Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)
sollen.
DesWeiteren einVergütungssystem, welches Anbieter nicht zu einem immer breiteren Einsatz von Medikamenten undVerfahren führt, sondern belohnt, wennTherapien nur da eingesetzt werden, wo sie nützlich sind.
Eine Hightechmedizin, die ausdrücklich gefördert, aber erst dann breit eingesetzt werden darf, wenn ihr Nutzen in kontrollierten Studien belegt wurde.
Keine Interpretation von medizinischen Studien ohne für alle (auch für den Chefarzt) bindende Beurteilung durch einen Statistikexperten.
DasVerbot von Sponsoring im Fortbildungsbereich.
Sehr wirksam wäre eine unabhängige Beschwerdestelle nach demVorbild des IQW i G . Dort könnte eine Überprüfung von wissenschaftlichen Publikationen und Leitlinien beantragt werden, wenn man einen Regelverstoß vermutet und dies mit den Kriterien des Studien- TÜV (Evidenzbasierte Medizin) begründet. Diese Institution wäre dann zur Überprüfung verpflichtet, unabhängig von Rang und Position des Antragstellers. Das Ergebnis der Überprüfung würde im Internet für jeden einsehbar gemacht.
Die Besetzung von Lehrstühlen muss nach veränderten Kriterien erfolgen. Statt Impact Factor wäre die Überprüfung der bisherigen Publikationen der Bewerber nach den Regeln der guten Medizin aufschlussreicher.
Sehr sinnvoll wäre auch die Einrichtung einer medizinischen Fachzeitschrift, in der speziell Studien veröffentlicht werden können, in denen es nicht gelungen ist, die Ausgangshypothese zu bestätigen. Solche Studien sind extrem wertvoll, wenn es darum geht, Irrwege zu erkennen, haben jedoch genau aus diesem Grund kaum eine Chance in derWissenschaftswelt. Es gäbe viele weitere gute Ansätze und Ideen.
Vor allem muss aber endlich eine öffentliche Debatte über diese Missstände geführt werden. Die katastrophalen Zustände in der medizinischenWissenschaft müssen endlich thematisiert werden, sodass sich die dafür verantwortlichen Professoren nicht mehr hinter der » bösen « Industrie verstecken können.
Ich denke, wir müssen durchaus fragen, ob grob vorsätzliche und wiederholteVerstöße gegen wissenschaftliches Arbeiten, wie es in diesem Buch sogar bei der Erstellung von Leitlinien vorgeführt wurde, nicht strafrechtliche Relevanz haben und somit ein Fall für den Staatsanwalt sind. Schließlich geht es nicht einfach um Bereicherung, hier kommen Menschen an Leib und Seele zu Schaden. Dies ist alles andere als ein Kavaliersdelikt.Wir brauchen öffentlichen Druck auf die Personen und Strukturen an unseren medizinischen Hochschulen.
Was bedeutet das für Sie?
Ich möchte an dieser Stelle keineTipps geben, wie Sie unterscheiden können, ob ein Arzt gute oder schlechte Medizin anbietet. Diese Rolle steht mir nicht zu, und bei jedem Fall kann es individuelle Besonderheiten geben, die einen allgemeinen Ratschlag unmöglich machen.
Doch eine Bitte hätte ich an Sie. Fallen Sie nicht auf die Argumente derjenigen herein, die behaupten, Kritik an der Medizin wolle nur wichtige Innovationen und Behandlungen verhindern, um Kosten zu sparen, und münde letztlich in therapeutischen Nihilismus. In wenigen Einzelfällen mag das vielleicht sogar zutreffen, aber dann wird ein Studien- TÜV alle Argumente liefern, sich für Innovationen einzusetzen. Ich bin jedoch überzeugt, Sie werden überwiegend besser beraten und behandelt, wenn ein Arzt Schaden und Nutzen von Medikamenten, Untersuchungen und Operationen für Ihre Situation abzuwägen weiß.Auch wenn dies bedeutet, erst einmal abzuwarten. Verfallen Sie nicht dem » Viel hilft viel « -Ansatz, nur weil Sie das Gefühl haben möchten, es würde wenigstens etwas unternommen.
Ob sich gute Medizin besser durchsetzt, wird auch vom Patienten entschieden, und genau dazu möchte dieses Buch beitragen. Gute Medizin besteht nicht in therapeutischem Aktionismus, sondern in einer guten Aufklärung über die tatsächlichen (absoluten) Chancen und Risiken einerTherapie und in einer einfühlsamen, individuellen und gemeinsamen Entscheidung mit dem Patienten über die weiteren Schritte. Das schafftVertrauen in den Arzt und Schutz vor gefährlicher Übertherapie. Eine solche Medizin ist das Gegenteil von Nihilismus, sie ist ehrlich, engagiert, patientenorientiert und glaubwürdig.
Dieses Buch ist letztlich ein Plädoyer für mehrVernunft in der Medizin. Denn gute Medizin ist vor allem vernünftig, und das schließt Mitgefühl und einen guten Schuss Placebo mit ein. Doch all die Missstände, die katastrophalen Fehlleistungen, um
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