Schleier des Herzens (German Edition)
Haus.«
Er ließ Ayesha halb betäubt zurück.
»Achmed und ein paar andere beschäftigen die Wachen an den Haupteingängen«, erklärte Amir seinem Freund den Plan zur Rückeroberung der Alhambra. Während Hammad von innen heraus strahlte, wirkte der junge Emir erschöpft, übernächtigt und geschwächt. Dennoch barst er, zumindest nach außen hin, vor Energie. »Wir sollten jetzt die Außenpforte des Harems frei kämpfen, die letzten Männer der Palastwache sind schon auf dem Weg. Die Frauen haben sich alle eingeschlossen. Es bleibt nicht aus, dass zwei oder drei Zugänge unbemannt bleiben, aber da haben sich die Eunuchen postiert. Gehen wir einfach mal davon aus, dass Mohammed und seine Söldner anderes zu tun haben, als sich lüstern den Frauengemächern zu nähern. Vor der Pforte warten fünfzig ausgewählte Männer. Wir greifen die Verteidiger von hinten an.«
Der Kampf um den Eingang war schnell entschieden. Mit einem Angriff vom innen hatte niemand gerechnet, dazu waren nur drei Männer mit der Bewachung der verschwiegenen,allgemein wenig bekannten Seitenpforte des Palastes betraut. Amir und Hammad schnitten zweien davon die Kehle durch, der andere versuchte zu fliehen und lief sofort dem Stoßtrupp in die Arme. Die Männer machten ihn lautlos nieder und strömten dann in den Palast.
Auf den Zinnen der Alhambra und auf der Straße davor war ein heftiger Disput im Gange. Mohammed Abenzera verhandelte mit Achmed al Khadiz, der die Rüstung des Emirs trug. Neben dem Heer hatten sich auch hunderte Bürger vor der Alhambra versammelt, um ja nichts von der Auseinandersetzung zu verpassen.
»Du sagst, du bist der Emir, aber du nimmst nicht einmal deinen Helm ab!«, höhnte Mohammed. »Vor lauter Angst, die Verteidiger der Alhambra könnten einen Pfeil abschießen, der dich ins Auge trifft. Nein, Amir ibn Abdallah, dein feiges Verhalten gegenüber Kastilien ist aufgedeckt. Das Volk hat sich einen anderen Emir erwählt.«
»Das Volk hat gewählt?«, erwiderte Achmed spöttisch. »Du hast es doch eher gekauft! Mit dem Geld aus den Tributzahlungen, die du entwendet hast. – Die Alhambra ist in den Händen von Verrätern!«, rief Achmed mit klingender Stimme. »Höre, Volk von Granada, eben wären wir beinahe in einen blutigen Krieg mit Kastilien verwickelt worden. Aber schuld daran war nicht der Emir, sondern dieser Mann, der seine Politik des Friedens unterwandert hat!«
»Die Tribute gehörten dem Volk! «, gab Mohammed zurück. Er fühlte sich wie auf glühenden Kohlen. Wo blieb Mammar? Er musste sich jetzt hier zeigen, musste das Volk mit seinen betörenden, starken Worten auf seine Seite bringen. »Der wahre Emir wird alles erklären. Dem Heer und dem Volk!«
Hinter ihm auf den Zinnen der Burg wurden Stimmen laut.
»Hier ist der Emir. Macht Platz für den Emir und seine Garde!«
Hammad und seine Männer eskortierten Amir auf die Plattform über den Wehrgängen.
»Das ist ... Verrat! Ergreift ihn!« Mohammed rief nach seinen Söldnern, aber das Trüppchen, das sich um ihn scharte, war bedenklich zusammengeschrumpft. Während Mohammed das Heer vermeintlich auf Abstand hielt, waren die Kämpfe in der Alhambra schon weitgehend ausgestanden. Wobei es für Amirs Truppe lächerlich einfach war, die Söldner zu überwältigen, gafften sie doch alle fasziniert auf die leuchtenden Rüstungen der Kavalleristen unter ihnen, die bunten Banner der Heerführer und die reiche Kleidung der Kaufleute, die sich ebenfalls vor der Alhambra versammelt hatten.
Auch jetzt machte Amir nur eine Handbewegung, und seine Männer stürzten sich auf Mohammed und die Söldner. Letztere ergaben sich sofort. Sie kämpften nicht gern für eine aussichtslose Sache, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Abenzeras sie noch entlohnen würden, stuften sie als ziemlich gering ein. Hammad nahm Mohammed gefangen. Amir trat vor sein Volk.
»Meine Freunde – und damit meine ich euch alle. Das Heer, das mir in einem Gewaltmarsch gefolgt ist, um die Alhambra zu entsetzen, die Kaufmannschaft, die bereit ist, den Schaden wieder gutzumachen und das Geld für die Tribute ein erneutes Mal aufzubringen, alle treuen Bürger, aber auch alle die, die sich haben verführen lassen. Mammar al Khadiz ist eine goldene Zunge gegeben, und er appellierte an das Beste in euch, den Bärenmut, den wir Mauren seit jeher aufbringen, wenn es gilt, Al Andalus zu verteidigen. Aber es gibt eine Zeit zu kämpfen,und es gibt eine Zeit, Frieden zu halten. Ein kluger Herrscher
Weitere Kostenlose Bücher