Schleier des Herzens (German Edition)
Sorge. Gehörte diese zarte, dunkelhäutige Schönheit ebenfalls zu Zarahs Opfern? Würde sie ihn zwingen, unkeusche Handlungen mit jenem hellblonden Kind zu begehen, das sich da lasziv im Dampfbad räkelte?
Wenn er der kleinen Harfnerin begegnete, wurde er rot vor Scham, obwohl sie nicht das kleinste Zeichen von Erkennen bekundete. Er flüchtete vor den beiden anderen Eunuchen, in denen er Zarahs erwählte Gespielen zu erkennen meinte, und auch sie wichen seinem Blick aus. Beatriz’ Privatgemächer waren das einzige Refugium, in dem Mustafa sich noch sicher fühlte. Doch in seine unschuldige Bewunderung für die schöne Kastilierin mischte sich jetzt auch ein Anflug von Begierde und brennende Scham. Er könnte sie befriedigen, könnte sie an die dunklen Gestade der Lust führen, die Zarah ihm gezeigt hatte. Mustafa hatte nie eine Frau geliebt, bevor man ihm seine Manneskraft raubte. Er wusste nichts vom samtigen Schimmer ihrer Haut, wenn sie ihm erlaubte, sie liebevoll zu streicheln, hatte nie das Glück einer von beiden Seiten erwünschten und von allen Göttern gesegneten Vereinigung erfahren. Stattdessen hatten sich ihm Zarahs wollüstig gespreizte Schenkel eingeprägt, ihre spitzen Zähne, ihre Krallen und ihr irres Lachen beim Anblick seiner Schande. Mustafa errötete zutiefst, wenn er sich Beatriz in einer ähnlichen Situation vorstellte. Er wusste, dass sie sich dem Emir nach wie vor verweigerte, aber seineFreude daran, den Liebesboten für ihn zu spielen, war verebbt.
Beatriz trug nach wie vor die hennaroten Spuren ihres Spiels mit Amir am Körper, weshalb sie die Bäder meist früh am Morgen aufsuchte, bevor die anderen Frauen sich erhoben. Natürlich gab es immer wieder Frühaufsteherinnen, und sicher wurde im Harem getuschelt. Beatriz gab sich nicht der Hoffnung hin, die Sache völlig geheim halten zu können. Aber sie mochte ihre Blöße doch nicht vor allen anderen zeigen. Es reichte, dass Susanna und Ayesha zwischen Bewunderung und Belustigung schwankten.
»Du hast ihn wirklich mit Henna bemalt? Den Emir? Die Brust des Emirs?« Ayesha wollte sich vor Lachen ausschütten.
»Nicht nur die Brust«, bemerkte Beatriz mit sardonischem Lächeln. »Er wird die Bäder sicher genau so lange meiden wie ich!«
Am dritten Morgen nach Beatriz’ farbigem Liebesspiel mit Amir sehnte sich jedoch Zarah nach einer Reinigung. Lange, bevor der Muezzin zum Morgengebet rief, begab sie sich zu den Bädern. Sie liebte die wilden Spiele mit ihren Opfern, aber danach ekelte sie sich vor dem Geruch von Blut und Angst. Nun lag sie lange im Dampfbad, reinigte sich dann gründlich im warmen Wasser und betrat schließlich den Hof mit dem Schwimmbecken – nur um Beatriz genüsslich in einem Bassin voller Rosenwasser treiben zu sehen. Ihr langes Haar schwebte offen im Wasser und umgab ihr weißes Gesicht mit einer Wolke aus Gold, Rosenblätter trieben träge um ihre großen, weichen Brüste – und ihr Körper kündete von der Liebe ihres Herrn!
Zarah sog scharf die Luft ein. Flammen der Eifersucht loderten in ihr auf. Niemals hatte Amir so mit ihr gespielt – aber sie hätte es auch nie erlaubt. Zarah bestimmte die Spiele, sie war die Herrin hier ...
»Bezeichnet man seine ungebärdigen Sklaven neuerdings mit einer Aufschrift aus Henna?«, fragte sie schneidend. »Du hast Glück, früher brannte man ihnen das Siegel auf.«
Beatriz öffnete erschrocken die Augen und versuchte, ihre Blöße zu bedecken. Doch das Wasser war zu klar. Selbst als sie untertauchte, umspielte das rosige Nass noch die Schrift auf ihrem Leib.
Beatriz entschloss sich zum Angriff als beste Verteidigung.
»Seltsam, ich dachte, maurische Mädchen lernten alle lesen!«, gab sie gelassen zurück und ließ ihren Blick etwas zu lange auf Zahras knochigen Hüften und säulenartigen Schenkeln verweilen. »Damit sie ihren Gebieter durch kluge Gespräche erfreuen können – wenn sie denn sonst schon keine nennenswerten Reize aufweisen. Du scheinst es nicht zu können, sonst würdest du erkennen, dass hier keine Schmähwörter geschrieben stehen. Aber du weißt Männer ja wohl auch wortlos zu fesseln ...«
Zarah raste vor Wut. Dieses Mädchen wagte, über sie zu spotten! Ihr zu widersprechen! Dieses Mädchen zitterte nicht, wenn sie das Wort an sie richtete! Sie würde sie zermalmen, sie würde ... Aber zunächst musste sie eine Entgegnung finden.
»Eine durchaus begehrte Kunst in diesem Lande«, erwiderte sie ruhig. »Aber wie man an dir sieht, wird sie
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