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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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aus.
    «Verstehe. Ja, die gibt es wohl. Aber, nun, Frau Müller war sehr … überzeugend», gestand Junghans. «Sie sagte, es wäre wirklich dramatisch bei Ihnen und es hingen mehrere Schicksale daran. Nicht nur Ihres. Ganz verstanden habe ich das allerdings nicht.»
    Paul nickte, sagte aber nichts.
    «Wie fühlen Sie sich also im Moment?», fragte der Therapeut. «Herr Kulenkampff?»
    «Gut», sagte Kuli wie aus der Pistole geschossen und dachte kurz an Bettina und die letzte Nacht. «Natürlich nicht», fiel ihm wieder ein. «Ich muss ja ehrlich sein.»
    «Das wäre gut», sagte Hagen Junghans und lächelte Kuli ermutigend an.
    «Ich bin enttäuscht», gestand Kuli also, um Zeit zu schinden.
    «Enttäuscht?», fragte der Therapeut mit hochgezogenen Augenbrauen.
    «Ja, enttäuscht. Von Paul», sagte Kuli und hatte keine Ahnung, wie er jetzt weitermachen sollte.
    «Wieso denn enttäuscht?
    «Enttäuscht halt.»
    «Ja, aber wieso enttäuscht?»
    «Wieso denn nicht?»
    «Von mir?», fragte Paul.
    «Von dir bin ich enttäuscht», nickte Kuli.
    «Aber wieso denn?», fragte Hagen Junghans.
    «Weil das so nicht geplant war», sagte Kuli hilflos.
    «Wieso? Wie war das denn geplant?», fragte Paul.
    «Anders.»
    «Konkreter?», fragte der Therapeut.
    «Nein, anders», sagte Kuli.
    Paul merkte, dass er Kuli jetzt helfen musste.
    «Du bist das doch, der das hier alles durcheinandergebracht hat», ereiferte er sich.
    «Ach, ich jetzt?», empörte sich Kuli dankbar.
    «Ja, du», schimpfte Paul. «Es war alles so klar und eindeutig, und jetzt ist alles durcheinander. Ich wollte nur meine Ruhe haben. Meine Arbeit wollte ich machen, nach Hause gehen, mir einen Film angucken und mit meiner Tochter telefonieren.»
    «Ach, Sie haben eine Tochter?», fragte Hagen Junghans und lächelte.
    «Ja. In Barcelona. Und die sehe ich nie. Denn die wohnt ja in Barcelona. Und ich sitze da also bei der Arbeit, und da kommt er. Quatscht mich von der Seite an und geht nicht mehr weg. Hängt sich an mich wie eine Klette. Tut von Anfang an so, als ob wir die dicksten Freunde wären. Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren. Er kann ja so nett gucken. Mann, kann der nett gucken. Dabei habe ich gar keinen Freund gesucht. Ich bin bislang ja auch gut ohne ausgekommen, da muss ich jetzt ja auch nicht mehr damit anfangen.»
    Kuli macht ein betretenes Gesicht.
    «Moment bitte, meine Herren», unterbrach Hagen Junghans und hob eine Hand. «Das geht mir doch alles etwas zu schnell und vielleicht auch ein wenig zu unstrukturiert vonstatten. Wie lange sind Sie denn eigentlich schon ein Paar?»
    «Na ja, Paar», winkte Kuli ab.
    «Die Frage ist, wie lange wir schon kein Paar mehr sind», antwortete Paul giftig. «Seit einem Jahr nämlich schon nicht mehr.»
    «Da sind Sie aber hier ein bisschen spät dran, oder nicht?», fragte der Therapeut höflich und konnte nicht verbergen, dass er sich zu ärgern begann.
    «Nein», sagte Paul. «Denn der hier lässt einfach nicht los. Der lässt mich einfach nicht in Ruhe. Der hört einfach nicht auf.»
    «Was?», empörte sich Kuli.
    Eine Falte erschien auf Hagen Junghans’ Stirn.
    «Ich bin nur hier, weil du das wolltest, Kuli», ereiferte sich Paul. «Aber eigentlich bin ich hier, um dir mal klarzumachen, dass du mich endlich in Ruhe lassen sollst. Hör auf, mich zu verfolgen! Keine Geschenke mehr! Keine Briefe! Keine E-Mails! Keine unter der Tür durchgeschobenen Zettel oder Fotos! Ich habe kein Interesse an dir! Das musst du endlich mal kapieren.»
    Kuli machte ein trauriges Gesicht.
    Hagen Junghans setzte sich aufrecht hin. «Normalerweise kommen die Paare zu mir, um es erneut miteinander zu versuchen, nicht, um sich endgültig zu trennen.»
    «Ich weiß», sagte Paul. «Aber es geht nicht anders. Kuli muss das jetzt endlich mal in seinen Schädel kriegen.»
    «Ich bin kein Scheidungsrichter», betonte der Therapeut, aus dessen Gesicht zu lesen war, dass er es bereute, die beiden Männer in seine Praxis gelassen zu haben.
    «Aber ich bin ein Opfer. Und ich brauche Ihre Hilfe», sagte Paul.
    «Das ist doch kein Verbrechen, wenn man jemandem zeigt, dass man ihn liebt», sagte Kuli und blickte Hagen Junghans treuherzig an.
    «Wenn man ihn verfolgt, dann schon», sagte dieser und verschränkte die Arme vor der Brust. «Dafür kann man verurteilt werden.»
    «Man kann noch für ganz andere Sachen verurteilt werden», sagte Paul. «Ich habe Angst, dass Kuli irgendwann durchdreht. Dass er mich bedroht. Dass er mir etwas

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