Schleier des Herzens (German Edition)
weiß dies zu unterscheiden, und ich sage Euch, dass wir augenblicklich mit dem Frieden besser bedient sind. Auch wenn er teuer erkauft ist. Er ist immer noch billiger als das Blut unserer Männer und die Ehre unserer Frauen. Lasst uns den Tribut also zahlen und uns in Frieden erfreuen an unserem blühenden Land, unserer Handelsflotte, unseren Seidenmanufakturen und Goldminen. Und an den wunderschönen Frauen von Al Andalus!« Amir verneigte sich in Richtung seines Harems und hoffte, dass die Frauen, die aus ihren Gemächern spähten, ihn hören konnten. Nun, wenn nicht, dann würden ihnen die Eunuchen seine Rede Wort für Wort wiederholen.
Vor dem Palast brauste Beifall auf. Die Kaufleute begannen damit, das Heer übernahm die Hochrufe, und das einfache Volk dachte schon an das nächste Straßenfest, mit dem Amir die Rückeroberung der Stadt sicher feiern würde.
Amir atmete auf. Diese Episode war ausgestanden, und wie es aussah, auch seine unselige Abhängigkeit von der Familie Abenzera.
Er ließ sich noch ein wenig feiern, bevor er sich, nun endgültig todmüde, in seine Gemächer zurückzog.
Als er die Tür hinter sich schloss und sich in Richtung der Bäder wandte, um Blut und Schweiß des Kampfes abzuwaschen, begrüßte ihn eine dunkle Stimme.
»Mein Herr und Herrscher, mein Emir. Es beglückt mich, Euch wieder in den Mauern der Alhambra zu sehen. Die Taten meines Bruders sind unverzeihlich/ich bedauere sie zutiefst ...«
Zarah trug ein weites Gewand in der Farbe dunkler, samtiger Rosen. Sie hatte die Schleier bereits gelöst, eine Bewegung ihres Herrn würde genügen, ihre Brüste zu entblößen.
»Erlaubt mir, Euch zumindest meine Ergebenheit zu zeigen ...«
Zarah kniete langsam nieder, wobei das Kleid über ihre Schulter herabglitt. »Ihr seid erschöpft. Folgt mir in die Bäder. Ich habe seltene Essenzen aus den geheimsten Drogerien des Orients. Sie werden Euch erquicken ...«
Amir zögerte. War Zarah wirklich loyal gewesen? Aber was auch immer geschehen war, sie war seine Frau. Und sie begehrte ihn, während Beatriz ... Ihre Zurückweisung nagte an Amir, und Trotz wallte in ihm auf. Hier war williges Fleisch, Zauber, die Vergessen schenkten. Beatriz. dagegen wollte ihn nicht ...
Amir ging auf Zarah zu und reichte ihr die Hand.
»Ich bin Euer Diener.«
Fünfzehntes Kapitel
Mohammed Abenzera und Mammar al Khadiz lagen im Kerker und warteten auf ihren Prozess. Artur wollte sie nicht einfach köpfen lassen, sondern öffentlich vor. den Kadi führen.
Mammar al Khadiz bekam von all dem nicht viel mit, er lag im Fieber und schien dem Tode näher als dem Leben. Der Arzt meinte jedoch, er werde die Sache überstehen. Der Armstumpf verheilte, und seiner Ansicht nach würde der frühere Wesir ohne weiteres auf eigenen Beinen zu seiner Hinrichtung schreiten können.
Amir ernannte einen neuen Wesir, einen weisen jüdischen Kaufmann. Tibbon al Taíf lag jede Machtbesessenheit fern, und schon sein Glaube machte es ihm unmöglich, nach dem Amt des Emirs zu streben. Außerdem wurde Hammad zum Oberbefehlshaber des Heeres befördert, ein Amt, das der Emir bislang selbst bekleidet hatte. Amir brauchte die Alhambra also nicht mehr zu verlassen, wenn es zu Problemen an der Grenze kam. Auch das begrenzte die Gefahr eines erneuten Staatsstreiches.
All diese Geschäfte hielten Amir den Tag über gefangen; er kam nicht dazu, an Beatriz und erst recht nicht an Zarah zu denken. Aber Abends war sie wieder da, sie bewegte sich ungeniert zwischen dem Harem und seinen Privaträumen, egal wie viele Männer Ali, der neue Erste Eunuch, vor der Pforte postierte.
Amir sah das nicht gern, aber er konnte Ah auch kaum dafür strafen. War ihm Zarah doch offensichtlich willkommen. Die Tochter der Abenzeras ließ seine Nächte zu glühenden Träumen werden, salbte ihn mit geheimnisvollen Essenzen und führte ihn unter ihrem Einfluss in die dunkelsten Winkel seiner Seele, erzeugte Lust durchseine schwärzesten Phantasien, ließ sein Bewusstsein in einem Taumel von glutheißer Lava und Blut explodieren. Immer wieder versicherte sie ihn ihrer unbegrenzten Treue, berauschte sich in der Schilderung blutigster Strafen, denen man ihren Bruder und Mammar unterwerfen sollte. Mitunter graute es Amir vor sich selbst, wenn er ihr dabei folgte, sich von der Schilderung erregen ließ. Er dankte Allah, dass er mit der Festsetzung des Strafmaßes nichts zu tun hatte, das blieb dem Kadi überlassen. Amir selbst würde der Hinrichtung nur beiwohnen
Weitere Kostenlose Bücher