Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
hätte den Verstand verloren und er wolle sich scheiden lassen.«
    Sie sagte eine ganze Weile gar nichts, und ich hob den Kopf, um sie anzusehen. Sie schien verwirrt. »Also, jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Wenn ihr es beide gehört habt, du ebenso wie Sam, und es keine Ratten waren und auch nicht deine Einbildung, was war es denn?«
    »Katzen vielleicht.«
    »Jetzt hör aber auf!«, rief sie ärgerlich. »Wenn Katzen im Haus gewesen wären, hättet ihr das doch gemerkt!«
    »Nicht
im
Haus«, sagte ich. »
Unter
dem Haus. Ich habe lange gebraucht, um darauf zu kommen, weil ich keine Ahnung hatte, wie Häuser gebaut werden. Als ich geheiratet habe, konnte ich nicht mal eine Glühbirne auswechseln, und von Unterbodenbelüftung hatte ich noch nie was gehört.«
    Augenblicklich bekam sie einen schmalen Mund. »Das geht wohl gegen deinen Vater und mich.«
    »Nein«, antwortete ich und seufzte im Stillen. »Es ist einfach Tatsache.«
    »Und was hat das alles mit Katzen zu tun?«
    »Häuser haben in Bodennähe Öffnungen in den Mauern, damit unter den Bodendielen Luft zirkulieren kann. Auf diese Weise wird verhindert, dass das Holz fault. Im Allgemeinen werden für solche Öffnungen Luftziegel verwendet, aber die Häuser in der Graham Road wurden um 1880 gebaut, und damals benutzte man schmiedeeiserne Gitter, weil das hübsch aussah. Bevor der Mann von der Rattenbekämpfung ging, machte er mich darauf aufmerksam, dass an unserem Haus eines der hinteren Gitter fehlte. Die Dinger würden laufend gestohlen, sagte er, weil sie auf Flohmärkten und in Trödelläden reißenden Absatz fänden. Es sei in in unserem Fall kein Problem, weil jemand einen Fußabstreifer aus Metall in die Öffnung geklemmt hätte, aber er meinte, wir sollten trotzdem das Gitter ersetzen lassen, sonst bekämen wir in Zukunft Ärger. Er sprach dauernd von einem Lüftungsgitter, und ich dachte, er meinte irgendetwas, das an dem Abzugsventilator im oberen Badezimmer angeschlossen war, weil das die einzige Art von Lüftung war, die ich kannte.«
    Als ich schwieg, wedelte sie ungeduldig mit der Hand, als wollte sie sagen, nun mach schon.
    »Ich war damals ziemlich weggetreten – das Einzige, was ich wollte, war die Bestätigung, dass Ratten da waren. Was der gute Mann mir erzählte, ging einfach an mir vorbei, zumal ja der Abzugsventilator trotz dieses fehlenden Teils tadellos funktionierte. Viel später, als wir in Sydney lebten, sah ich eines Tages, wie der Jack Russell unserer Nachbarn im Blumenbeet neben unserem Haus ein tiefes Loch grub und durch das Loch in den Hohlraum unter dem Haus kroch, und da kapierte ich, dass der Rattenmann wahrscheinlich von Unterbodenbelüftung gesprochen hatte. Er hatte mir sagen wollen, dass in unserer hinteren Hausmauer auf Bodenhöhe ein Loch war, und wahrscheinlich ein ziemlich großes, wenn man da ein schmiedeeisernes Gitter herausgerissen hatte.«
    »Und dort sind die Katzen reingekommen?«
    »Ja.«
    »Aber der Mann von der Rattenbekämpfung sagte dir doch, man hätte einen Metallrost in das Loch geklemmt. Wie sollen die Katzen da durchgekommen sein?«
    »Ich glaube, dass jemand sie hineingestoßen und hinterher das Loch zugemacht hat.«
    Sie lachte ungläubig. »Das ist nun wirklich absurd! Da hätte der Mann von der Rattenbekämpfung sie doch gehört. Sie hätten gejault wie verrückt. Und warum gerade Katzen? Warum nicht Hunde? Du hast eben von einem Jack Russell erzählt, der in Sydney in den Hohlraum unter dem Haus gekrochen ist.«
    »Weil Annies Haus voller Katzen war.«
    »Also hör mal! Die Frau war damals schon seit Wochen tot. Das können unmöglich ihre gewesen sein.«
    »Das sage ich ja auch gar nicht«, gab ich zurück. »Ich sage nur, dass unter den Umständen Katzen wahrscheinlicher sind als Hunde. Ich vermute, sie wurden halb tot unter unsere Bodendielen geschoben, weil in unserer Küchentür leider keine Katzenklappe war. Wäre eine da gewesen, dann hätte ich sie halb tot in meiner Küche gefunden. Ich habe zweimal die Gaswache angerufen, weil ich glaubte, Gas zu riechen. Beide Male sagte man mir, es sei alles in Ordnung. Einer der Männer meinte, es rieche wie eine tote Maus, aber ich sagte, das könne es nicht sein, wir hätten keine Mäuse.«
    Ich hatte das Gefühl, das geballte Gewicht ihrer Ungläubigkeit drückte auf meinen gesenkten Kopf. »Das hättet ihr doch gemerkt, wenn da Tiere verendet wären. Der Verwesungsgeruch ist unerträglich.«
    »Nur wenn es warm ist. Aber es war ja Winter

Weitere Kostenlose Bücher