Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
»Zumindest wissen wir, dass er weiß ist. Man könnte fast glauben, er wusste, dass die Kamera dort war.«
    »Ich glaube, er wusste es tatsächlich«, gab Paula zurück. »Ich glaube, es ist sehr aufschlussreich, dass dies die einzige Videoaufnahme ist, die wir von Robbie und seinem mutmaßlichen Mörder haben. Selbst bei der spärlichen Videoüberwachung in Temple Fields ist es unmöglich, von einer Straßenseite zur anderen zu kommen, ohne dass man zumindest einmal von der Kamera erfasst wird.« Sie tippte wieder auf das Touchpad. Diesmal erschien ein Plan von Temple Fields, auf dem das Amatis und die Videokameras markiert waren. Paula tippte noch einmal. Diesmal zog sich eine rote Zickzacklinie durch die Straßen, die allen Kameras außer der am Campion Way auswich. »Indem sie diesen Weg gingen, wurden sie nur von dieser Seite aufgenommen. Und nur weniger als eine Minute lang. Auf jedem anderen Weg wären sie von vorn gefilmt worden. Seht euch den Weg an, den sie genommen haben müssen. So viele Wendungen und Ausweichmanöver macht man nicht zufällig. Und ich glaube nicht, dass es Robbie war, der die Kameras umging.«
    Alle starrten den Plan eine Weile an.
    »Das haben Sie gut herausgearbeitet, Paula«, lobte Carol. »Ich glaube, wir können mit Sicherheit sagen, dass wir es hier mit einem Ortsansässigen zu tun haben. Einem, der die Harriestown High School besucht hat und sich in Temple Fields bestens auskennt. Bei allem Respekt, Kevin, das sieht eher wie einer der ehemaligen Schüler als die russische Mafia aus. Außer natürlich, wenn man sich dort das Wissen eines Einheimischen zunutze machte. Wir sollten uns also nicht festlegen. Paula, wissen wir, wie sie Temple Fields verlassen haben?«
    »Da hatte ich kein Glück, Chefin. Es gibt heutzutage jede Menge schicker Wohnungen in dieser Gegend. Oder sie sind vielleicht in ein Auto gestiegen. Wir haben keine Möglichkeit, das zu erfahren. Mit Sicherheit können wir nur sagen, dass sie auf keiner der großen Straßen jenseits von Temple Fields zu Fuß zu sehen sind.«
    »Okay. Sehen wir mal, ob wir noch etwas den Videoaufnahmen der Geschäfte in dieser Gegend entnehmen können. Sind wir mit der Frage weitergekommen, woher das Rizin stammen könnte?«
    Kevin sah in sein Notizbuch. »Ich habe mit einem Dozenten des pharmakologischen Instituts an der Universität gesprochen. Er sagt, es ist leicht herzustellen. Man braucht dazu nur Rizinussamen, Lauge, Azeton und einige einfache Küchengerätschaften – ein Glasgefäß, Kaffeefilter, eine Pinzette, also ganz alltägliche Dinge.«
    »Woher bekommt man Rizinussamen?«, fragte Chris.
    »Sie sind überall südlich der Alpen allgemein bekannt. Man kann sie ohne Probleme online bestellen. Wenn einer von uns genug Rizin produzieren wollte, um alle in diesem Gebäude zu erledigen, könnte er das im Grunde bis Mittwoch in einer Woche tun. Ich glaube, zurückzuverfolgen, woher die Ingredienzien kamen, wird nichts bringen«, meinte Kevin missmutig.
    Es fiel schwer, bei der Besprechung keine Mutlosigkeit aufkommen zu lassen.
    Carol sagte sich, sie hätten Forschritte gemacht, auch wenn sie ihnen noch ungenügend vorkamen. Jede Ermittlung hatte Phasen, in denen es schien, als käme man nicht voran. Bald würden die Ergebnisse der Gerichtsmedizin und des Pathologen eintreffen. Möge der liebe Gott sie einen Punkt finden lassen, an dem sie einhaken und den sie als Chance nutzen konnten.

    Rotglühende Würmer mit spitzen Stacheln schienen sein Gewebe zu zerreißen. Tony ließ seine stoische Haltung fahren und schrie auf. Der Schmerz in seinem Oberschenkel wurde zu einem pulsierenden Stechen wie von einem elektrisch geladenen Aal. Seine kurzen Atemstöße waren von Stöhnen begleitet.
    »Alle sagen, dass das Schlimmste die Entfernung der Drainage ist«, erklärte die Schwester mittleren Alters gelassen.
    »Oooh«, ächzte Tony. »Das stimmt.« Schweißperlen standen ihm auf Gesicht und Hals. Sein ganzer Körper wurde steif, als er das Zwicken des zweiten, sich lockernden Schlauchs spürte. »Ein Moment. Geben Sie mir einen Moment Zeit«, keuchte er.
    »Besser raus als rein«, meinte die Schwester und fuhr trotzdem fort.
    Dass er wusste, was kam, machte es nicht leichter, es beim zweiten Mal auszuhalten. Er ballte die Fäuste, kniff die Augen zu und holte tief Luft. Als sein Schrei abebbte, nervte ihn eine vertraute Stimme, die an sein Ohr drang. »Er war immer schon ein Weichei«, sagte seine Mutter im Plauderton zu der

Weitere Kostenlose Bücher