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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Schultern, was man unter der Decke allerdings kaum sah. «Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Obwohl, jeder hat doch eines, oder?»
    Sophie schüttelte den Kopf. «Ich hab mich noch mit niemandem richtig über Musik unterhalten können», sagte sie. Kuli bekam rote Ohren. Paul schnaubte. Wahrscheinlich träumte er schlecht.
    «Würdest du denn sagen, dass du dich mit Paul angefreundet hast?», wollte sie wissen.
    «Weiß ich nicht», flüsterte er. «Ich finde schon. Aber bei Paul weiß man das nicht so genau. Der ist ja gar nicht so …»
    «Nett», ergänzte Sophie.
    «Ach, der kann das halt nicht so zeigen», meinte Kuli und merkte, wie ihn eine Daune in der Nase kitzelte.
    Sophie nickte. Dann schien sie ein anderer Gedanke zu beschäftigen. «Aber sag mal, dieses Foto von Henning Bürger …»
    «Ja?»
    «Darf ich es mal sehen?». Sophies Augen glänzten. Sie sah auf einmal so abenteuerlustig aus wie eine Zwölfjährige vor der ersten Nacht im Landschulheim.
    «Ja, klar!», antwortete Kuli generös.
    «Na dann …», sie richtete sich auf, «wo ist es denn?»
    Kuli holte tief Luft.
    «Ach du Scheiße», sagte er dann.
    Neben ihm regte sich was.
    «Was sind wir doch für Arschlöcher!», schimpfte Paul und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.

    « D as war sehr schön», sagte Henning Bürger und sank verschwitzt zurück in die Kissen. Katharina richtete sich auf und kuschelte sich in seine Armbeuge.
    «Ganz verspannt warst du heute», bemerkte sie. «Stress zu Hause?»
    Er nickte und verschränkte die Hände im Nacken. Die Luft war stickig, fiel ihm auf. Katharinas Einzimmerwohnung, noch dazu im Dachgeschoss, ließ wohl keine Zirkulation zu.
    «Da läuft gerade ein so trauriger Film ab, den willst du nicht sehen. Und auch nicht hören.» Er überlegte, ob er sich eine Zigarette anstecken sollte. Katharina rauchte auch, es wäre also kein Problem. Aber was, wenn Susanne das nachher roch?
    «Wenn der Film so traurig ist, dann mach ihn doch aus oder schalte um», grinste Katharina und richtete sich so weit auf, wie die Dachschräge es erlaubte. «Gibt ja noch andere Sender.»
    «Für mich gibt es nur einen anderen Sender.» Henning Bürger küsste ihre linke Brust. Sie strich ihm über den Kopf. «Wenn du so weitermachst, haben wir hier jedenfalls gleich wieder Empfang», lachte sie, während ihre Atmung schwerer wurde.
    Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und stand auf. «Ich brauch mal eine kleine Pause», sagte er und trat zum Fenster. Von etwas weiter oben aus sah Berlin so schön aus, so uferlos, so lebendig auch bei Nacht. Er fand den Anblick beruhigend. Das war seine Stadt. Kalt und warm, hell und dunkel. In diesem Moment wurden irgendwo da draußen neue Berliner geboren, während alte und ein paar nicht ganz so alte starben. Ein einziger Kreislauf des Bedeutungslosen war das, und ihn faszinierte der Gedanke, vielleicht selbst nicht ganz so bedeutungslos zu sein. Er betrachtete den Fernsehturm, der in den Himmel ragte, und spürte eine Welle der Selbstzufriedenheit in sich hochsteigen, die er ausnahmsweise nicht verstecken musste. «Das ist meine Stadt, Kati», flüsterte er. Katharina stand ebenfalls auf und umarmte ihn von hinten. Mit der rechten Hand ergriff sie das, was sie bei jeder Gelegenheit ergriff und das sofort reagierte.
    «Was wirst du tun, wenn du die Wahl gewonnen hast?»
    «Dann lasse ich mir noch ein halbes Jahr Zeit, und dann hole ich dich zu mir», versprach er.
    «Ganz offiziell?»
    Sie erhöhte den Druck mit ihrer Hand ein wenig.
    «Ganz offiziell», stöhnte er.
    «Die Scheidung?», fragte sie.
    «Die Scheidung. Hab ich doch schon gesagt. Wegen unüberbrückbarer Differenzen. Die Leute verstehen das. Heutzutage.»
    «Und dann holst du mich zu dir?»
    «Und dann hole ich dich zu mir.»
    «Obwohl ich nur eine kleine Kellnerin bin?»
    «Spielt keine Rolle.»
    «Und du meinst, deine Kinder akzeptieren mich?»
    Henning Bürger drehte sich um und nahm ihre Hand da weg, wo es schön war.
    «Ich hab dir doch schon tausendmal gesagt: Lass meine Kinder aus dem Spiel», zischte er und griff nach ihren Zigaretten, die auf dem Nachttisch lagen.
    «Entschuldige», sagte sie zerknirscht und nahm sich ebenfalls eine. Sie rauchten einen Moment schweigend, schauten dabei aus dem Fenster und beobachteten vier Männer, die unten auf der Straße in einem der heruntergekommenen Hauseingänge heftig miteinander stritten. Zwei von ihnen wollten sich an den Kragen gehen, während die

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