Schleichendes Gift
Dienststellen einen Platz suchen musste.
»Und das ist angesichts der Größenordnung dieser Untersuchung in Ordnung. In Manchester sind wir für spezifisch zielgerichtete Fahndungen ausgerüstet, nicht für die Art von Suche, die wir hier durchzuführen haben. Aber Scargill Street ist nicht mit der neuesten Ausstattung versehen. Wir werden also auch Ihre Räume des Sondereinsatzteams im Präsidium nutzen«, erklärte David.
Diesmal konnte Carol ihre Bestürzung nicht verbergen. »Aber wo soll mein Team dann arbeiten?«, fragte sie.
»Davids Leute können das HOLMES-2-Büro nehmen«, schlug Brandon vor. »Für den Fall Robbie Bishop nutzen Sie es ja im Moment sowieso nicht.«
Er hatte recht. Das Home Office Large Major Enquiry System , das Datenverarbeitungssystem des Innenministeriums für besonders umfangreiche Fälle, war eingerichtet worden, damit man die große Menge an Informationen filtern und einordnen konnte, die entweder bei einer Serie von Verbrechen oder einem einzelnen, weitverzweigten Vorfall anfielen. Jede Polizei hatte ein eigenes, ihr zugeordnetes Team von HOLMES-2-Beamten. Das waren sehr gut geschulte und hochqualifizierte Leute, und Carol zögerte nicht, sie einzusetzen, wenn es angebracht war. Aber wann immer möglich, verließ sie sich lieber auf Stacey und ihr außerordentliches Talent, die Ermittlungen des Sondereinsatzteams zu koordinieren.
Das Problem war nur, dass es jetzt so aussah, als könne es eine Verbindung zwischen Danny Wade und Robbie geben. Der nächste logische Schritt war, eine HOLMES-2-Analyse des Materials anzuordnen, das bei beiden Ermittlungen anfiel.
Aber wenn die Terrorbekämpfung die Ressourcen nutzte, war ihnen dieser Weg versperrt. Sie wusste, dass dies der Moment war, in dem sie widersprechen sollte, aber das konnte sie nicht, ohne etwas zur Sprache zu bringen, von dem Brandon noch nichts wusste. Und schließlich wollte sie die Autorität ihres Chief Constable nicht untergraben.
»Es wird praktisch sein, wenn wir Ihre Hilfe brauchen«, stellte David vergnügt fest. Er schob seinen Stuhl zurück. »Schön, ich glaube, das war’s erst einmal.« Er stand auf.
Carol blieb sitzen. »Haben wir schon Zahlen?«, wollte sie wissen.
David sah auf den Mann zu seiner Rechten hinunter, den mit einem halben Zentimeter langen Haar. »Johnny?«
»Bis jetzt wurden fünfunddreißig für tot erklärt. Ungefähr weitere zehn in kritischem Zustand im Krankenhaus. Etwa hundertsechzig verwundet, vom Verlust von Gliedmaßen bis zu Schnittwunden und Prellungen.«
Jetzt stand Carol auf und ging zwei Schritte auf die Tür zu. »Oh, das hätte ich wahrscheinlich erwähnen sollen: Ich habe zwei Leute zu Imran Beggs Adresse geschickt, die jetzt gerade unterwegs sind. Natürlich habe ich sie darauf angesetzt, bevor ich wusste, dass Sie schon da sind. Ich werde Ihnen also mitteilen, was sie herausfinden, wenn Sie mir eine Nummer geben, unter der ich Sie erreichen kann.«
Davids Gesicht war nichts anzusehen. »Danke, dass Sie mich informieren.« Er nahm eine Karte aus der Innentasche seiner Lederjacke und reichte sie ihr. Es stand lediglich DAVID und eine Mobiltelefonnummer drauf. »Ich freue mich darauf, von Ihnen zu hören, Carol. Aber es ist Zeit, Ihre Meute zurückzupfeifen.«
Sie ging hinaus, und Brandon folgte ihr. Als sie draußen waren, fuhr sie ihn an. »Erwarten Sie im Ernst von mir, dies hier einfach links liegenzulassen? Das größte Verbrechen, das je in meinem Bereich verübt wurde, nicht zu untersuchen?«
Brandon wich ihrem Blick aus. »Wir haben es nicht mehr in der Hand, Carol. Es ist höhere Gewalt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Eine verrückte Welt. Was ist mit der Identifizierung der Toten? Und den Gesprächen mit den Familien?«
»Die Schutzpolizei wird das übernehmen«, erklärte Brandon. »Tun Sie das, was Sie am besten können, Carol. Finden Sie Robbie Bishops Mörder. Glauben Sie mir, Sie sind besser dran, wenn Sie nicht in den ganzen Mist verwickelt werden.« Er machte eine ausladende Armbewegung, die das Stadion und den Wohnwagen der Terrorbekämpfung umfasste.
»Wir werden ja sehen«, murmelte Carol. John Brandon schien das wesentliche Element vergessen zu haben, das sie zu der Polizistin machte, die sie war. Wie Sam Evans war sie eine Einzelkämpferin. Aber was sie motivierte und schon immer motiviert hatte, war nicht ihr Eigeninteresse, sondern die Leidenschaft für Gerechtigkeit. Ein Thema, bei dem David und Johnny noch eine Menge dazuzulernen hatten.
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