Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)
hochwertigen wohnortnahenVersorgung haben, vor allem Gemeinden und Landkreise, die es Ärzten erleichtern wollen, bei ihnen tätig zu werden. Kommunen als Mitbetreiber hätten denVorteil, dass sie nicht an Profit interessiert sind, sondern an einer gutenVersorgung ihrer Bürger. Auf dieseWeise würden therapeutische Entscheidungen nicht in einer 500Kilometer entfernten, schicken Firmenzentrale getroffen, wo ein Patient nur noch ein Posten in einer Excel-Tabelle ist.
Entscheidungen bleiben in ärztlicher Hand: Die Anteilsmehrheit in den MedizinischenVersorgungszentren muss in ärztlicher Hand bleiben, damit auch in Zukunft eine unabhängige Steuerfunktion ausgeübt werden kann. Lokale Investoren können so besonders in ländlichen Gebieten Starthilfe leisten, aber mit der Möglichkeit, dass Ärzte später Anteile zu fairen Preisen erwerben können. Im Gegenzug verzichten Ärzte auf das komplette Sponsoring von Fortbildungen und empfangen keine Pharmavertreter mehr. Es werden stattdessen flächendeckend unabhängige,Studien- TÜV -geprüfteWeiterbildungen in IQW i G -Qualität entwickelt und angeboten. Es gilt, besser als bisher zu beweisen, dass der beste Berater des Patienten, der beste Lotse im Gesundheitsdschungel immer noch der selbstständige Arzt ist.Vielleicht ist dies die letzte Chance, unsere Selbstständigkeit und damit unsere Unabhängigkeit zu retten.
Großgeräte-Zentren werden vom Überweiser getrennt: Es ist sinnvoll, dass diejenigen, die lukrative Großgeräte betreiben, nicht dieselben sind, die den Patienten diese Untersuchungen auch verordnen. Leider ist das im Rahmen großer Facharztpraxen bereits sehr oft der Fall.Wenn ein Orthopäde einen Computertomografen ( CT ) oder ein Kardiologe ein Kernspingerät ( MRT ) kauft, dann muss die Maschine laufen, sonst lohnt es sich nicht. In MedizinischenVersorgungszentren, wo Patienten zwischen Klinik und Sprechstunde nach Plan hin- und hergeschoben werden können, stellt sich dieses Problem in noch viel größerem Ausmaß. Deshalb würde es die Glaubwürdigkeit der Ärzte als Anwälte des Patientenwohls enorm erhöhen, wenn wir uns von derlei finanziellen Zwängen befreien und uns nicht als kleine Großunternehmer betätigen würden. Überlassen wir den Kliniken oder privaten Investoren die Möglichkeit, spezielle Großgeräte-Zentren zu gründen, solange wir ohne finanziellen Druck die medizinisch korrekte Überweisung dorthin kontrollieren und somit Patienten vor Überdiagnostik und Übertherapie schützen können.
Wer ist schuld?
Wen haben wir noch vergessen, der schuld sein könnte, dass das Geld in der Medizin oft nicht im Sinne des Patientenwohls eingesetzt wird? Die Antwort scheint einfach, und wir lesen sie häufig: die böse, böse Pharmaindustrie. Doch wie naiv ist das eigentlich?Welche Aufgabe hat derVorstand eines großen Pharmakonzerns? In erster Linie, das Überleben des Unternehmens zu sichern, um die Einkommen seiner Mitarbeiter, Steuern für den Staat und eine gute Rendite für die Aktionäre bezahlen zu können. Nur daran wird er gemessen. Niemand wird ihm ein Denkmal bauen, wenn er ein nutzloses, aber gewinnbringendes Medikament vom Markt nimmt.
Pharmaunternehmen sind eben dies: Unternehmen, die versuchen, den maximalen Gewinn zu erwirtschaften. Ob sie bei ihrem Streben, Produkte zu verkaufen, Positives für die Gesellschaft erreichen oder ihr eher Schaden zufügen, hängt von den Rahmenbedingungen ab, auf die sie treffen. Solche Rahmenbedingungen zu schaffen, ist Aufgabe der Politik, die diese im Falle der Medizin weitgehend an die sogenannte Selbstverwaltung im Gesundheitswesen delegiert. Soll heißen, im Fall der Leitlinien an die medizinischen Hochschulen. Gelingt es einem Pharmaunternehmen, Professoren dafür zu bezahlen, dass sie sich für die Verschreibung eines Medikaments einsetzen, dann hat der Hersteller eines ähnlichen Produkts, der keine Vorteilsnahme erwirkt, ein Problem. Er muss das Spiel mitmachen und sich ebenfalls Mietmäuler suchen, sonst wird der Konkurrent das Rennen machen.
Aus diesem Grund sind es die Professoren, an die sich die Kritik an erster Stelle zu richten hat, wenn wir über den unzulässigen Einfluss von Herstellern und Pharmaindustrie auf medizinischeWissenschaft und damit auf dieVerordnungspraxis der Ärzte sprechen. Die Professoren der medizinischen Hochschulen beziehen ihre Gehälter aus unseren Steuern, damit sie uns genau vor dieser Einflussnahme schützen, das ist ihr Auftrag. Doch zu viele
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