Schlecht aufgelegt (German Edition)
ob Paul nicht vielleicht schon längst eingeschlafen war. Vorsichtshalber senkte er jedenfalls, sensibel, wie er war, seine Stimme, um ihn nicht zu wecken. Seinem Gespräch mit Sophie gab das so ganz nebenbei natürlich noch mehr Intimität.
«Das ist alles total nett von dir, Sophie, wirklich», flüsterte er. «Ich fühl mich gerade zum ersten Mal seit Tagen wieder gut. Von der Zeit mit Bettina mal abgesehen. Ich hatte heute ehrlich gesagt den ganzen Tag über so ein bisschen Panik.»
«Na, das ist ja auch kein Wunder», wisperte sie zurück und drehte sich ganz ihm zu. «Die gehen doch bestimmt auch über Leichen, diese Machtmenschen. Für ihre Ziele und so. Das ist ja auch wirklich ganz schön gefährlich, was ihr da macht!»
«Jaaa …», antwortete Kuli unglücklich und schien seine frisch gewonnene Stabilität schon wieder einbüßen zu wollen. Sophie bewies Einfühlungsvermögen und wechselte blitzschnell das Thema.
«Aber sag mal, du kennst den Paul wirklich erst seit fünf Tagen?»
«Total krass, oder?», fragte er zurück und lächelte. Er wünschte sich zwar immer noch, Sophie wäre Bettina, aber innerhalb einer Woche im Bett mit zwei Frauen gewesen zu sein, das hatte es in seinem Leben noch nie gegeben. Insofern – es war jetzt auch nicht alles schlecht.
«Ich glaub auch, dass Paul ganz schön genervt ist von mir, irgendwie …», fuhr er fort.
«Ach Quatsch!», winkte Sophie pflichtgemäß ab.
«Doch, doch. Aber der ist halt ein bisschen schnell schlecht gelaunt, und ich bin ja auch manchmal anstrengend. Weiß ich ja selbst.»
«Hab ich gar nicht den Eindruck.» Sophie grinste.
«Sagst du doch nur so.» Kuli grinste zurück.
«Kann ich ja eigentlich gar nicht beurteilen. Auf jeden Fall erlebt ihr jetzt was zusammen, da können andere Freundschaften Jahrzehnte drauf warten. Wenn überhaupt.»
«Trotzdem schlimm, das mit der Leiche», überlegte Kuli. «Ist irgendwie noch gar nicht so richtig bei mir angekommen. Ich mein, die saß da noch so mit ihrer blutigen Nase, war total lebendig und hat eine Lady-Gaga-CD nach mir geschmissen, das musst du dir mal vorstellen!»
«Ach du Scheiße, warum das denn?» Sophie richtete sich auf.
«Nee, musst du dir eigentlich nicht vorstellen, Entschuldigung!», beschwichtigte Kuli eilig und schien wieder einmal das Falsche gesagt zu haben.
«Nein, ich meine, warum besitzt denn ein erwachsener Mensch eine Lady-Gaga-CD?», fragte Sophie mit gespieltem Entsetzen und fing an zu kichern.
Kuli fand das in dem Zusammenhang eigentlich ziemlich pietätlos, aber ihr Gekicher war leider ansteckend. So kicherten sie beide halbwegs unterdrückt in ihre Decken, nur Paul atmete stoisch vor sich hin.
«Okay, Butter bei die Fische: Was ist deine liebste peinliche Platte?», fragte Sophie nach einer kurzen Atempause und schaute Kuli dabei in die Augen. Wahnsinnig schön und grün und groß sind die, fand Kuli und dachte gleichzeitig an die leicht schiefen Vorderzähne von Bettina. Das pikste ein wenig in der Magengrube.
«Puh, das ist schwer zu sagen», fand er, freute sich über die Frage und dachte einen Moment angestrengt nach. «Ich hab so viele. Vielleicht Crime Of The Century von Supertramp», gestand er dann.
«Kenne ich gar nicht», sagte Sophie.
«Unglaublich humorloser, pathetischer Art-Rock-Kitsch», sagte Kuli. «Ich liebe es. Oder die erste Wham-LP. Die ist richtig, richtig gut. Wenn’s mir schlecht geht, höre ich die. Gute-Laune-Musik.»
«Kenne ich auch nicht», sagte Sophie und lachte.
«Was, die ist doch erst in den Achtzigern erschienen?», wunderte sich Kuli.
«Eben», antwortete sie. «Ich bin nicht vierzig. Ich bin Anfang dreißig.»
«Stimmt, wir haben hier einen Generationenkonflikt», nickte Kuli und sinnierte, ob er eine peinliche liebste Platte aus den 90ern hatte. Nein, da war sein Musikgeschmack schon zu gefestigt gewesen. Er blühte innerlich auf. Eine Frau, mit der man über Musik sprechen konnte! Er überlegte, ob das mit Bettina wohl auch möglich wäre.
«Was ist denn deine?», fragte er.
Sophie hatte das in der Zwischenzeit offenbar bereits innerlich ausgefochten.
« Dish Of The Day von Fools Garden», kam es wie aus der Pistole geschossen. «Die mit Lemon Tree .»
«Mann, das ist übel!», entsetzte sich Kuli. «Ich weiß nicht, ob ich jetzt hier einfach so liegen bleiben kann.»
«Der Fußboden steht dir offen», sagte Sophie und überlegte. «Meinst du, Paul hat auch eine Lieblingsalbum?»
Kuli zuckte mit den
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