Schleichendes Gift
vereinbarte Zeit abzuwarten, sie kam also aus ihrem Büro und versammelte das Team um sich. Carol stand vor einem der Whiteboards mit der Liste aller Informationen, die sie bis jetzt über Robbie Bishop gesammelt hatten.
Auf ihre Aufforderung hin eröffnete Sam die Sitzung mit einer Zusammenfassung ihres Gesprächs mit Bindie Blyth. Er schloss mit Bindies vager Theorie über die Wettmafia. »Will jemand etwas dazu sagen?«, fragte Carol.
Stacey, ihre Spezialistin für Computer und Kommunikationstechnologie, streckte ihren Kuli hoch und meldete sich. »Sie hat recht, im Fernen Osten ist wirklich eine Menge Wettgeld unterwegs. Und vieles davon wird auf Fußball gesetzt. Vor allem die Australier haben sich damit befasst, wie Computernetzwerke eingesetzt werden, um Geld abzusahnen. Und ja, es gibt jede Menge Verbrechen und Korruption in Verbindung damit. Aber die Wettsyndikate brauchen nicht auf Mord zurückzugreifen, um ihre Chancen zu manipulieren. Sie können sich kaufen, was sie brauchen.«
»Du meinst also, dass unsere Fußballspieler selbst bei den hohen Summen, die wir ihnen zahlen, die Hand noch nach mehr ausstrecken?« Paula tat so, als sei sie schockiert.
»Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Ausgang eines Spiels festzulegen«, erwiderte Stacey. »Das Schiedsrichtergespann hat wohl mehr Einfluss auf das Ergebnis. Und sie bekommen keine Riesengehälter.«
Sam schnaubte höhnisch. »Und sie sind so miserabel, dass es niemand bemerken würde, wenn sie es mit Absicht täten. Wenn ein Schiedsrichter einem Spieler dreimal die gelbe Karte im gleichen Spiel zeigen kann, obwohl er ihn schon nach der zweiten vom Platz schicken sollte, stellt euch vor, was er tun könnte, wenn er Schmiergeld annähme. Du willst damit also sagen, dass diese Wettsyndikate betrügen würden, um sicherzustellen, dass das Geld bei ihnen landet, dass sie aber nicht so weit gehen würden, jemanden zu ermorden?«
Stacey nickte. »Genau das meine ich. Es passt nicht zu ihrer Vorgehensweise.«
Kevin sah von dem Gewehr auf, das er auf seinen Notizblock kritzelte. »Ja, da geht es um sozusagen traditionelle betrügerische Wetten. Aber diese Sache mit dem Rizin klingt für mich mehr nach der russischen Mafia. Viele von den Typen sind Ex-KGBler und FSB-Leute. Der KGB hat den Bulgaren geholfen, Georgi Markow mit Rizin zu ermorden. Und wenn die Russen jetzt beschlossen hätten, dass sie eine Scheibe vom internationalen Wettgewinn abhaben wollen? Es würde ihnen ähnlich sehen, sich so verdammt plump anzustellen.«
Stacey zuckte mit den Schultern. »Einerseits klingt es logisch. Aber ich habe noch nie etwas davon gehört, dass Russen sich mit so etwas beschäftigen. Vielleicht sollten wir den Secret Service fragen?«
Carol schauderte. Das Letzte, was sie wollte, war die Geheimdienste auch nur in die Nähe ihrer Ermittlungen zu lassen. Ihr Ruf eilte ihnen voraus, vor allem ihr Widerwille, mit leeren Händen wieder abzuziehen, wenn man sie erst mal hinzugezogen hatte. Carol wollte nicht, dass ihre Ermittlungen in eine düstere Verschwörung verwandelt wurden, bis sie sicher war, dass es kein einfacher Mord aus einem der üblichen Beweggründe war. »Bis wir konkretere Hinweise für eine Verwicklung der Russen in die Sache haben, halte ich mich von den Schlapphüten fern«, erklärte sie bestimmt. »Bis jetzt weist nichts, was uns vorliegt, darauf hin, dass Robbie Bishops Ermordung etwas mit Fußballwetten oder der russischen Mafia zu tun hätte. Warten wir lieber ab, bis wir Beweise haben, bevor wir uns über Theorien wie die von Bindie groß aufregen. Wir werden es im Hinterkopf behalten, aber ich glaube nicht, dass es sich lohnt, im Moment Mittel für entsprechende Ermittlungen auszugeben. Stacey, was haben Sie für uns?«
Stacey war nicht gerade in ihrem Element, wenn es um den Umgang mit Menschen ging, und vermied tunlichst jeden Blickkontakt. »Bis jetzt habe ich nichts von Interesse auf Bishops Computer gefunden. Keine E-Mails, die nach dem Clubbesuch am Donnerstagabend rausgingen, außer einer an seinen Agenten, in der er einem Interview mit einer spanischen Männerzeitschrift zustimmt. Außerdem hat er die Website www.bestdays.co.uk nie aufgerufen. Jedenfalls nicht von seinem Computer zu Hause aus. Seine Liste zuletzt besuchter Seiten setzt sich ausschließlich aus Websites über Fußball oder Musik zusammen. Er gab gerade letzte Woche eine Online-Bestellung für neue Lautsprecher auf. Was die Selbstmordidee eigentlich über den
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