Schlechtes Chili - Lansdale, J: Schlechtes Chili - Bad Chili
musste Schuhgröße fünfzig haben. Die Spur führte vom Haus weg, nicht hin. Ich folgte ihr in den Wald, dort verlor ich sie. Als Spurenleser war ich einigermaßen, aber ich war kein Indianerscout.
Trotzdem, ich beschloss, einen Schuss ins Blaue zu wagen, und ging durch den Wald bis zu der Stelle, wo das Laub einer lehmigen Landstraße wich. Ich erreichte die Landstraße in dem Augenblick, als ein alter, pollenverklebter brauner Pickup mit zwei jungen Männern vorbeirumpelte. Sie winkten mir zu, und ich winkte zurück.
Ich ging auf die Straße und schaute mich um. Die Straße war nicht asphaltiert, also gab es natürlich reichlich Spuren. Daran war nichts Merkwürdiges. Ich ging ein Stück die Straße entlang, fand ein überfahrenes Gürteltier und eine gleichfalls überfahrene Copperhead und entdeckte schließlich etwas, das für mich nach den Reifenspuren eines Motorrads aussah. Normalerweise hätte das nicht viel bedeutet, aber die Spur verlief am Straßenrand, und ich fand eine Stelle, wo sie die Straße ganz verließ und eine Linie aus rotem Lehm durch das Gras und in den Wald zog. Das Motorrad war geschoben worden, weil neben den Reifenspuren Schuhabdrücke zu erkennen waren. Von denselben Riesenlatschen.
Man brauchte nicht Einstein zu sein, um zu folgern, dass jemand von der Straße gefahren war, sein Motorrad ins Gebüsch geschoben hatte und dann zu Fuß durch den Wald und in Leonards Haus gegangen war. Die Spur verlor sich im dichten Laub, also ging ich wieder zurück durch den Wald zu Leonards Haus und sah mich dort gründlich um, bis ich die Stelle fand, wo die Fußabdrücke aus dem Wald kamen und zur Südseite der hinteren Veranda führten. Diese Spur hatte ich zuvor noch nicht gesehen.
Wer immer das Haus betreten hatte, war hier eingedrungen anstatt durch die Fliegentür. Wahrscheinlich, um außer Sicht zu bleiben. Er hatte die Umrandung unten an der Veranda mit einer Drahtschere durchschnitten und sie hochgehoben. Dann war er darunter hinweggeschlüpft, hatte die Hintertür aufgebrochen und war ins Haus gegangen. Ich ging davon aus, dass er rasch, lautlos und entschlossen vorgegangen und bei Nacht gekommen war und sich beim Durchwühlen des Hauses Zeit gelassen hatte. Danach war er dann auf demselben Weg wieder verschwunden, auf dem er gekommen war.
Ich stellte fest, dass ich Durst hatte, ging hinein und öffnete den Kühlschrank. Die Eiswürfelbehälter waren auf den Boden geleert worden, und das Eis war geschmolzen und Wasser war in einen Teil des Mehls geflossen. Ich fand einen mit Lehm vermischten großen Fußabdruck. Ich vermied es, in irgendetwas zu treten.
Im Kühlschrankinhalt war einiges durcheinandergebracht worden. Ich fand ein paar Dosen Bier und Coke. Ich nahm mir eine Coke, öffnete sie, ging hinaus auf die hintere Veranda, setzte mich auf die Treppe und versuchte nachzudenken, während ich trank.
Vielleicht war es ein gewöhnlicher Einbruch gewesen, aber was war dann gestohlen worden? Es sah auch nicht nach Vandalismus aus, jedenfalls nicht gänzlich. Jemand hatte etwas gesucht. Und dieser Jemand besaß ein Motorrad. Pferdepimmel hatte ein Motorrad besessen. Die Biker, die Leonard verfolgt hatten, besaßen Motorräder. Der Junge, der in dieser Straße die Zeitung austrug, besaß ebenfalls eines. Aber der hatte nicht Schuhgröße fünfzig. Wer, zum Teufel, hatte die?
Ich trank die Coke aus und sah mir noch einmal die Spuren an, sowohl diejenigen, welche in den Wald führten, als auch diejenigen, die aus dem Wald zur Veranda führten. Ich betrachtete sie eingehend. Es waren ziemlich tiefe Eindrücke. Wer diese Abdrücke hinterlassen hatte, war ein ziemlicher Brocken, und das nicht nur wegen der Schuhgröße. Der Kerl wog mindestens zweihundertfünfzig Pfund, wenn nicht sogar dreihundert. Vielleicht war es Bigfoot. Oder Smokey der Bär. Bei dem Gedanken an jemanden, der so groß und massig war, wurde mir ein wenig übel.
Ich ging noch einmal zurück ins Haus und suchte nach Hinweisen, aber mir fiel nichts ins Auge. Was mich nicht überraschte. Ich war kein großer Detektiv. Ich hatte schon genug Probleme damit, mir Socken anzuziehen, die farblich zueinander passten.
Ich schloss die Hintertür, so gut sie sich schließen ließ, ging durch das Haus, schloss die Vordertür ab, blieb auf der vorderen Veranda stehen, trank meine Coke aus und sah mich um.
Die Stelle nebenan, wo das Crack-Haus gestanden hatte, war jetzt nur noch ein Fleck verbrannter Erde mit verkokeltem Bauholz.
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