ihm fest in die Augen. »Wenn Sie mir sagen wollen, dass es ihnen Leid tut, Alan, dann sagen Sie es. Verpatzen Sie es nicht mit langen Rechtfertigungen.«
Er zog den Kopf ein wie eine erschrockene Schildkröte, genau wie damals der Schuljunge, den ich an meiner Handtasche ertappt hatte. »Es tut mir Leid.«
»Mir auch.« Ich bot ihm die Hand. »Ich habe Ihnen nicht geholfen, als ich die Gelegenheit dazu hatte, und das habe ich immer bedauert.«
Seine Hand lag warm und schweißfeucht in der meinen, und ich kann nicht behaupten, dass die Berührung mir angenehm war, aber es war wie eine abschließende Klärung. Für uns beide. Ich dachte daran, ihn davor zu warnen, dies als Anlass zu nehmen, Beth gegenüber nicht ehrlich zu sein, aber Dereks Anwesenheit war ein viel versprechendes Zeichen, und ich ließ es bleiben.
»Nur damit Sie es wissen«, bemerkte er, als ich Wendy aus dem Wagen half. »
Wir
haben keine Katzen unter Ihrem Haus versteckt.«
Ich runzelte die Stirn. »Heißt das, dass gar keine Katzen da waren? Oder dass jemand anders sie da versteckt hat?«
Er wies mit einer Kopfbewegung zu Jocks Haustür. »Mr. Williams wusste immer Bescheid – er hatte alles, was wir Kinder getan haben, von Sharons Fenster aus beobachtet. Der einzige Grund, warum er nichts gesagt hat, war, dass die Niggerin ihn ‘Schwuler’ genannt hat. Deswegen war er stinksauer auf sie. Genau wie wir, weil sie uns immer ‘weißes Pack’ genannt hat.«
Ich schloss einen Moment die Augen. »Sie wissen, dass ich zur Polizei gehen werde, Alan«, sagte ich bekümmert. »Das ist Ihnen doch klar, nicht wahr?«
»Ja.«
»Dann tun Sie sich selbst einen Gefallen«, sagte ich, »und lassen Sie das Wort ‘Nigger’ aus Ihrem Wortschatz verschwinden. Ich werde Sie nämlich fertig machen, wenn Sie Annie noch ein einziges Mal so bezeichnen.«
Er nickte gehorsam, während er den Gang einlegte. »Sie können sich darauf verlassen, Mrs. Ranelagh.«
Wendy klopfte an Dereks Fenster. »Was ist mit Ihnen?«, rief sie. »Wollen Sie sich nicht auch entschuldigen?«
Aber er sah sie an wie eine lästige Fliege, bevor er seinem Sohn ein Zeichen gab, loszufahren.
Wir blieben auf dem Bürgersteig stehen und sahen ihnen nach, bis sie in die Hauptstraße abbogen. »Ich glaube, Sie sind eben reingelegt worden«, sagte Wendy mit einem kleinen Lachen. »Wetten, die beiden fahren zum nächsten Geldautomaten, und Alan drückt Derek einen Hunderter in die Hand, damit er spurlos verschwindet?«
»Ach, ihr Kleingläubigen«, sagte ich nur und führte sie zwischen unserem Wagen und einem schmutzbespritzten Renault Espace hindurch, die nebeneinander in Jocks Einfahrt standen. Ich fragte mich flüchtig, wo der altehrwürdige Mercedes war, und sagte mir dann, dass Jock ihn gewiss versteckt hatte, um seine Behauptung aufrechterhalten zu können, dass er einen XK8 in einer Privatgarage hatte.
* * *
Von: Libby Garth (
[email protected])
Datum: 17. August 1999, 20.17
An: M. Ranelagh
Betreff: Treffen am Freitag bei Jock
Liebe M – ich schreibe in aller Eile. Gleich muss ich weg, um Amy bei ihrer Freundin abzuholen. Du sagst, das sei alles Schnee von gestern und keinem von uns müsse nach so langer Zeit irgendwas peinlich sein, aber das hilft mir gar nichts. Ich weiß ganz einfach nicht, wie ich euch je wieder in die Augen schauen soll, das gilt vor allem für dich und Jock. Du hast mich gebeten, nichts zu erklären und keine Entschuldigungen vorzubringen, aber ich habe nun mal fürchterliche Schuldgefühle.
Und es tut mit Leid!
Bitte, glaub mir, das, was damals zwischen Sam und mir war – das war längst mausetot, als ihr aus England weggegangen seid.
Du schreibst, dass dieses Treffen am Freitag sehr wichtig ist, aber ich kann nicht kommen, ich schaff das nicht, ehrlich. Sams Geständnis nach zwanzig Jahren muss Jock und dich doch erbittert haben – und du verabscheust mich jetzt wahrscheinlich wegen meiner Heuchelei. Du glaubst sicher, ich hätte damals, als ich dir half, über die Sache mit Annie hinwegzukommen, Freundschaft nur vorgetäuscht, aber so war es nicht, wirklich nicht. Ich habe gern geholfen und ich war froh, dass wir Freundinnen geblieben sind, trotz allem. Ehrlich gesagt habe ich darauf vertraut, dass Sam niemals etwas verraten würde – mehr, um sich die Freundschaft mit Jock zu erhalten, denke ich, als aus Angst davor, dass du die Wahrheit nicht ertragen würdest –, und es war doch auch gar nicht so schrecklich wichtig, wo genau er an dem