Schleichendes Gift
Haufen schmeißt, falls jemand daran gedacht hatte.«
»Ich weiß nicht. Wenn ich deprimiert wäre, würde ich vielleicht ein paar Kröten springen lassen, um mich aufzuheitern«, überlegte Sam. Aber als er sah, dass Carol die Augen verdrehte, fügte er hastig hinzu: »Wir denken allerdings nicht an Selbstmord.«
»Und schon gar nicht mit Rizin. Zu wenig bekannt, zu schmerzhaft, zu langsam«, sagte Carol und gab damit das wieder, was Dr. Denby ihr gesagt hatte. »Was die ›Best Days‹-Website betrifft, glaube ich, wir können annehmen, dass wer immer an dem Abend mit Robbie zusammensaß, mit der Seite vertraut war, da Robbie die Adresse bei sich trug. Stacey, meinen Sie, die Betreiber der Website können uns da weiterhelfen?«
»Kommt auf ihre Einstellung an«, begann sie.
»Und ob sie Fußballfans sind«, ergänzte Kevin.
Stacey schien skeptisch. »Vielleicht. Ich dachte, wir könnten sie zunächst einmal auffordern, eine E-Mail an alle ihre Abonnenten von der Harriestown High School zu schicken und sie darum bitten, ein neueres Foto und einen Bericht darüber zu schicken, wo sie sich am Donnerstagabend aufhielten. So können wir die Dinge in Gang bringen, ohne auf eine richterliche Anordnung warten zu müssen.«
»Aber schicken wir damit nicht eine deutliche Warnung an unseren Killer raus?«, fragte Kevin. »Indem wir ihm unsere Ermittlung offenlegen? Ich war Schüler von Harriestown High, wisst ihr. Wir waren nicht gerade gut auf die Behörden zu sprechen. Harriestown war damals noch nicht so sehr verbürgerlicht, eher eine ziemlich üble Gegend. Selbst zu Robbies Zeit hätte man sich dort nicht beeilt, der Polizei zu helfen. Wir haben es da mit Leuten zu tun, die uns leicht ein Foto von einer ganz anderen Person schicken könnten, nur um uns zu ärgern, von falschen Fährten gar nicht zu reden. Ich finde, wir sollten die Betreiber der Website um die Namen und Adressen ihrer Abonnenten bitten, und wenn sie nicht kooperieren, dann holen wir uns eine richterliche Anordnung.«
Carol sah etwas in Staceys Augen gereizt aufblitzen. Normalerweise behielt sie ihre Meinung über das mangelnde Verständnis ihrer Kollegen für die Welt der Informationstechnologie für sich. Man konnte nur selten einen Blick auf ihre wahren Gefühle erhaschen.
Stacey sagte mit einem Ausdruck müder Geduld: »Bei der Website hat man bestimmt nur die E-Mail-Adressen der Abonnenten gespeichert. Es ist möglich, dass auch Kreditkartennummern zu Abrechnungszwecken vorhanden sind, aber selbst wenn es so ist, fällt das unter den Datenschutz, und wir würden auf jeden Fall eine richterliche Anordnung brauchen, um sie zu bekommen. Entscheidend ist, dass wir es nicht geheim halten können, egal wie wir mit diesen Leuten Kontakt aufnehmen. Die erste Person, mit der wir sprechen, wird online gehen und unsere Fragen weitergeben, bevor wir wieder im Wagen sitzen. Da gehen wir besser gleich offen vor. Die Leute, die im Internet unterwegs sind, werden eher zur Zusammenarbeit bereit sein, wenn sie in den Prozess mit einbezogen werden. Wenn wir sie ins Boot holen, helfen sie uns. Wenn wir sie als unsere potenziellen Gegner behandeln, werden sie uns das Leben doppelt schwermachen.« Für Stacey war das eine lange Rede. Ein Zeichen dafür, dachte Carol, wie wichtig ihr dieser Fall war.
»Okay. Dann probieren Sie’s mal, Stacey. Sehen Sie zu, ob Sie die Leute von ›Best Days‹ dazu kriegen, mit uns zusammenzuarbeiten. Wenn Sie auf Widerstand stoßen, sagen Sie mir Bescheid. Und Kevin? Sie könnten sich die Bilder aus Ihrer Zeit ansehen und rausfinden, ob Ihre früheren Klassenkameraden Ihre Erwartungen durchkreuzen und doch die Wahrheit sagen. Chris?« Carol wandte sich ihr zu. »Wie seid ihr im Amatis vorangekommen?«
Chris schüttelte den Kopf. »Die Leute hinter dem Tresen, die am Donnerstag Dienst hatten, erinnern sich, Robbie in der Wodkabar gesehen zu haben, aber sie hatten zu viel zu tun, um zu bemerken, mit wem er zusammen war. Und bei den Gästen ist es genauso. Ich glaube, wir können eine imposante Blondine ausschließen. Die hätten sie bemerkt, vermute ich. Paula ist eine Sache aufgefallen …« Chris nickte Paula zu und nahm ein Blatt Papier aus einer Mappe. »Es gibt Videoüberwachung im Barbereich. Für unsere Zwecke ist es schade, dass sie dazu dient, das Personal im Blick zu behalten, und nicht die Gäste. Die Geschäftsführung sorgt auf diese Weise dafür, dass das Geld wirklich in der Kasse landet und am Tresen keine
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