Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)
Strafen verhängt. Das geht von höherenVersicherungspolicen über schlechtere Karrierechancen bis hin zum staatlichen Berufsverbot.
Am schlimmsten bekommen diese Entwicklung die Menschen zu spüren, die aufgrund ihres Äußeren am schnellsten als nicht normgerecht und damit ungesund identifiziert werden, also vor allem übergewichtige Mitbürger, ob leicht mollig, dick oder fettleibig. Es ist gesellschaftlich akzeptiert, diese Menschen als unsportlich, faul, dumm, unverantwortlich, umweltschädigend, unsozial, charakterlos und undiszipliniert zu bezeichnen. Sie seien schließlich, heißt es, eine Gefahr für dieVolksgesundheit und belasteten das Gemeinwohl auf vielfältigeWeise.
Geht es also wirklich um Gesundheit? Bis auf das Rauchen haben alle anderen klassischen Risikofaktoren von Fett über Übergewicht bis zu Bewegungsmangel in den großen Studien, die den Studien- TÜV bestanden haben, keinerlei bedeutsamen Einfluss auf den Gesundheitszustand und das Krankheitsrisiko eines Menschen belegen können. Das bedeutet nicht, dass sie im Einzelfall nicht dennoch wichtig sein können. Und diese Aussage berührt in keinerWeise dieTatsache, dass seltene Extremausprägungen meist mit Gesundheitsnachteilen verbunden sind. Extremfälle sind aber medizinisch gesehen ein ganz anderesThema. Fest steht jedoch für mich, dass der Einfluss von Risikofaktoren auf die allgemeineVolksgesundheit maßlos übertrieben wird. Manche der » gesunden « Verhaltensempfehlungen haben sich sogar als gesundheitsschädlich erwiesen. Das betrifft zum Beispiel Abnehmprogramme, vollwertige Ernährung oder engagierten Fitnesssport. Doch machen Sie einem engagierten » Gesundheitsbefürworter « solche Zusammenhänge einmal verständlich. Ich versuche dies seit Jahren, die Reaktion ist nicht nur, dass man auf Granit beißt, sondern als Leugner, Ketzer und unverantwortlicher Arzt bezeichnet wird.
Wenn es bei dieser Diskussion tatsächlich um Gesundheit ginge, wäre eine fachlich korrekte Überprüfung der Auswirkungen der Maßnahmen selbstverständlich. Dann wären diejenigen, die Gesundheitsmaßnahmen einfordern, die Ersten, die einen Studien- TÜV durchführten und Erfahrungswerte selbstkritisch und sorgfältig analysierten. Und erst danach eine gesundheitliche Empfehlung aussprächen. Dabei würden sie weder Panik noch Ängste schüren und den Gedanken an Diskriminierung gar nicht erst aufkommen lassen. Doch stattdessen verweigern sie sich jeder sachlichen Diskussion.
Von Siegern und Verlierern
Der Soziobiologe EckartVoland führt in seinem Buch Die Natur des Menschen menschlicheVerhaltensweisen auf eine evolutionäre Logik zurück. ImTierreich führt ein erfolgreichesVerhalten zu besserer Nahrungsversorgung und Paarungserfolgen. Deshalb wird sich diesesVerhalten durch genetischeWeitergabe auch bei den Nachkommen zeigen, und wenn es wieder erfolgreich ist, sich schließlich als typischeVerhaltensweise einer Art durchsetzen.
Auch wir haben solche tierischenVerhaltensmuster in unserem Erbgut, man denke nur an das Paarungsverhalten von Pfau oder Rothirsch. Doch der Homo sapiens entwickelte darüber hinausgehende andere erfolgreicheVerhaltensstrategien, die im Erbgut auch unserer Generation weiterexistieren. Mit den Möglichkeiten des immer größer werdenden Gehirns waren wir sogar in der Lage, einVerhalten zu entwickeln, welches nicht mehr nur aufVorteile für das unmittelbare Überleben zielte.
Ein solchesVerhalten erscheint zunächst evolutionär nicht sinnvoll, welcheVorteile sollten Dimensionen wie Moral oder Mitgefühl im Daseinskampf haben? Eher erscheint es als Gegenentwurf zu den grausamen Gesetzen der Natur, die keine Gnade oder Moral kennt. Doch die Soziobiologie sieht das anders.Auch moralischesVerhalten entwickelte sich, um das eigene Überleben zu sichern, selbst dann, wenn dies nur auf Kosten anderer zu erreichen ist.
Dabei muss man sich vor Augen halten, dass sich die Entwicklung des Homo sapiens über einen Zeitraum von 2 Millionen Jahren erstreckte. In dieser langen Zeitspanne entwickelte sich Fortschritt sehr langsam, sodass stets viele Generationen annähernd gleiche Lebensumstände vorfanden, für die sieVerhaltensweisen entwickeln konnten, mit denen es immer besser gelang, dieWeitergabe der eigenen Gene sicherzustellen. Die letzten 10 000Jahre sind imVergleich dazu einWimpernschlag. Dennoch änderte sich in dieser vergleichsweise kurzen Zeit die Lebenssituation der Menschen radikal: Aus Kleingruppen wurden Völker.Aus
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