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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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»Hier beginnt die Lektion«, stellte sie leise für sich fest.

    Die Architekten der Moschee in Kenton hatten sich nicht darum bemüht, ihren Bau so zu gestalten, dass er sich in die Umgebung einpasste. Ein Netz von Straßen mit roten Backsteinreihenhäusern aus dem beginnenden zwanzigsten Jahrhundert umgab die leichtgetönten weißen Wände und Minarette mit vergoldeten Spitzen. »Es erstaunt mich immer wieder, dass sie die Baugenehmigung dafür bekamen«, sagte Kevin, als sie in die Wilberforce Street einbogen. »Was meinst du, wie haben sie das geschafft?«
    Paula rollte mit den Augen. »Wie wohl, Kevin? Der Bauausschuss weiß ganz genau, dass man sich einen Mordszoff einhandelt, wenn man nein sagen würde.«
    »Vorsicht, Paula. Du klingst jetzt ’n bisschen rassistisch«, frotzelte Kevin. Er hatte oft genug mit rassistischen Polizisten zusammengearbeitet und erkannte deshalb, wenn jemand das nicht war.
    »Es hat nichts mit Rasse zu tun, sondern mit der Religion. Damit habe ich ein Problem. Es ist egal, ob es um nordirische Protestanten, Katholiken aus Liverpool oder Moslems aus Bradfield geht. Ich hasse großmäulige Religionsführer, die jedes Mal, wenn sie ein Nein hören, sich aufführen wie Eiferer. Sie schaffen ein Klima von Zensur und Angst, deshalb verachte ich sie. Ich sage dir, ich bin nie so stolz gewesen, lesbisch zu sein, wie damals, als das Parlament das Gesetz verabschiedete, das Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet. Wer hätte gedacht, dass es eine Frage gibt, die evangelikale Christen, Katholiken, Muslime und Juden zu einen vermag? Mein kleiner Beitrag zur Ökumene. Dort vorne rechts ist ein Platz frei«, fügte sie hinzu.
    Kevin zwängte sich in einen Parkplatz, und sie gingen zurück an einem halben Dutzend Häuser vorbei. Sie waren sich bewusst, dass sie von allen, die sie bemerkten, mit Neugier, Abneigung oder Furcht betrachtet wurden. In diesem Teil Kentons, der nicht von einer Armee von Krankenhausangestellten und Studenten überrannt, saniert und aufgewertet worden war, galten sie als Exoten. Sie blieben vor der Nummer siebenunddreißig stehen, einem ordentlich gestrichenen Haus mit Stores an den Fenstern, das nichts Außergewöhnliches an sich hatte. Die Tür wurde von einer kleinen, dünnen Frau geöffnet, die einen Salwar Kamiz und auf dem Kopf eine Dupatta trug. Offenbar war sie erschrocken, die beiden Fremden zu sehen. »Was ist? Wer sind Sie?«, fragte sie, bevor jemand etwas sagen konnte.
    »Ich bin Detective Sergeant Matthews, und dies hier ist Detective Constable McIntyre.«
    Sie hob die Hände zum Gesicht. »Ich hab’s ja gewusst. Ich wusste, etwas Schlimmes wird passieren, wenn er dorthin geht, ich wusste es.« Sie stöhnte, wandte sich ab und rief: »Parvez, komm her, schnell, es ist die Polizei, Imran ist etwas passiert.«
    Kevin und Paula tauschten Blicke. Was war hier los?
    Ein großer, gebeugt gehender Mann in traditioneller Kleidung erschien hinter der Frau. »Ich bin Parvez Khan. Imran ist mein Sohn. Wer sind Sie?«
    Kevin erklärte noch einmal, wer sie waren. »Wir möchten mit Imran Begg sprechen«, erklärte er.
    Der Mann runzelte die Stirn und sah auf die Frau hinunter. »Du hast gesagt, Imran ist etwas passiert? Was ist geschehen?« Er sah Kevin an. »Was ist unserem Sohn passiert?«
    Kevin schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das ist ein Missverständnis. Wir wollten nur mit Imran sprechen. Wegen seines Lieferwagens.«
    »Wegen seines Lieferwagens? Was ist denn mit seinem Wagen? Er hat ihn ja nicht dabei. Sie sind doch nicht hier, weil er einen Unfall hatte?«, fragte der Mann offensichtlich verwirrt.
    Kevin wollte nicht derjenige sein, der die Bombe erwähnte. Deshalb beharrte er darauf: »Wo ist Imran?«
    »Er ist auf Ibiza«, antwortete die Frau. »Im Urlaub. Es war ein Geschenk von seinem Cousin Yousef. Yousef hat ihn am Donnerstagmorgen zum Flughafen gebracht. Er hat uns angerufen, als er dort ankam, nur um uns zu sagen, dass alles in Ordnung sei. Er kommt erst morgen zurück. Wenn sein Wagen in einen Unfall verwickelt ist, dann ist es nicht Imrans Schuld.« Ihre Bestürzung war offensichtlich nicht gespielt.
    »Wer hat seinen Lieferwagen?«, erkundigte sich Kevin, bestrebt, der Verwirrung ein Ende zu machen.
    »Sein Cousin Yousef. Sie sind in Imrans Wagen zum Flughafen gefahren«, berichtete der Mann. »Yousef soll ihn morgen mit dem Wagen abholen.«
    »Und wo können wir Yousef finden?«, fragte Kevin.
    »Downton Vale. Vale Avenue

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