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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
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war offenes Moorgebiet. Nirgendwo gab es Wälder, die Tieren Schutz boten oder Pflanzen, die die Tiere fressen konnten. Also war es klüger, den Flüssen oder der Küste zu folgen. Diese Route würde sie einige Tage mehr kosten. Aber es war immer noch sicherer, als auf dem Meer an diesem nördlichen Teil der Küste entlangzufahren. Die Flüsse, denen sie folgten, versorgten sie mit Fisch und Wasservögeln und entschädigten sie so mehr als genug für die zusätzlichen Reisetage. Wenigstens würde das Land eben sein, und sie müssten nicht diese entsetzlichen Klettertouren auf sich nehmen, um das Gebirge zu überwinden, von dem das Kloster umgeben war.
    Nachdem er die Männer fortgeschickt hatte, damit sie die Vorbereitungen für die nächste Tagesreise beendeten, blickte Rurik sich um und sah die beiden Frauen auf einem umgestürzten Baumstamm sitzen. Obwohl beide die Kleidung trugen, die sie als Mitglieder einer religiösen Gemeinschaft kennzeichnete, konnte er sich Margriet immer noch nicht als eine Ordensfrau vorstellen. Das Blitzen ihrer Augen, wenn sie herausgefordert wurde oder zornig war, zeugte gewiss nicht von der stillen Duldsamkeit, die er von jemandem erwartete, der das Gelübde des Gehorsams abgelegt hatte. Und die Art, wie sie beim Gehen die Hüften schwang! Auch die rabenschwarzen Locken, von denen er wusste, dass sie ihr immer noch über Schultern und Rücken fielen, deuteten nicht auf eine Frau hin, die freiwillig nach dem Gelübde der Keuschheit lebte.
    Als er sich die Männer ansah, die ihn umgaben, stellte er fest, dass er wohl der Einzige war, der sich auf diese Weise von ihr angezogen fühlte. Die anderen sprachen in respektvollem Ton mit ihr, sahen ihr immer nur kurz in die Augen, streckten nie die Hand aus, um die ihre zu berühren, und starrten sie auch nie so an wie er es tat. Alle behandelten die beiden Frauen mit dem Respekt, den ihre Tracht verdiente.
    Alle, außer ihm.
    Trotz seiner Bemühungen, die Situation so zu akzeptieren, wie sie sich ihm darbot, sah er immer nur eine junge Frau vor sich. Eine junge Frau, die voller Leben war und die man an die Kirche verschwendete. Aber er musste es so akzeptieren. Seine Aufgabe war nur, sie ihrem Vater zurückzubringen und fertig. Denn just in diesem Augenblick wurden Pläne für seine Zukunft geschmiedet, und er bezweifelte, dass Gunnars Tochter darin eine Rolle spielte, auch wenn ihr Vater der High Counselor war.
    Und um die Wahrheit zu sagen, auch für sie wurden Pläne geschmiedet. Wenn auch nicht von königlichem Geblüt, so war ihr Vater doch von Geburt ein reicher und mächtiger Mann. Auch er diente dem Earl of the Orkneys und regierte in dessen Namen, wenn Erengisl sich auf seinen anderen Besitztümern aufhielt oder im Auftrag des Königs unterwegs war.
    Nach dem, was er Svens und Magnus’ Gesprächen entnommen hatte, würde Erengisl die Orkneys wegen wichtigen Angelegenheiten verlassen müssen. Die Lage im Königreich erforderte seinen politischen Scharfblick und seine Autorität. Er hatte vor, einen seiner Söhne in Kirkvaw zu lassen und den anderen mit der Führung des Familiensitzes in Näsby und einiger ihrer Besitztümer in der Provinz Viipuri zu beauftragen.
    Während Rurik beobachtete, wie Margriet mit einer graziösen Bewegung die Hand ausstreckte und einen Becher Bier von einem der Männer entgegennahm, wurde ihm klar, wie sehr ihre Väter sich glichen. Keiner von ihnen war von königlichem Blut, doch beide hatten sie dadurch Reichtum und Macht angehäuft, dass sie denen dienten, die von königlichem Blut waren. Und Rurik wusste, dass auch Margriet und er etwas gemeinsam hatten. Beide waren sie Schachfiguren in den größeren Plänen ihrer Väter. Wegen seinen Grübeleien wäre ihm fast entgangen, was sie in diesem Moment tat. Damit seine Anwesenheit ihr nicht verriet, dass er sie beobachtete, trat er unter die Bäume zurück.
    Sehr unauffällig griff sie in eine Tasche ihrer Tunika. Dann steckte sie das, was immer sie dort gefunden hatte, in den Mund. Er konnte fast fühlen, wie sie den Atem anhielt, während sie kaute. Und als sie glaubte, dass niemand sie beobachtete, goss sie den größten Teil ihres Biers in Schwester Elspeths Becher. Danach nahm sie ein kleines, viereckiges Stück Stoff und wickelte den Kanten Brot und das Stück Käse, die sie zum Frühmahl erhalten hatte, darin ein. Indem sie sich von ihrem Sitz erhob, kaschierte sie die flüchtige Bewegung, mit der sie das Bündel in ihrer Tasche verbarg.
    Rurik fand

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