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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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lachte. «Dann komm mal wieder ins Bett. Es ist kalt hier.»
    Kuli stieg ins Bett. Er wusste nicht, wie diese ganze Sache ausgehen würde, aber er freute sich über die Wärme und die Nähe von Bettinas Körper und über seine Geistesgegenwart und darüber, wie er diese ganze Sache hier so insgesamt gehandhabt hatte. Das musste man bei aller Bescheidenheit schon sagen: Diese Nacht gehörte ihm.

    D er frühe Morgen hingegen gehörte den Vögeln oder den Würmern, aber nicht Kuli und Paul. Sie sahen beide ziemlich zerknittert aus, als sie sich um Punkt acht vor ihrer Telefonzelle im Wedding gegenüberstanden. Sie hatten die Hände in den Hosentaschen vergraben, und weil Paul direkten Blickkontakt vermied, hatte Kuli auch schon keine Lust mehr. Also standen sie erst mal ein bisschen rum, bis eine freundliche Passantin um die fünfzig mit einem schwarz-rot-goldenen Jute-Beutel in der Hand vorbeischlurfte, zunächst die Telefonzelle betrachtete, dann die beiden jungen Herren davor und geistesgegenwärtig die Situation erfasste. «Ist keiner drin», sagte sie und zeigte auf die Zelle. «Können Sie reingehen.»
    «Danke», sagte Paul mürrisch und öffnete die Tür. Die Frau schüttelte den Kopf und ging weiter ihrer Wege.
    «Jetzt komm schon», motzte Paul.
    «Erst mal guten Morgen», sagte Kuli und machte keinerlei Anstalten.
    «Brauchst du Nestwärme, oder was?» Paul hielt die Tür auf. «Wer von uns beiden hatte denn gestern ein Date?»
    Paul hatte Hunger, denn er war erst vor einer halben Stunde aufgestanden und hatte ein Taxi zum Treffpunkt genommen, was er Kuli allerdings verschwieg. Der sollte bloß nicht denken, dass er, Paul, ein Problem mit der Disziplin hatte. Ein Problem mit seinen Kopfschmerzen, das hatte er.
    «Was iss’n nu?», fragte Paul.
    Kuli schaute zu Boden und fand einen bestimmten Punkt auf dem Asphalt äußerst interessant, obwohl da rein gar nichts war außer eben Asphalt. «Was ich da heute Nacht gesagt habe …», begann er.
    «Ja?», fragte Paul einigermaßen interessiert.
    «War alles Quatsch», platzte es aus Kuli heraus. «Lass mal aufhören mit der Scheiße. Einfach zur Polizei mit dem ganzen Kram und gut ist. Und die Bettina hat außerdem gesagt, dass sie glaubt, dass das auch jemand anders gewesen sein könnte, nämlich Lisa Gerhards Exfreund, und das muss überhaupt nicht der Bürger gewesen sein, und ich will jetzt echt mal einen Kaffee trinken und dann meine Arbeit machen und Berlin kennenlernen und Bettina und gut ist.»
    Paul atmete tief durch. Dann schüttelte er enttäuscht den Kopf, als hätte Kuli trotz einjährigen Nachhilfeunterrichts wieder nur eine Fünf in Mathe nach Hause gebracht. «Schade», sagte er. «Schade, schade, schade.»
    «Wieso das denn?»
    «Weil du recht hattest», erklärte der offensichtlich tief geknickte Paul. «Wir dürfen nämlich auf gar keinen Fall aufgeben! Und wir dürfen nicht von Bürger abrücken, nur weil der ein Politiker ist!»
    «Aber das hat doch überhaupt nichts …»
    «Ich finde das absolut korrekt, was du heute Nacht gesagt hast», unterbrach Paul ihn. «Auch wenn ich mich nicht an alles erinnere. Aber du hast mich damit echt überrascht. Inhaltlich. Hätte ich dir nämlich nicht zugetraut. Bild dir aber bloß nichts darauf ein. Außerdem …» Paul hob den Kopf und sah Kuli direkt in die Augen, was gar nicht so einfach war, denn Kuli war um einige Zentimeter größer als er, «… wollte ich mich entschuldigen. Ich weiß überhaupt nicht, was da in mich gefahren ist.»
    Kuli winkte ab. «Ach, ist doch kein Problem.»
    «Doch», sagte Paul und nickte Kuli ernsthaft zu. «Das war bescheuert von mir.»
    «Ist ja schon gut», sagte Kuli scheinbar bescheiden, war aber in Wirklichkeit sehr zufrieden. Paul Uhlenbrock entschuldigte sich bei ihm!
    «Gar nichts ist gut», widersprach Paul. «Allein auf die Idee zu kommen, dich mitten in der Nacht anzurufen. Also, ich meine: dich. Wie verzweifelt muss man da sein? Vielleicht ein Bier zu viel, mehr nicht.»
    «Ach so», sagte Kuli.
    «Ja», sagte Paul.
    «Nee, macht ja nichts», sagte Kuli.
    «Dann ist ja gut», sagte Paul. Sie schwiegen einen Moment.
    «Und wenn der uns jetzt aber Geld anbietet …», wollte Kuli wissen.
    «… dann nehmen wir das. Also, zum Schein», beendete Paul die Diskussion. «Los jetzt.»
    Kuli schwieg und wusste, er hatte verloren. Wieder einmal. Wieso eigentlich? Sie betraten die Zelle, und Paul suchte nach Kleingeld. «Wie war denn nun dein Abend mit der

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