfreich, und selbstverständlich werden wir die Angaben überprüfen, aber warum …« Er reicht das Schriftstück nach hinten, wo es der blasse junge Mann eilfertig aufnimmt und in der Aktentasche verstaut.
    »Herr Hauptkommissar Regulski hat bereits eine Ausfertigung der Erklärung erhalten«, unterbricht ihn Dingeldey, »die Kennzeichen hätten schon längst überprüft sein können, mit einem Anruf ist das binnen Minuten geklärt … Warum geschieht das nicht?«
    Missenpfuhl wirft einen fragenden Blick zu Regulski.
    »Wir können nicht ausschließen«, setzt Regulski an, »dass diese beide Kennzeichen … also dass sie gestohlen sind oder gefälscht …«
    »Aber diese Kennzeichen sind doch bestimmten Fahrzeughaltern zugeordnet?«, will Dingeldey wissen. »Das haben Sie doch sicher überprüft?«
    »Wie ich schon sagte …«, antwortet Regulski und wirft einen Blick zu

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