Schließe deine Augen
Situation in Palm Beach, um das Bild von Jordan Ballston an seinem Pool und um den Wunsch, irgendwie an den Mann heranzukommen und endlich Licht in diesen bizarren Fall zu bringen. Doch an Ballston heranzukommen war alles andere als leicht. Er hatte sich hinter einer massiven Mauer aus Rechtsvertretern und PR-Spezialisten verschanzt und würde sich bestimmt nicht zu einem netten Plausch über die Leiche in seinem Keller bereitfinden.
Kurz vor dem kleinen Ort Musgrave hielt er vor einem Minimarkt, um sich Kaffee zu besorgen. Es war fast drei Uhr Nachmittag, und er war schon an der Grenze zum Koffeinentzug.
Als er sich mit einem dampfenden Riesenbecher wieder ins Auto setzte, klingelte sein Telefon.
Es war Hardwick mit der Nachbesprechung. »Also, was meinst du, Davey? Völlig neues Spiel?«
»Gleiches Spiel. Anderer Kamerawinkel.«
»Siehst du einen möglichen neuen Ansatz?«
»Eine Gelegenheit. Weiß bloß nicht, wie ich es anpacken soll.«
»Ballston? Glaubst du, der wird dir was erzählen? Viel Glück!«
»Der einzige Schlüssel, den wir haben, Jack. Wir müssen einen Weg finden, um ihn zu drehen.«
»Meinst du, er steckt hinter dem Ganzen?«
»Für eine echte Meinung weiß ich noch nicht genug. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie er Jillian Perry umgebracht haben soll. Aber ich sage es noch mal: Er ist der einzige Schlüssel, den wir haben. Er hat einen echten Namen, einen echten beruflichen und privaten Hintergrund, und er sitzt an einer echten Adresse. Verglichen mit ihm ist Hector Flores ein Geist.«
»Okay, Kumpel, gib mir Bescheid, wenn deinem genialen Gehirn einfällt, wie man den Schlüssel drehen kann. Doch das ist nicht der Grund meines Anrufs. Gerade sind neue Informationen über Karnala und seine Besitzer reingekommen.«
»Kline hat angedeutet, dass es kein Bekleidungsunternehmen ist?«
Hardwick räusperte sich. »Nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs. Oder eher die Spitze einer Irrenanstalt. Wir wissen noch immer nicht sicher, in welcher Branche Karnala arbeitet, aber es gibt Neuigkeiten über die Skards. Auf jeden Fall sind das Leute, mit denen man sich besser nicht anlegt.«
»Warte mal kurz, Jack.« Gurney öffnete den Kaffeebecher und nahm einen tiefen Schluck. »Okay, jetzt bin ich ganz Ohr.«
»Das sickert alles nur tröpfchenweise zu uns durch. Bevor sie in die USA gekommen und ins internationale Geschäft eingestiegen sind, haben die Skards von Sardinien aus operiert. Italien hat drei eigenständige Strafverfolgungsbehörden, jeweils mit eigenen Aufzeichnungen, dazu lokale Archive, und dann gibt es noch Interpol, die teilweise Zugang zu diesen Dokumenten hat. Außerdem kriege ich vage Hinweise – alte Gerüchte, Hörensagen und so – von einem Typen bei Interpol, dem ich mal einen Gefallen getan habe. Im Grunde also alles nur unzusammenhängende Bruchstücke, manches ist isoliert, manches widersprüchlich, manches kommt mehrfach. Was davon verlässlich sein könnte, ist schwer zu entscheiden.«
Gurney wartete einfach ab. Es half nie, wenn man Hardwick aufforderte, die Vorrede zu überspringen.
»Nach außen hin sind die Skards internationale Investoren auf höchstem Niveau. Ferienorte, Kasinos, sündteure Hotels, Unternehmen, die Millionenjachten bauen, solches Zeug. Doch es wird angenommen, dass das Geld für den Erwerb dieser legalen Vermögenswerte aus anderen Quellen stammt.«
»Aus einem schmutzigeren Geschäft, das sie geheim halten?«
»Genau, und die Skards verstehen was von Geheimhaltung. In der ganzen blutigen Geschichte der Familie hat es nur eine einzige Verhaftung gegeben – wegen schwerer Körperverletzung vor zehn Jahren – und keine einzige Verurteilung. Es existieren also keine Strafakten, so gut wie nichts Schriftliches. Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass sie auf High-End-Prostitution, sexuelle Versklavung, extreme S/M -Pornografie und Erpressung spezialisiert sind. Doch nichts davon lässt sich nachweisen. Außerdem haben sie eine äußerst aggressive Rechtsvertretung, die sofort mit einer Verleumdungsklage bei der Hand ist, wenn auch nur was entfernt Kritisches in der Presse erscheint. Nicht einmal Fotos gibt es von ihnen.«
»Was ist mit dem Polizeibild von der Verhaftung wegen Körperverletzung?«
»Auf mysteriöse Weise verschwunden.«
»Und niemand hat je gegen diese Typen ausgesagt?«
»Leute, die vielleicht was wissen, Leute, die vielleicht zu einer Aussage überredet werden könnten, selbst Leute, die sich in Krisenzeiten
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