Schlangenlinien
Katzen.
Bei meinem ersten Besuch im März 1978 habe ich zwei Dinge geraten: 1) Sie solle eine Katzenklappe in der Küchentür anbringen, damit die Tiere freien Zugang zu Haus und Garten hätten. 2) Sie solle ihre Kater kastrieren lassen, um den Nachbarn keinen Grund mehr zu liefern, sich wegen des Gestanks zu beschweren. Sie hat beide Ratschläge befolgt, und ich hatte trotz fortgesetzter Beschwerden über sie keinen Anlass zu der Annahme, sie lasse Tiere verwahrlosen oder misshandle sie. Ich bin sogar so weit gegangen, der Polizei eine Prüfung dieser Beschwerden, die ich für böswillig hielt, nahe zu legen. Ich habe jedoch keine Ahnung, ob in dieser Hinsicht etwas unternommen worden ist.
Was mein Kollege und ich am 15. November 1978 in Miss Butts Haus vorfanden, war
etwas ganz anderes.
In der Zeit zwischen meinem letzten Besuch irgendwann im August 1978 und der Besichtigung an diesem Novembermorgen hatte sie sich offenbar weitere 15 Katzen zugelegt. Wenn Sie den Polizeibericht gelesen haben, werden Sie wissen, dass wir fünf Kater tot aufgefunden haben. Weitere fünf Katzen fanden wir elend und verletzt im hinteren Zimmer, dessen Tür verschlossen war. Bei den toten Katzen wurden entweder Genickbrüche oder tödliche Kampfverletzungen festgestellt. Die Lebenden waren so grausam gequält und vernachlässigt worden, dass sie praktisch nur noch Haut und Knochen waren. Ihre Kämpfe hatten zahllose Kratz- und Bisswunden hinterlassen. Zwei von ihnen wurden sofort eingeschläfert, zwei weitere starben innerhalb der nächsten 48 Stunden. Die übrigen elf Katzen waren entweder kastrierte Kater oder weiblichen Geschlechts. Sechs von ihnen erkannte ich von meinen früheren Besuchen wieder.
Meiner Meinung nach war das Wort »verwahrlost«, mit dem die Polizei das Haus beschrieb, noch untertrieben – das Haus war widerwärtig. Die Katzenklappe in der Tür war mit einem Möbelstück blockiert, sodass die Katzen mehrere Tage lang ihr Geschäft innerhalb des Hauses verrichten mussten. Auch Miss Butts selbst hatte offenbar in letzter Zeit in den primitivsten hygienischen Verhältnissen gelebt. Ungespülte, übel riechende Toiletten, Kot und verunreinigtes Papier auf den Böden. Ich kann gar nicht beschreiben, wie entsetzt ich war; ich habe keine Ahnung, warum sich ihre Lebensumstände zwischen August und November so drastisch verschlechtert hatten. Es war
offensichtlich,
dass sie stark getrunken hatte so weit ich mich erinnere, hat die Polizei mehr als 50 leere Alkoholflaschen im Haus gefunden , was wohl zu der allgemeinen Verwahrlosung beigetragen hat.
Leider kann ich Ihnen keine genaue Beschreibung westindischer oder zentralamerikanischer Dekorationsstücke geben. Ich kann mich erinnern, dass Miss Butts einige interessante und sehr farbenprächtige Stücke in ihrem Vorderzimmer hatte, aber es war mir nie erlaubt, sie länger zu betrachten, sodass ich heute keine genauen Angaben über sie machen kann. Ich war ihr wegen meiner Uniform leider suspekt, und sie zog es vor, sich mit mir in der Küche zu unterhalten. Ich erinnere mich an einige auffallende Gemälde an der Wand gegenüber der Wohnzimmertür und an ein Arrangement von Pfauenfedern in einer Geschosskartusche neben der Eingangstüre sowie an einige Scherenschnitte in der Diele, die, wie sie mir sagte, ihre Großeltern zeigten. Aber am 15. November war nicht ein Stück mehr im Haus. Ich nehme an, sie hatte alles verkauft, um ihren Alkoholkonsum zu finanzieren.
Was die über 20 Katzen angeht, die wir gefunden haben, so kann ich nur vermuten, dass sie nach meinem letzten Besuch im August begann, streunende Katzen aufzunehmen, und in Panik geriet, als die Kater anfingen, sich gegenseitig zu bekämpfen. Es scheint mir von Bedeutung zu sein, dass 1) den Katern offensichtlich die Schnauzen verklebt worden waren, vermutlich in dem Bemühen, sie daran zu hindern, sich gegenseitig zu beißen; 2) die Katzenklappe wahrscheinlich blockiert wurde, um weiteren Streunern den Weg ins Haus zu versperren, wobei ich nicht verstehe, warum sie die früher Gekommenen behielt. Die Kater waren am übelsten misshandelt worden. Mir machte das Gedanken – war es vielleicht ein Hinweis darauf, dass Miss Butts eine allgemeine Abneigung gegen männliche Wesen entwickelt hatte? –, und ich frage mich, ob sie die Katzen eingesperrt hat, weil sie fürchtete, ihren Nachbarn sonst den Beweis für Grausamkeit und Vernachlässigung zu liefern, deren sie von diesen immer wieder beschuldigt
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