Schlangenlinien
Kindern noch auf Wiedersehen sagen?«
»Aber ja. Sie sind im Wohnzimmer. Es würde mich interessieren, wie Sie es finden.« Sie wies mit ausgestrecktem Finger zu Boden, als Satan zu knurren begann, und er gab augenblicklich klein bei.
»Und wann bekommt er sein Keks?«, erkundigte ich mich, als wir in den Flur hinausgingen.
»Wenn es mir passt. Deshalb tut er genau das, was ich ihm sage. Weil er nie weiß, wann der Moment kommt.«
»Funktioniert das auch mit Ihrem Mann und Ihren Kindern?«
Sie drehte die eine Hand hin und her. »Das kommt darauf an, wie die Belohnung aussieht. Mit Keksen ist bei Al nicht besonders viel zu erreichen. Er steht mehr auf Reizwäsche und schwarze Strümpfe.« Sie lachte mit mir. »Die Kinder sind hier«, sagte sie und öffnete eine Tür. »Ich kann nur hoffen, es gefällt Ihnen. Ich habe nämlich zwei Monate dazu gebraucht. Ich rufe ein Taxi an, während Sie sich umsehen.«
O ja, es gefiel mir, obwohl es zu einem Vororthäuschen aus den Dreißigerjahren passte wie die Faust aufs Auge. Der Raum konnte nicht größer als fünfundzwanzig Quadratmeter sein, aber er war ganz mexikanisch eingerichtet, mit einer gewölbten Decke, einem Mosaikfußboden, rauverputzten Wänden und einem schweren Bronzeleuchter, der von der Mitte der Zimmerdecke herabhing. Eine zweiflügelige Terrassentür öffnete sich zu einem kleinen Innenhof, und ein riesiger Facettenspiegel in einem verschnörkelten goldenen Rahmen reflektierte das Licht in unzähligen blendenden Strahlen. Selbst der offene Kamin, dessen Platte eine mit Seidenblumen besteckte Artilleriekartusche aus Messing zierte, war so umgemodelt worden, dass er eher auf eine Ranch als in das bescheidene kleine Haus in Isleworth gepasst hätte. Es hätte mich interessiert, warum sie dieses Zimmer so ganz anders eingerichtet hatte als die übrigen.
»Es ist alles nur nachgemacht«, sagte Jason aus der Zimmerecke, wo er und seine Schwester vor dem Fernsehgerät saßen. »Mama hat alles so gemalt, dass es echt aussieht.«
Ich klopfte mit dem Fuß auf den Mosaikboden und horchte auf den dumpfen Klang des Holzes. »Das hat sie toll gemacht«, sagte ich, während ich mit der Hand eine rauverputzte Wand berührte und platten Mörtel unter meinen Fingern spürte. »Hat sie den Spiegel auch gemacht?«
»Ja. Und die Lampe auch.«
»Und was ist mit dem Bild?«, fragte ich, den Blick auf das Quetzalcoatl-Mosaik an der Wand gerichtet.
»Das gehört Dad.«
»Und das Sofa und die Sessel?«
»Zehn Pfund alles zusammen im Trödelladen«, sagte hinter mir Beth mit Stolz in der Stimme. »Und fünf Pfund für die Patchwork-Decken. Ich hab gebettelt, geliehen und gestohlen, um den Stoff zusammenzubringen – Kleider – alte Vorhänge – Tischdecken – einfach alles, was ich kriegen konnte, egal von wem. Die fünf Pfund hab ich für den Nähfaden ausgegeben. Wie finden Sie es?«
»Umwerfend«, sagte ich aufrichtig.
»Aber ein bisschen ausgefallen für Isleworth?«
»Ein bisschen schon, ja«, stimmte ich zu.
»Das findet Al auch, aber es soll ja so was wie Reklame für mich sein. Ich kann eine Wohnung in jedem Stil einrichten, der gewünscht wird, und das nicht mal teuer. Dieses ganzes Zimmer hat weniger als dreihundert Pfund gekostet. Okay, da ist meine Zeit nicht mitgerechnet, aber Sie sollten mal meine Freundinnen hören! Die würden mir einen Zehner pro Stunde bezahlen, damit ich ihre Häuser so herrichte.«
»Ja, das glaub ich«, sagte ich trocken. »So viel zahlen sie wahrscheinlich ihren Putzfrauen nur fürs Staubsaugen.«
Sie sah plötzlich niedergeschlagen aus. »Al ist total dagegen, dass ich es mache... er findet, wenn schon, dann sollte ich mindestens hundert pro Stunde verlangen.«
»Er hat Recht.«
»Ja, aber von meinen Freunden kann niemand hundert Pfund pro Stunde bezahlen.«
Ich drückte flüchtig ihre Hand. »Es ist immer ein Fehler, für Freunde zu arbeiten«, sagte ich. »Sie sollten jedes Zimmer fotografieren und eine Mappe zusammenstellen und dann losziehen und versuchen, Aufträge zu bekommen... Lassen Sie ein paar Broschüren drucken... Setzen Sie Annoncen in die Lokalzeitung. Sie sind viel zu gut, um für zehn Pfund die Stunde zu arbeiten.« Ich klopfte auf meinen Rucksack. »Wenn Sie mögen, mache ich gleich ein paar Fotos und schicke sie Ihnen dann. Ich habe meinen Apparat mit und würde meinem Mann sehr gern zeigen, was Sie hier gemacht haben. Wir spielen mit dem Gedanken, das Bauernhaus zu kaufen, das wir gemietet haben, und
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