Schleier der Traeume
der Franzose ihn am Handgelenk. »Du und deine Freunde – ihr wollt uns nichts zuleide tun.«
Die Augen des Jungen verdunkelten sich. »Nein, das wollen wir nicht.«
Dansant weitete seinen Bann auf die gesamte Gruppe aus. »Ihr vergesst das alles und kehrt dorthin zurück, von wo ihr losgezogen seid.«
»Das tun wir.« Die Stimme des Anführers klang wie in Trance. »Kommt, Jungs.«
Die anderen folgten ihm über die Straße und blieben nur stehen, als ein Fahrer laut und lange auf die Hupe drückte.
Dansant wandte sich an Rowan, die sich mit den Fingern die Nase hielt. »Lassen Sie mal sehen.« Er nahm ihr Gesicht behutsam in die Hände.
»Gebrochen ist nichts, glaube ich.« Sie hielt still, während er erneut sein Taschentuch zog, ihr diesmal aber das Blut von Mund und Kinn wischte. »Wie haben Sie das gemacht? Wie haben Sie sie dazu gebracht, einfach zu verschwinden?«
Der Schlag ins Gesicht hatte sie davor bewahrt, unter seinen Bann zu geraten, sonst wäre sie womöglich mit ihnen gezogen. »Ich habe höflich gebeten, uns in Ruhe zu lassen.«
Sie ließ die Hand sinken. »Die waren zu zehnt, wir zu zweit. Da helfen höfliche Bitten nicht.«
»Heute Abend schon.«
»Dansant, flunkern Sie mir nichts vor. Sie haben die Jungs hypnotisiert oder so. Alle.« Sie rieb sich die Arme. »Das habe ich doch gespürt.«
Zur Erklärung griff er auf ihre Vermutung zurück. »Suggestionen können sehr wirksam sein, selbst bei großen Gruppen.« Ein Taxi hielt, und er legte den Arm um sie. »Und jetzt suggeriere ich Ihnen, dass wir wegfahren.«
Wie bei ihrem Unfall wollte Rowan kein Krankenhaus aufsuchen und tat die Verletzung als geringfügig ab. Er überlegte, sie für die Nacht in sein Apartment zu bringen, aber seine Wohnsituation würde zu viele Fragen aufwerfen. Also ließ er das Taxi zum Restaurant fahren, bezahlte und begleitete Rowan ins Haus.
»Sie brauchen nicht bei mir zu bleiben«, sagte sie auf dem Weg zum Spülbecken, wo sie sich mit kaltem Wasser die letzten Blutspuren entfernte. »Ich hab schon oft was auf die Nase bekommen.«
Er war sehr erleichtert, als der Blutgeruch endlich verschwand. »So hatte ich mir das Ende unseres Abends nicht vorgestellt.«
Sie tupfte die Mundpartie mit einem Papiertuch trocken. »Was hatten Sie sich denn vorgestellt, Jean-Marc? Eine Privatführung durch meine Wohnung?«
Wenn er dazu nur Zeit hätte. »Die kenne ich längst.«
»Sie wissen, was ich meine.« Rowan warf das zerknüllte Tuch weg, nahm den Hut ab und schüttelte ihre Locken. »Sie haben mich in die Oper eingeladen, was ich mir nie hätte leisten können. Sie haben die Jungs vertrieben und mich vermutlich davor bewahrt, von dieser Horde vergewaltigt zu werden. Sie haben es sich absolut verdient. Ich bin bereit.«
»Sie sind ärgerlich und verletzt, und ich denke, ich gehe jetzt.« Er trat zu ihr und küsste sie auf die Stirn. »Danke für einen überwiegend schönen Abend.«
»Warten Sie.« Rowan legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich hab es nicht so gemeint, wie es klang.«
»Natürlich nicht.« Er zog sie an sich, umarmte sie so lange, wie er es sich traute, und ließ sie wieder los. »Gute Nacht, Rowan.«
Dansant merkte erst an der nächsten Querstraße, dass er den Mantel vergessen hatte. Um seine junge Mieterin nicht zu stören, betrat er das Haus durchs Restaurant und vernahm Geschirrklappern aus der Küche.
Er ging zur Durchreiche und sah Rowan an Lonzos Station Zutaten schneiden: Zucchini, Tomaten, Sellerie, Möhren, neue Kartoffeln, Knoblauch, Petersilie und frischen Thymian. Ihre Hände flogen geradezu, und ihr Hackmesser machte mit Gemüse und Kräutern kurzen Prozess. Fasziniert sah er sie das Schneidebrett zu einer tiefen Pfanne auf dem Herd tragen. Sie nahm eine Flasche Olivenöl aus einem kleinen Hängeregal, gab einen großzügigen Schuss davon in die Pfanne und tat das Gemüse dazu. Unter ständigem Rühren mischte sie Miesmuscheln, kleine Stücke Barschfilet und ein paar Shrimps darunter und gab einen Spritzer Zitronensaft dazu.
Sie kochte so schnell und geschickt, dass Dansant kaum wusste, was er davon halten sollte. Das war nicht die etwas heruntergekommene junge Frau, die er aus Mitleid eingestellt hatte, sondern eine erfahrene Köchin. Ausgesprochen erfahren sogar, nach dem herrlichen Geruch ihres Mahls zu schließen.
»Das ist eine Chinapfanne, Dansant«, sagte sie, als sie das Essen an den langen Tisch trug, an dem die Belegschaft aß. »Nach eigenem Rezept – falls Sie wagen
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