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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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Arztpraxen keinen Nachfolger mehr. Das ist persönlich tragisch für die Kollegen, die den Praxisverkauf alsTeil ihrer Altersversorgung eingeplant hatten, und dramatisch für die Gesellschaft. Insbesondere die hausärztlicheVersorgung wird in den nächsten Jahren kaum mehr zu gewährleisten sein. Obwohl die Zahl der Medizinstudenten gleich geblieben ist. Die Absolventen von heute suchen sich lieber einen Job in derWirtschaft oder im Ausland. Eine ärztliche Praxis zu führen, wird in Deutschland immer unattraktiver.
    Medizin als Businessplan
    Prof. Karl Lauterbach kritisiert in seinem Buch Gesund im kranken System und wiederholt auch in den Medien das fehlende Qualitätsmanagement in deutschen Arztpraxen. Dazu gibt es, wie wir gesehen haben, allen Grund. Interessant wird es bei der Frage, wem eine ständigeThematisierung der Missstände in deutschen Arztpraxen besonders nützt.
    Die Rhön-Klinikum AG ist ein privater Klinikbetreiber, der wie Asklepios, Sana oder Fresenius ein kommunales Krankenhaus nach dem anderen kauft. Krankenhäuser, die unter den herrschenden Rahmenbedingungen unrentabel arbeiten und für die kommunalen Betreiber, Städte oder Landkreise, zu einer finanziellen Belastung geworden sind. Doch warum sind unrentable Krankenhäuser für private Investoren interessant?Wo liegen die Gewinnaussichten? Nur mit Stellenstreichungen und zentralem Einkauf werden sich solche Häuser auch in Zukunft nicht rechnen. Diese Häuser werden nur dann betriebswirtschaftlich erfolgreich arbeiten, wenn zusätzliche Einnahmequellen erschlossen werden und die Umsätze in den Krankenhäusern selbst besser planbar werden. Dazu müsste jedoch erst ein Störfaktor ausgeschaltet werden, der bisher für die Einweisung in die Krankenhäuser zuständig war und damit über dieVerteilung der Krankenhauspatienten maßgeblich bestimmte: der selbstständige Arzt in seiner Praxis.
    Der Gesetzgeber hatte den Arztpraxen in der ambulanten Patientenversorgung quasi eine Monopolstellung zugewiesen. Und das aus gutem Grund. Es liegt im natürlichen Interesse der marktwirtschaftlich agierenden Anbieter von Medikamenten undVerfahren, viel zu verkaufen, während auf der anderen Seite Krankenkassen eher Kosten dämpfen wollen. Zwischen diesen Interessenkonflikten soll der in seiner Entscheidung freie Arzt steuernd eingreifen. Patienten nur das verschreiben, was sie tatsächlich brauchen, sich aber dort für teureTherapien einsetzen, wo sie sinnvoll sind. Darin lag die weise Absicht des Gesetzgebers, als er nur Ärzten erlaubte, eine Arztpraxis zu eröffnen. Und zwar nur eine. Dafür hatten die Ärzte Konkurrenzschutz. Ein Krankenhaus durfte nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen Sprechstunden für den ambulanten Bereich anbieten. Und privaten Investoren und Unternehmen war es gänzlich untersagt. Eine Arztpraxis galt deshalb auch nicht als Gewerbe und hatte klare Einschränkungen, wasWerbung, Außenauftritt undVerkauf von Gesundheitsprodukten betrifft. Es sollte ein sinnvolles Steuerungselement sein, um die marktwirtschaftlichen Kräfte im Zaum zu halten.
    Im Jahr 2004 trat nun weitgehend unbeachtet eine Gesetzesänderung in Kraft, die es auch privaten Investoren erlaubt, Kassenzulassungen zu kaufen und Ärzte einzustellen. So wurde die Gründung von MedizinischenVersorgungszentren ( MVZ ) ermöglicht, und seitdem können also nicht nur selbstständige, freie Arztpraxen Patienten ambulant behandeln und in Krankenhäuser einweisen, sondern auch Unternehmen, die sich für diesen Zweck Ärzte anstellen dürfen. Es entstand eine Konkurrenzsituation. Unternehmensgesteuerte MVZ s sprießen nun wie Pilze aus dem Boden. Die Rhön-Klinikum AG will beispielsweise eine flächendeckende ambulanteVersorgung erreichen, indem sie an jedes Krankenhaus ein MVZ angliedern will. Karl Lauterbach hat übrigens schon lange einen Sitz im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG inne und war genau zu der Zeit Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung und einflussreicher Berater der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, als das GKV 9 -Modernisierungs-Gesetz, das die V ersorgungszentren erst ermöglichte, vorbereitet wurde.
    Schöne neue Versorgungswelt
    Wem nützt ein MedizinischesVersorgungszentrum? Interessant sind solcheVersorgungszentren vor allem für all jene im Gesundheitssystem, deren Bilanz stark vomVerschreibungs- und Überweisungsverhalten der niedergelassenen Ärzte abhängt, also Pharmaunternehmen, Klinikketten und Krankenkassen. Ein Arzt,

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