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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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der seinVerhalten vor allem am Patientennutzen orientiert, beurteilt sinnvolleTherapien vielleicht anders als die Krankenkassen, verschreibt Medikamente des teureren Herstellers und überweist einen Patienten in ein Krankenhaus, wenn er es aufgrund seiner Erfahrung für richtig hält, und nicht weil es finanzielleVorteile mit sich bringt. Das stört die Businesspläne von Unternehmen, die Planungssicherheit anstreben.
    Der Bevölkerung verkauft man die neuen Zentren als Segen, alles besser organisiert, Personal besser ausgebildet, mehrere Fachärzte unter einem Dach versammelt. Sogar die bis dahin selbstständigen Ärzte mögen, erschöpft vom bürokratischen Kleinkrieg, die Anstellung in einem MedizinischenVersorgungszentrum als Rettung ansehen. Endlich keine unternehmerischeVerantwortung mehr, keine Papierschlachten, keine Personalsorgen, alles professionell betreut von einem übergeordneten Praxismanager. Bürgermeistern und Landräten wird man die Übernahme der verschuldeten Krankenhäuser als Lösung für zunehmende Engpässe bei derVersorgung präsentieren, so sie auch der Gründung eines im Krankenhaus angesiedelten MVZ zustimmen. Auf dieseWeise wird die klassische Arztpraxis endgültig zum Auslaufmodell.
    Doch der Businessplan wird seinenTribut fordern. Das bessere Medikament A verordnen, obwohl die Krankenkasse einenVertrag mit dem Hersteller von Medikament B hat?Wird schriftlich untersagt. Einweisung in Krankenhaus C, weil dort der bessere Chirurg ist? Es folgt die Anordnung, nur noch in Krankenhaus D zu überweisen, weil dieses Krankenhaus dem Betreiber des MedizinischenVersorgungszentrums gehört. Im Jahr 2015 zu wenig Herzkatheter-Patienten ins Herzzentrum C überwiesen? 2016 bitte Steigerung um 10Prozent. So geht es in derWirtschaft zu. Wird so bald auch der Alltag der ambulanten Sprechstunde aussehen? Ärzte, die sich nicht gefügig zeigen, kann man nun abmahnen und entlassen?
    Die freie Arztwahl für den Patienten wird gleich mit entsorgt, weil die MedizinischenVersorgungszentren mit den Krankenkassen günstigeVerträge abschließen, die eine Behandlung nur noch bezahlen, wenn sie ebendort vorgenommen wurde. So entsteht ein medizinisch-industrieller Komplex wie in den USA , der sich unkontrollierbar das ganze Gesundheitssystem einverleibt.Voraus geht die Zerstörung kleinerer Einheiten, dieVielfalt, persönliche Nähe und Kontinuität garantierten. So wie es in den 1970er Jahren mit den kleinen, selbstständig geführten Lebensmittellädchen geschah, als große Supermarktketten ihre Einkaufsmacht nutzen, um ein brutales Preisdumping durchzuführen, bis die Konkurrenz verschwunden war. Heute dominieren wenige Betreiber den gesamten Lebensmittelmarkt und diktieren selbst großen Lebensmittelherstellern die Preise. Auf der Strecke bleibt die Qualität. Man kann sich ausmalen, was eine solche Entwicklung für die Medizin bedeutet.
    Auch wenn in der Geschäftsführung großer Unternehmen wie der Rhön-Klinikum AG keine Unmenschen arbeiten, liegt es doch in der Natur der Sache, dass sie Betriebswirtschaft im Zweifel vor Patientenwohl stellen müssen. Natürlich werden in Einzelfällen auch andere Entscheidungen getroffen werden und von professionellen Marketingabteilungen als fantastische Beispiele selbstlosen Einsatzes für das Patientenwohl in den Medien verkauft. Aber lassen wir uns nicht täuschen. Ich glaube, dass es für private Klinikbetreiber eine Überlebensfrage darstellt, die MedizinischenVersorgungszentren unter ihre Kontrolle zu bringen und an ihre Kliniken anzubinden. Und damit die Macht in der ambulantenVersorgung zu übernehmen.
    Was tun?
    Obwohl wir Ärzte für die Missstände, wie sie in diesem Buch beschrieben werden, die Hauptverantwortung tragen, glaube ich nicht, dass die Steuerung durch Großkonzerne uns besser vor schlechter Medizin schützen wird– ganz im Gegenteil. Nun sind MVZ s aber einmal da, abschaffen wird man sie nicht mehr können. Es gilt, die Rahmenbedingungen neu zu ordnen, damit sie nicht noch mehr schlechte Medizin produzieren, als wir ohnehin schon haben.Vielleicht lässt sich sogar noch etwas Gutes daraus machen. Dazu muss Folgendes passieren:
    Der Einfluss der Investoren wird beschränkt: Ein Gesetz muss her, welches großen Konzernen verbietet, sich in MedizinischeVersorgungszentren einzukaufen. Kein Investor, der im Gesundheitssystem bereits aktiv ist, darf dann in ein solches Zentrum investieren. Bevorzugt werden lokale Investoren, die Interesse an einer

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