Schleier und Schwert
ihr ebenfalls ansehnliches Hinterteil genau vor Ruriks Gesicht. Die andere, mit wildem rotem Haar und einem Busen, genauso üppig wie der von Ragna war, schien besorgt zu sein, dass Rurik vielleicht die Rivalin erwählen könnte. Sie eilte an seine Seite und beugte sich vor, sodass er auch bei ihr in den Ausschnitt und bis hinab zu ihrer Taille sehen konnte.
Im Leben gab es nun einmal Huren. Aber es machte Margriet wütend, auf diese Art damit konfrontiert zu werden, wo sie nicht so darauf reagieren konnte, wie eine Edelfrau das üblicherweise tat. Sie dachte an Ruriks Worte und fragte sich, ob die Huren vielleicht der Grund für ihren Aufenthalt im Dorf waren. Sie drehte sich um und sah, dass Ruriks Blick auf sie gerichtet war. Er blickte zu den Frauen und dann wieder zu Margriet. Mit einem Wink forderte er die beiden Frauen auf näher zu kommen.
Dieser Schuft! Wie konnte er sich nur für diese Weiber und das, was sie sie ihm darboten, interessieren? Wusste er denn nicht, dass sein Benehmen den Männern das Recht gab, sich in Margriets Gegenwart genauso zu verhalten? Bevor sie vor Wut explodieren konnte, standen die beiden Frauen vor ihr und Elspeth und murmelten eine Entschuldigung.
Margriet unterdrückte mühsam die zornigen Worte, mit denen sie sich gerade hatte Luft machen wollen, brach ein Stück Brot ab, tunkte es in den Bratensaft und schob es sich in den Mund. Sie kaute und kaute und bemühte sich, das Brot so weich zu bekommen, dass sie es schlucken konnte. Doch es wollte sich nicht von ihrer Zunge lösen. Sie fühlte, dass ihr ein Hustenanfall drohte, und griff gerade noch rechtzeitig nach dem Becher. Ein Schluck Bier half ihr endlich, das trockene Brot hinunterzuwürgen.
Als sie zu Elspeth hinübersah, war diese so rot im Gesicht, dass Margriet befürchtete, sie könne Fieber haben. Sie erhob sich, nahm das Mädchen beim Arm und führte es hinaus. Keiner hielt sie auf. Als sie draußen in der kühlen Luft standen, bemerkte sie Sven, der nur wenige Schritte hinter ihnen war.
Wir brauchen etwas frische Luft, Sven. Lasst Euch nicht einfallen, uns aufzuhalten, sagte Margriet. Andere Worte, böse Worte, fielen ihr ein. Doch schluckte sie sie herunter, bevor sie ihr über die Lippen kamen. Keines davon schickte sich, von einer Nonne gedacht, geschweige denn laut ausgesprochen zu werden.
Ohne sich die Zeit zu nehmen, einen Blick zurückzuwerfen, zog sie Elspeth mit sich von dem Gasthaus fort. In ihrem Rücken konnte sie Svens schwere Schritte hören. Wahrscheinlich folgte er ihnen, um sie zu beschützen. Margriets Meinung nach stellte aber der Raum, den sie gerade verlassen hatten, die größere Gefahr dar. Sie ging weiter, bis sie merkte, dass Elspeth immer langsamer wurde. Weil sie wusste, dass Sven bei Elspeth bleiben würde, ließ sie das Mädchen los. Sie schaute sich um und beschloss, zum Fluss hinunterzugehen, dessen Lauf sie bis in dieses gottverlassene Dorf gefolgt waren.
Vielleicht würde sie sogar zum Kloster zurückgehen und dort bleiben!
Margriet hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen oder wie weit sie marschiert war. Aber die Sonne war bereits untergegangen, und die Nachtvögel stießen ihre warnenden Schreie aus. Der Mond schien hell genug, sodass sie ihre Umgebung erkennen konnte. Sie fand einen großen Felsen, auf den sie sich niederließ. Langsam kühlte sich ihr Zorn ab.
Genau so etwas hatte sie befürchtet. Das war der Grund gewesen, weswegen sie zu ihrem Schutz eine Nonnentracht angezogen hatte: Männer, die bei der kleinsten Provokation die Beherrschung verloren. Männer, die sich wie Schweine benahmen und wie wild hinter ihrem Vergnügen her waren. Margriet stieß mit dem Fuß ein paar kleinere Steine in den Fluss, während immer mehr Wut in ihr hochstieg. Sie war so mit sich beschäftigt, dass sie ihn beinah nicht hätte kommen hören.
Beinah.
Ohne etwas zu sagen, stand er einige Schritte hinter ihr. Vielleicht suchte er nach Worten. Margriet bückte sich, hob noch einige Steine auf und schleuderte jeden einzelnen so weit wie möglich über den Fluss. Sie konnte hören, wie sie über das Wasser sprangen.
Ich hatte Angst, Ihr könntet ins Wasser gefallen sein, sagte er leise.
Margriet rechnete es ihm hoch an, dass er all die unangenehmen Themen mied und sie auf eine eher humorvolle Art ansprach. Allerdings war es nur humorvoll, falls sie eingestand, dass sie gelogen hatte, was dieses unfreiwillige Bad betraf.
Ich bin gestolpert, behauptete sie. Sie war
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