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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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behauptete, ich wolle sie in ein Heim stecken lassen. Das war nicht wahr, aber sie glaubten ihm natürlich.« Sie zog die Mundwinkel herab bei der Erinnerung. »Er war ein ekelhafter Mensch – ich habe ihn nie gemocht.«
    »Leben die Mädchen noch in der Graham Road?«, fragte ich.
    Sie schien bedrückt. »Nein, und ich habe leider auch keine Ahnung, was aus ihnen geworden ist. Ich glaube, eine Zeit lang lebte Michael bei ihnen, aber der landete immer wieder im Jugendgefängnis, da war es schwierig, auf dem Laufenden zu bleiben. Einmal habe ich Geoffrey gefragt, was aus ihnen geworden ist, aber er hat mich abgewimmelt wie eine lästige Fliege. Wirklich, ein entsetzlicher Mensch. Er und Sharon verdienten einander.«
    Ich brachte sie wieder auf Rosie und Bridget. »Haben die Mädchen geheiratet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wenn ja, dann jedenfalls nicht in der Markuskirche.« Sie machte eine nachdenkliche Pause. »Augenblick mal, in dem Bericht über den Raubüberfall –über Michael Percy – wurde eine Ehefrau namens Bridget erwähnt. Ich dachte damals...« Sie spitzte die Lippen. »Natürlich! Diese Kinder hingen ja ständig zusammen. Eine richtige kleine Bande... unzertrennlich die meiste Zeit.«
    Ich war nicht hergekommen, um mich als Besserwisserin hervorzutun, deshalb suchte ich stattdessen nach einer Fotografie von Jock Williams. Wie vorauszusehen, fand ich keine. Er pflegte seinen Atheismus vor sich herzutragen wie ein wiedergeborener Christ die Liebe Jesu und hätte nicht um alles in der Welt eine Kirche betreten. Aber ich entdeckte ein Foto von Libby, die mit mir und Sam zusammen bei Annies Beerdigung gewesen war, und fragte Wendy, ob sie den Ehemann einmal kennen gelernt habe. »Er hieß Jock Williams. Sie wohnten in Nummer einundzwanzig.«

»Wie hat er ausgesehen?«
    »Ende zwanzig – ungefähr fünf Jahre älter als Libby –, dunkles Haar, einsfünfundsiebzig groß vielleicht, ganz gut aussehend.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Er und Libby haben sich anderthalb Jahre nach Annies Tod scheiden lassen. Libby ist dann nach Southampton gezogen. Aber Jock kaufte sich eine dreistöckige Stadtvilla in der Alveston Road.«
    Wendy lächelte bedauernd. »Ganz ehrlich, ich hätte nicht gewusst, wer diese Frau ist, wenn Sie es mir nicht gesagt hätten. Ist es wichtig?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Sie sah mich einen Moment scharf an. »Ist es doch«, sagte sie. »Aber warum?«
    Ich starrte eine kleine Figur auf einem Beistelltisch an, die mich im Farbton an Sheila Arnolds Jade-Armband erinnerte. »Die meisten Leute müssen nach einer Scheidung kürzer treten«, sagte ich, während ich wünschte, ich hätte mehr Ahnung von Jade. »Jock hatte das offensichtlich nicht nötig. Er kaufte sich ein sündteures Haus.«

Libby Williams und die Ranelaghs bei der Beerdigung von Ann Butts, November 1978

    Alan Slater und Michael Percy in der kleinen Gasse hinter der Graham Road, März 1979

    Sie fand das offensichtlich nicht besonders ungewöhnlich. »So war das damals eben. Nachdem Margaret Thatcher ans Ruder gekommen war, haben sich viele Leute auf die riskanten Immobiliengeschäfte eingelassen. Manchmal hat die Spekulation geklappt und manchmal nicht. Ich weiß, dass ein Mann aus unserer Gemeinde eine Hypothek von zweihunderttausend Pfund aufnahm und innerhalb von fünf Jahren seine Investition verdoppelte. Ein anderer hat genau in dem Moment gekauft, als die Preise am höchsten waren, und hatte nach fünf Monaten mehr Schulden, als das ganze Haus wert war. Ihr Freund hat eben Glück gehabt.«
    Ich nickte zustimmend. »Was ist mit den Häusern von Maureen Slater und Sharon Percy?«, fragte ich. »Wenn die beiden noch in der Graham Road wohnen, leben sie dann weiterhin in Miete oder haben sie von ihrem Kaufrecht Gebrauch gemacht?«
    »Oh, sie haben die Häuser natürlich gekauft«, antwortete sie säuerlich. »Sämtliche Grundstücke, die dem Staat gehört hatten, waren innerhalb von zwei oder drei Jahren weg. Zu Schleuderpreisen – kein halbwegs vernünftiger Mensch hätte sich so ein Schnäppchen entgehen lassen. Sharon hat ihr Haus bar bezahlt, soviel ich weiß, und Maureen hat Ratenzahlung gewählt. Jetzt stehen sie natürlich beide gut da. Ihre Häuser sind um die zweihunderttausend wert – und sie haben sie für einen Apfel und ein Ei bekommen, weil der dumme Steuerzahler kräftig draufgelegt hat.«
    Ich lächelte. »Sie finden das nicht gut?«
    »Weshalb sollte ich?«,

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