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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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machen.«
    Ein Funke der Belustigung blitzte in seinen Augen. »Glauben Sie im Ernst, dass auch nur ein Mensch ihre Aussage über etwas, was vor mehr als zwanzig Jahren passierte, glauben wird? Und warum hätte ich die Slaters mit unangenehmen Fragen verschonen sollen? Ich stand allgemein in dem Ruf, dieser Familie gegenüber hart und unnachsichtig zu sein.«
    »Nicht nur unnachsichtig«, bemerkte ich wie beiläufig. »Wenn man Danny glauben kann, hatten Sie auch nichts dagegen, diesen Leuten etwas anzuhängen. Er behauptet, Sie hätten Alan Cannabis in die Tasche geschmuggelt und ihn dann wegen Drogenhandels ins Gefängnis gebracht.«
    Drury schüttelte mitleidig den Kopf. »Und Sie glauben ihm natürlich.«
    »Nicht unbedingt. Niemand scheint zu wissen, was Alan tatsächlich getan hat. Danny sagt, er hätte gedealt; aber seiner Frau hat Alan erzählt, er wäre wegen grober Körperverletzung verurteilt worden, damals, als er auf Michael Percy losgegangen war.«
    »Wie kommt es nur, dass ich gar nicht überrascht bin?«, fragte er ironisch.
    »Also?«, drängte ich, als er nicht weitersprach.
    »Sie hätte ihn nicht geheiratet, wenn sie die Wahrheit gewusst hätte.«
    »Wieso ist die Wahrheit so ein großes Geheimnis? Was hat er denn getan?«
    »Überlegen Sie selbst. Das Opfer war eine Frau.«
    »Vergewaltigung«, meinte ich.
    Er nickte. »Er hat's in einer anderen Ecke von London versucht, weil er dachte, da käme er ungeschoren davon. Er schleppte eine Frau auf einen Autoparkplatz hinter einem Häuserblock und fing an, sie zu verprügeln, aber sie konnte um Hilfe schreien, und einer der Hausbewohner rief die Polizei. Alan wurde auf frischer Tat ertappt, bekannte sich schuldig und musste vier Jahre absitzen, bevor er auf freien Fuß gesetzt wurde.«
    »Das war gar nicht anders vorauszusehen«, stellte ich sachlich fest. »Er ist als Kind ja nur misshandelt worden, sowohl körperlich als auch psychisch.«
    Aber rührselige Rechtfertigungen interessierten Drury nicht. »Dann hätte Danny auch ein Vergewaltiger werden müssen.«
    Ich blickte auf meine Hände hinunter. »Danny hat überhaupt keine Erinnerungen an seine Kindheit. Er war noch so klein, als sein Vater auf und davon ging, dass er sich nicht einmal mehr erinnern kann, wie dieser ausgesehen hat. Und wenn er gehört hat, wie seine Mutter im Schlafzimmer verdroschen wurde, hätte er den Zusammenhang zwischen Sex und Gewalt nicht verstanden.« Ich hob den Kopf und sah ihn an. »Das macht einen Unterschied. Der arme Alan hat nämlich von seinen Eltern nur eines gelernt: Wenn man eine Frau prügelt, bis sie nur noch ein zitterndes Bündel ist, gibt's einen Orgasmus.«

21
    Drurys Blick glitt von mir weg, aber mir war nicht entgangen, dass seine Augen kurz aufgeblitzt waren. Offensichtlich wusste er, wovon ich sprach. Diese Erkenntnis traf mich, denn bis zu diesem Moment war ich trotz allem nie sicher gewesen, wie viel er wirklich wusste. Fürs Erste sagte ich nichts darüber.
    »Hat er nach der Vergewaltigungsgeschichte neue Straftaten begangen?«, fragte ich.
    »Soviel ich weiß, nicht. Er nahm sich ein Einzimmerapartment draußen in Twickenham und hat sich mit Hilfsarbeiterjobs über Wasser gehalten. Wir haben ihn im Auge behalten, aber er hat es vermieden, nach Richmond zu kommen oder sich mit irgendjemandem zu treffen, den er kannte.«
    Ich hatte keinen Anlass, ihm nicht zu glauben. »Wieso hat Danny mir dann erzählt, dass Alan fünftausend Pfund Entschädigung erhalten hat, weil er von der Polizei zusammengeschlagen wurde?«
    Wieder blitzte Erheiterung in Drurys Augen auf. »Weil die Männer, die ihn damals festnahmen, ziemlich entsetzt darüber waren, was er mit der Frau angestellt hatte. Sein Anwalt beschwerte sich über Polizeibrutalität, bis er sah, in welchem Zustand sich das Opfer befand. Dann gab er sich mit fünftausend zufrieden und sagte Alan, er könne froh und dankbar sein, dass sie ihn nicht umgebracht hatten. Ich würde sagen, er ist gut davongekommen.«
    Ich nickte. »Ist Derek auch wegen Vergewaltigung verurteilt worden?«
    »Das würde Ihnen so passen.«
    »Wieso?«, fragte ich ruhig. »Ich habe ihn nie der Vergewaltigung beschuldigt.«
    »Aber so gut wie. Sie sagten, er hätte Ihnen sein Glied zwischen die Beine gestoßen.«
    »Ich sagte, dass er mir
etwas
zwischen die Beine stieß, das ich für sein Glied
hielt
, und dass ich deshalb
glaubte
, er wolle mich vergewaltigen. Ich sagte Ihnen ferner, dass er meiner Meinung nach genau diesen

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