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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
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laufen. Diese ganzen Grenzerfahrungen, so nach dem Motto ›Mein langer Lauf zu mir selbst!‹, also das ist echt nicht so meins. Wenn ich Sport machen will, geh ich lieber Fußball spielen. Da passiert wenigstens ein bisschen was. Sogar Reinhold Messner hat mal gesagt, er sei ein Eroberer des Nutzlosen. Und der muss es ja wissen, bei den vielen Bergen, die er raufgelaufen ist.«
    Max überlegte und sagte dann mit ruhiger Stimme. »Des sagst nur, weil du feig bist.«
    »Max, wir sind beide nicht mehr im Kindergarten. Mit der Unterstellung von Feigheit kommst du bei mir nicht weit. Das funktioniert nicht.«
    »Also doch, hoast Schiss, gell?«
    »Also, das ist mir echt zu dumm.«
    »Ja mei, i hätt jetzt net g’dacht, dass du so oan Hosenbiesler bist.«
    »Ich bin kein Hosenbiesler«, erklärte ich empört.
    »Na, dann bist halt a Breznsalzer, wenn dir des liaba is.«
    »Ich bin auch kein Breznsalzer. Was soll das denn überhaupt sein?«
    »Ja, wennst koa Hosenbiesler und Breznsalzer net bist, dann könn mir zwei ja auch wandern gehen.«
    »Ja, können wir«, erklärte ich bockig. »Und du wirst sehen, Stumpfsinn bleibt Stumpfsinn. Aber ich bin überhaupt nicht ausgerüstet. Und für einmal wandern geb ich nicht ein paar hundert Euro für Ausrüstung aus.«
    »A geh, die Ausrüstung kriegst von mir.« Klar, mit dem, was er im Keller hatte, war er wahrscheinlich in der Lage, eine Himalaya-Expedition in drei Tagen auszustatten. »Und wenn mir dann erst amoi oben sind, dann koanst des dir selbst anschauen, warum wir Bayern so ein Trara um die Berge machen.«
    »Genau, und hinterher bin ich bestimmt auch ein besserer Mensch, so wie ihr alle hier! Weil ich in den heiligen Bergen Bayerns wandern war. Amen.«
    Max lachte listig: »Ja mei, ob du a bessrer Mensch wirst, des kann i dir net versprechen. Aber dei Grenzerfahrung, die koanst scho haben! Woißt was? Ich wollt schon immer mal wieder die Watzmannüberquerung machen!«
    Max ging zu einem Schrank, kramte eine Kiste mit Fotos hervor und wühlte darin herum. »Wo san bloß die verflixten Fotos?« Wenig später hielt er mir einen Packen Bilder entgegen. »Da, die hab ich auf meiner letzten Watzmanntour gemacht!«
    Beim Betrachten der Fotos wurde mir schwindlig. Auf einem sah man im Vordergrund nur den unscharfen Kopf von Max. Offensichtlich hatte er die Kamera einfach von sich weggehalten, um das Foto zu machen. Hinter seinem Kopf war der Weg zu erkennen, den er offensichtlich gegangen war und auf dem noch andre Menschen herumkletterten: kleine bunte Punkte inmitten von grauem Stein. Mein Schwindelgefühl rührte daher, dass auf dem Bild eben nicht wirklich ein Weg zu sehen war, sondern nur eine steile Felswand, die beinahe senkrecht nach unten abfiel. Ich konnte mir nicht helfen, aber je länger ich das das Bild anschaute, desto öfter sah ich, wie sich einer der roten und blauen Menschenpunkte von der Felswand löste und in den Abgrund fiel. Und im Vordergrund lachte nicht mehr der unscharfe Max, sondern Gevatter Tod.
    »Entschuldige mal, aber muss man da nicht klettern können?«
    »Naa, wennsd laufa koanst, dann kimmst a den Berg nauf.«
    Vielleicht hätte ich mich doch lieber nicht so abfällig über das Wandern äußern sollen. Aber eine Blöße vor Max wollte ich mir jetzt auch nicht mehr geben. Von wegen Hosenbiesler.
    »Wann soll’s denn losgehen?« Ich versuchte so gelangweilt wie möglich zu klingen.
    »Schaun mer mal, wenn’s Wetter passt, können ma frühestens in einem Monat gehen. Eher in zwei. Wenn oben noch Schnee liegt, geh I mit dir net. Des is zu gefährlich. Wennsd mogst, kann dein Bua das Wochenende bei uns verbringen«, fuhr Max fort. »Dann können er und die Zwillinge im Baumhaus übernachten.«
    »Gern, aber sind die Kinder zum alleine draußen Schlafen nicht noch ein bisschen zu jung?«
    »A, geh! Des passt scho!« Klar passte das schon. Und es gibt auch keinen Unterschied zwischen Selbstsicherheit und Größenwahn. Wozu redeten wir beide eigentlich miteinander?
    Als wir mit einem neuen Stück Seil wieder nach oben zu den Frauen und Kindern gingen, wurden wir vom Kampfgeheul einer vollkommen außer Rand und Band geratenen Horde Indianer empfangen. Die Zwillinge und Oskar tobten schreiend durch das Zimmer. Von der Kavallerie – den Müttern – und dem kleinen Julian fehlte dagegen jede Spur.
    »Simon, Lukas! Wo ist denn der Julian?«
    Simon hielt in seinem Geheul kurz inne, während Lukas und Oskar davonstürmten. Beide Hände in die Hüfte

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