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Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Titel: Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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oder?“
    Salvatore nickte. „Die Vorlesungszeit ist seit letzter Woche vorbei. Mir bleiben zwei, drei Wochen zum Durchatmen. Dann sollte ich mich wieder auf das nächste Semester vorbereiten.“
    Seit einem Jahr arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Uni Genua. Stefane hatte er vor fünf oder sechs Jahren in einer Vorlesung über den Mitras-Kult kennen gelernt. Stefane studierte Archäologie, Salvatore Vergleichende Religionswissenschaft, und beide hatten sie zahlreiche Kurse in Frühgeschichte belegt. Sie waren in Kontakt geblieben. Salvatore hatte den angehenden Archäologen immer wieder bei Ausgrabungen in Italien und Frankreich besucht. Marcel war er dabei noch nie begegnet, aber das wunderte ihn nicht. Die Teilnehmer der Exkavationen wechselten jedes Mal.
    „Wenn du hörst, weshalb ich dich gerufen habe, wirst du mich für verrückt halten“, eröffnete der Hagere. „Eigentlich bist du nur da, um mich vom Gegenteil zu überzeugen.“
    „Klingt geheimnisvoll“, meinte Salvatore und strich über sein Haar. Marcel blubberte etwas, das er nicht verstand.
    „Marcel und ich, wir buddeln hier ein bisschen nach frühen Spuren der baskischen Kultur. Ich weiß, das hört sich schwammig und langweilig an, und im Grunde ist es das auch. Die Wahrheit ist, dass wir beide das hier nur tun, weil wir momentan nichts Besseres finden. Letztes Jahr hatte ich ein paar richtig tolle Projekte in Apulien, römische Tempelanlagen, hübsche Sache. Ach ja, richtig, du hast es ja selbst gesehen.“
    „Ja. Ich erinnere mich, dass ihr Säulen ans Tageslicht befördert habt, die aussahen wie neu.“
    „… und dabei 2100 Jahre alt waren.“ Plötzlich hellte sich Stefanes ernstes Gesicht auf. „Ja, und ich wette, du erinnerst dich mindestens so detailliert an die kleine Schwarzhaarige, die du dort vernascht hast.“
    „Deine … äh … Kollegin“, räusperte sich Salvatore und konzentrierte sich darauf, Giulia nicht anzusehen.
    „Meine Vorgesetzte, damals. Arbeitet heute übrigens in Indien. Die Frau ist begabt. Die wird noch mächtig Karriere machen. Ich wollte, sie wäre jetzt hier und würde uns sagen, was wir zu tun haben. Grab da drüben! Tu dies, tu das! Schlaf nicht bei der Arbeit ein! Nennst du das Ordnung? Das konnte sie richtig gut. Manchmal ist es ganz schön öde, vollständig auf sich gestellt zu sein, das kann ich dir sagen. Es fehlt einfach der Druck, verstehst du?“
    Salvatore enthielt sich eines Kommentars, obwohl ihm Stefane Zeit dafür ließ. Das exquisite, beinahe unhörbare Rascheln eines abgestreiften Spitzenhemdchens hallte in erschreckender Deutlichkeit in seinen Ohren wider, und eine leichte Wärme pulste durch seinen ganzen Körper. Er verspürte keine Lust, in Giulias Anwesenheit Erinnerungen an dieses Abenteuer preiszugeben. Sie strich unermüdlich mit der Hand über seinen Rücken, und jedes Mal, wenn sie eine kitzlige Stelle erreichte, verkrampfte er sich. Aber das schien sie nicht zu stören. „Du weißt also nicht genau, was du hier suchst?“, fragte er nach einer Weile und rückte seinen Kragen zurecht. Er war der einzige hier, der einen Anzug trug.
    Stefane hob die Schultern. „Da sind ein paar behauene Felsen zum Vorschein gekommen. Zuerst dachte man, es könnte sich um eine Gruppe von neun Steinen handeln, du weißt schon, so etwas haben die Basken früher gerne gebaut, auch die, die nach Großbritannien ausgewandert sind.“
    „Die Pikten“, sagte Salvatore.
    „Genau. Circle of Nine, the Nine Maidens, so etwas. Symbole des Göttlichen – ach was, die mythologischen Details kennst du bestimmt besser als ich. Eine Gruppe von französischen Kollegen rückte an, und mit ihnen eine kleine Delegation aus dem spanischen Baskenland. Das war irgendwann Anfang des Jahres. Sie gruben ein bisschen und fanden heraus, dass es nicht neun, sondern nur drei Steine waren. Außerdem waren sie nicht ganz so alt, wie sie sie gerne gehabt hätten. Und wie das in unserem Beruf so ist: Irgendjemand war enttäuscht, stand mit dem falschen Fuß auf, die offiziellen Stellen drehten flugs den Geldhahn zu, und weg waren die Jungs. Eine einzige poplige Karbonanalyse kann in unserem Metier entscheiden, ob der Rubel rollt oder nicht.“
    „Und wer bezahlt euch beide?“
    „Eine Abteilung der Uni Paris-Sorbonne. Vergiss es! Von Bezahlung kann eigentlich keine Rede sein. Es fließen nur ein paar Francs. Die decken kaum unsere Auslagen. Kein gestandener Archäologe würde unter diesen Bedingungen

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