Schlimmer geht immer
machen würde. Aber sie schüttelte sich nur und sagte: »Ich muss nach Hause.«
»Das müssen wir alle«, sagte ich.
Ich hatte gehofft, vor meinen Eltern nach Hause zu kommen, aber mein Dad war schon da. Er starrte mich an. »Was ist denn mit dir passiert?«
»Ich habe mich im Vögelbeobachten geübt«, sagte ich. »Ich dachte, es könnte vielleicht ganz interessant sein.«
»Oh. Und war es das?«
»Nö. Es war eine ziemlich dreckige Angelegenheit. Ich fürchte, ich war irgendwie zu nah dran.«
»Das sehe ich. Du solltest besser duschen, bevor deine Mom nach Hause kommt.«
»Gute Idee.«
Er schnupperte. »Ich hätte nicht gedacht, dass Vogelscheiße so übel riecht. Sieh zu, dass du richtig schrubbst.«
»Das werde ich.« Ich schnupperte. Ich konnte es auch riechen. Mein eigener Faulgeruch war schlimmer als die ganze Möwenscheiße. Dabei ernährten die Viecher sich von Abfall und Fischinnereien. Also rochen meine Hände schlimmer als verdauter Müll. Tiefer konnte ich echt nicht sinken.
Ich rannte die Treppe hoch. Aber dann kam ich noch mal zurück. »Mom ist echt fertig wegen dem ganzen Kostümkram.«
Dad nickte. »Sie liebt ihre Arbeit. Das ist echt hart für sie. Aber sie wird darüber hinwegkommen. Wir müssen jetzt einfach für sie da sein.«
»Glaubst du, sie kündigen ihr?«
»Ich hoffe nicht.«
»Ja, das hoffe ich auch.« Auch wenn ich das ganze Teddyzeug echt viel zu kitschig fand, für meine Mom war es wichtig, das wusste ich. »Hast du den riesigen Schlafanzug gesehen?«
»Der war echt riesig«, sagte Dad.
»Ich hab nicht gelacht, als sie mir das ganze Zeug gezeigt hat. Nicht ein einziges Mal.«
»Ich bin stolz auf dich.«
Ich ging hoch und stellte mich unter die Dusche. Ich duschte ziemlich lange, und ich dachte lange nach. Mir wurde klar, dass ich mich bald entscheiden musste, ob ich Professor Quirlians Angebot, mich mit seinem Plastikzeug einzuschweißen, nicht doch annehmen sollte – zumindest, bis Abigail und Dr. Cushing eine bessere Lösung gefunden hatten. Ich wollte es eigentlich nicht, aber wenn ich verhindern wollte, dass die Leute herausfanden, dass ich tot war, war das vielleicht die beste Möglichkeit.
Als ich wieder runterkam, war Mom da. Ich hatte erwartet, dass sie traurig rumhängen würde, aber die traurige Mom war durch die verärgerte Mom ersetzt worden. Das war kein guterTausch. Sie starrte mich auf eine ungute Art an. Irgendetwas hatte ich falsch gemacht. In Gedanken ging ich den ganzen Tag durch, aber soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich nichts Schlimmes getan. Ich hatte gestern Abend meine Klamotten gefaltet und weggeräumt. Ich hatte mein Bett gemacht. Ich hatte nicht meine Hausaufgaben auf dem Küchentisch rumliegen lassen, und ich hatte auch garantiert keine Süßigkeiten stibitzt. Ich war völlig unschuldig. Aber ich musste mir gar nicht den Kopf zerbrechen – sie würde mir sowieso gleich sagen, was es war.
15
EINGESCHWEISST
»Ich habe mir deine Tabletten geholt, um dir vom Doktor neue verschreiben zu lassen.« Mom hielt mir ein halb volles Fläschchen hin.
Auweia. Ich hatte meine Asthmamedizin nicht mehr genommen. Ich brauchte mein Spray nicht mehr. Und ich brauchte definitiv keine Tabletten. Eigentlich sollte ich sie jeden Abend nehmen. Aber wenn man nicht atmet, kann man auch keinen Asthmaanfall bekommen. »Ich hab’s wohl vergessen. Mir ging’s gut. Ich bin ja sogar Joggen gegangen und so.«
Ich dachte, sie würde wütend werden, aber stattdessen nickte sie nur und sagte: »Das verstehe ich. Du fühlst dich gut. Aber du solltest nichts riskieren. Asthma ist tückisch. Das Medikament hat eine Langzeitwirkung. Wenn du es absetzt, könntest du einen schlimmen Anfall kriegen.« Sie reichte mir die Tabletten.
»Tut mir leid. Ich werde mich bessern.« Ich nahm das Fläschchen. Mir wurde klar, dass ich die Tabletten wohl weiternehmen musste. Aber ich würde sie garantiert nicht schlucken. Schließlich konnte ich nichts mehr verdauen. Ich wollte nicht mit einem Magen voller Tabletten enden. Aber jetzt musste ich eine schlucken, denn Mom reichte mir ein Glas Wasser und stand abwartend vor mir. Ich nahm an, dass eine kleine Tablette in meinem Magen kein Problem sein würde.
Nach dem Abendessen klingelte es an der Tür. Es waren Abigail und Mookie.
»Ich habe was rausgefunden«, sagte sie. »Können wir reinkommen?«
»Klar. Lasst uns in mein Zimmer gehen.«
Als wir dort ankamen, sagte Abigail: »Ich habe eine Theorie. Du stinkst ja immer
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