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Schlehenherz

Schlehenherz

Titel: Schlehenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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konnte nicht der Absender sein. Aber woher hatte er dann von den Gedichten gewusst? Und noch viel wichtiger: Wer, wenn nicht er, verbarg sich hinter »Blauer Reiter«?
    Plötzlich hatte ich ein flaues Gefühl. Meine Finger schwebten schon über den Tasten, um das Ganze abzublasen und dem Absender – wer immer es war – einen Korb zu geben. Dann aber wollte ich mich selbst zur Ordnung rufen: Ich sah wirklich schon überall Gespenster. Weiß der Himmel, woher Grover das mit den Gedichten wusste, vielleicht hatte er wirklich nur ganz zufällig einen blöden Spruch gemacht. Dann saß er jetzt eben mal eine Zeit lang schuldlos bei der Polizei herum.
    Fast war ich erleichtert, dass hinter »Blauer Reiter«, auf dessen Mails ich mich immer so gefreut, dem ich mich so nahe gefühlt hatte, nicht Grover steckte. Denn das bedeutete, dass der Gedichteschreiber jemand war, der es ernst mit mir meinte. Es bedeutete, dass uns etwas verband. Den Gedanken, dass Grover nicht unter einem falschen Namen mit mir gechattet und daher auch mit Vios Tod wahrscheinlich nichts zu tun hatte und dass folglich ihr Mörder noch frei herumlief, verdrängte ich mit aller Macht. Ich wollte nicht die Angst überhand gewinnen lassen.
    Denn wenn ich jetzt bei der Verabredung mit »Blauer Reiter« einen Rückzieher machte, verbaute ich mir selbst die Chance, jemanden kennenzulernen, der mich verstand – und mich vielleicht sogar richtig mochte. Ich hatte ja auch begonnen ihn zu mögen. Wir waren uns in den Mails so vertraut gewesen, wieso also nicht auch im richtigen Leben? Ich war so einsam gewesen, nachdem ich Vio als meine Seelenverwandte verloren hatte. Ein zweites Mal wollte ich es nicht riskieren, einen mir wichtigen Menschen zu verlieren, weil zwischen uns Funkstille herrschte.
    Entschlossen begann ich zu tippen.

    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: AW: RE: Treffen

    Hi Blauer Reiter,
    geht klar. Woran erkenne ich dich – du hast ja kein Foto im Profil?

    Beinahe sofort kam die Antwort:

    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: RE: AW: RE: Treffen

    Keine Sorge. Ich werde dich erkennen.

11. Kapitel

    Kommissarin Monika Held musterte streng den Jungen, der mit seinen quietschblauen Haaren und den zerrissenen Jeans vor ihrem Schreibtisch saß. »Also, Jonas, ich fasse zusammen: Sie geben zu, sich in Elina Mays schülerVZ-Account eingehackt zu haben. Daher wussten Sie, mit wem sie chattet. Sie streiten aber ab, hinter dem Pseudonym ›Blauer Reiter‹ zu stecken. Und Sie haben angeblich auch keine Ahnung, wer Elina da schreibt.«
    Grover nickte heftig: »Genau. Ich bin es jedenfalls nicht. Mein einziger Fehler war, dass ich mich verquatscht habe, und Lila auf die Idee gekommen ist, dass ich ihr die Mails geschickt habe.«
    In dem Moment ging die Tür auf und ein Kollege aus der Computerforensik kam rein. Sofort sprang der riesige, sabbernde Köter auf, den Monika aufs Präsidium hatte mitnehmen müssen, weil er erbärmlich zu heulen begann, als sein blauhaariges Herrchen ihn nach einer kurzen Runde im Garten wieder ins Haus sperren wollte.
    »Diavolo, aus!«, rief Grover streng und mit einem schuldbewussten Blick knickte das Ungetüm alle vier Beine gleichzeitig ein und ließ sich geräuschvoll zu Boden plumpsen.
    Mit angewidertem Gesichtsausdruck umrundete der Computerexperte den Hund und überreichte Monika ein paar zusammengeheftete DIN-A4-Seiten. Monika überflog sie kurz, dann wandte sie sich an Grover und zog die Brauen hoch: »Die Sache mit Elinas Mailaccount scheint nicht Ihr einziger Ausflug in fremde Datengebiete gewesen zu sein.« Dabei blätterte sie durch die Papiere. »Wir habenuns erlaubt, Ihren Laptop mal näher in Augenschein zu nehmen. Darauf befinden sich mehrere Softwareprogramme zum Knacken von Dateien und ein Hardware-Keylogger, mit dem man Passwörter und Ähnliches ausspähen kann. Ich gehe mal davon aus, dass Sie dieses Zeug für nicht ganz erlaubte Dinge benutzt haben, stimmt’s?«
    Grover ließ sich die Butter nicht vom Brot nehmen: »Der Besitz einer Hardware ist nicht strafbar!«, entgegnete er wie aus der Pistole geschossen.
    Monika schnaubte spöttisch. »Glauben Sie, wir leiden bei der Polizei unter chronischer Intelligenz-Allergie? Dass Sie das Teil nur als Zierde für Ihr Regal benutzt haben, nimmt Ihnen nun wirklich niemand ab!«
    Grover seufzte tief auf und zuckte resigniert die Schultern. »Okay, Sie haben mich am Wickel. Aber mal

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