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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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tanzen zu lassen? Der Wunsch, ihn zu verunsichern? Eine neurotische Klaustrophobie? Der Versuch, eine Tonaufnahme zu vereiteln? Und falls sie wirklich Angst vor einer Aufnahme hatte, war der Grund dafür eher praktischer oder paranoider Natur?
    Er führte sie zu der Terrasse zwischen der Glastür und dem Spargelbeet und deutete auf Klappstühle zu beiden Seiten eines kleinen Cafétischs, den Madeleine bei einer Auktion erworben hatte. »Ist es Ihnen hier recht?«
    »Ja, sehr gut.« Sie zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und ließ sich nieder, ohne vorher den Sitz abzuwischen.
    Offenbar hatte sie keine Sorge, sich die kostspielige Hose zu ruinieren. Gleiches galt für die naturfarbene Lederhandtasche, die sie auf die noch feuchte Tischplatte warf.
    Voller Interesse musterte sie sein Gesicht. »Welche Informationen hat Ihnen Investigator Hardwick schon gegeben?«
    Harter Ton, hartes Funkeln in den Mandelaugen.
    »Er hat mir die grundlegenden Ereignisse vor und nach … dem Mord an Ihrer Tochter geschildert. Aber bevor ich weiterrede, Mrs Perry, möchte ich Ihnen mein tiefstes Beileid zu Ihrem tragischen Verlust aussprechen.«
    Zuerst reagierte sie überhaupt nicht. Dann nickte sie, aber die Bewegung war so schwach, dass es auch ein unwillkürliches Zucken gewesen sein konnte. »Danke. Ich weiß ihr Mitgefühl sehr zu schätzen.« Es war unverkennbar, dass es nicht so war. »Aber hier geht es nicht um meinen Verlust. Es geht um Hector Flores.« Sie sprach den Namen mit schmalen Lippen aus, als würde sie trotzig auf einen wehen Zahn beißen. »Was hat Ihnen Jack Hardwick über ihn erzählt?«
    »Dass es klare und überzeugende Beweise für seine Schuld gibt … dass er eine merkwürdige, umstrittene Erscheinung war … dass sein Hintergrund und seine Motive noch im Dunkeln liegen. Derzeitiger Aufenthalt unbekannt.«
    »Derzeitiger Aufenthalt unbekannt!« Sie hatte sichtlich Mühe, sich zu beherrschen. Die Hände auf den feuchten Metalltisch gestützt, beugte sie sich zu ihm. Ihr Ehering war aus schlichtem Platin, doch an ihrem Verlobungsring prangte der größte Diamant, der ihm je unter die Augen gekommen war. »Sie haben es hervorragend zusammengefasst.« Ihre Augen funkelten genauso hell wie der Stein. »Derzeitiger Aufenthalt unbekannt – das kann einfach nicht sein. Das ist unerträglich. Ich engagiere Sie, damit sich das ändert.«
    Er seufzte leise. »Wir sollten nicht vorausgreifen.«
    »Was soll das heißen?« Sie presste die Hände so fest auf die Tischplatte, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    Er antwortete fast schläfrig, seine übliche Reaktion, um einer Zurschaustellung von Emotionen zu begegnen. »Ich weiß noch nicht, ob es sinnvoll für mich ist, mich in eine Sache einzuschalten, die Gegenstand einer noch laufenden Polizeiuntersuchung ist.«
    Ihre Lippen verzerrten sich zu einem hässlichen Lächeln. »Wie viel wollen Sie?«
    Langsam schüttelte er den Kopf. »Haben Sie mir nicht zugehört?«
    »Was wollen Sie? Sie müssen es nur sagen.«
    »Ich weiß nicht, was ich will, Mrs Perry. Ich weiß vieles nicht.«
    Sie legte die Hände in den Schoß und verschränkte die Finger ineinander, vielleicht um die Selbstbeherrschung nicht zu verlieren. »Ich möchte es ganz einfach ausdrücken. Finden Sie Hector Flores. Verhaften oder töten Sie ihn. Was von beidem, ist mir egal, auf jeden Fall gebe ich Ihnen dafür, was Sie wollen. Was Sie wollen .«
    Gurney lehnte sich zurück und ließ den Blick zum Spargelbeet wandern. Am hinteren Ende hing ein Futterspender für Kolibris an einem Hirtenstab. Er hörte den aufsteigenden und sinkenden Ton der schwirrenden Flügel, als zwei der winzigen Vögel wild miteinander rangelten – anscheinend beanspruchte jeder von ihnen das Zuckerwasser für sich. Vielleicht handelte es sich aber auch um eine Art Paarungstanz, und hinter dem vermeintlichen Tötungsinstinkt verbarg sich unter Umständen ein ganz anderer Trieb.
    Er gab sich einen Ruck, um sich auf Val Perrys Augen zu konzentrieren und die Realität hinter der Schönheit zu ergründen – den Inhalt dieses vollkommenen Gefäßes. Zorn schwelte in ihr, kein Zweifel. Verzweiflung. Eine schwierige Vergangenheit, darauf hätte er gewettet. Reue. Einsamkeit, wenngleich sie sich gewiss nie zu der mit diesem Begriff verbundenen Verletzlichkeit bekannt hätte. Intelligenz. Impulsivität und Halsstarrigkeit – die Impulsivität, mit der man sich auf etwas stürzte, ohne lang zu überlegen, die Halsstarrigkeit, mit der

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