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Schlimmes Ende

Titel: Schlimmes Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Ardagh
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erklärte Mr Pumblesnook.
    Eddie war immer noch nicht sicher, was er meinte, bis Maud erläuterte: »Sobald man so tut, als wäre man jemand anderer, darf man sich nicht mehr rausbringen lassen.«
    Zum zweiten Mal in genauso vielen Minuten war Eddie fassungslos. Wenn die Wahnsinnige Tante Maud weiterhin so hilfreich war, musste man sie in die Nur Manchmal Wahnsinnige Tante Maud umbenennen. Was war denn in sie gefahren?
    »Die Schauspielerei ist noch weit mehr als das bloße Verkörpern einer Rolle«, betonte der Theaterdirektor, »aber es läuft auf die Essenz hinaus, dass man sich, sobald man zu seiner Rolle wird, nicht, wie diese schöne Königin bereits andeutete, ›rausbringen lässt‹.«
    Eddie tat sein Bestes, um beim bloßen Gedanken daran, dass jemand seine Großtante als »schöne Königin« bezeichnete, nicht laut loszuplatzen.
    In diesem Augenblick hörte man vom Wahnsinnigen Onkel Jack ein lautes »Brrrrr!« und die Kutsche kam zum Stehen. Es entstand ein Klettergeräusch, als er vom Kutschbock kraxelte, und dann erschien die schnabelartigste aller schnabelartigen Nasen durch das offene Kutschenfenster.
    »Ich muss einem Rufe der Natur folgen«, sagte er. »Ich habe nichts gehört«, sagte die Wahnsinnige Tante Maud. »Was war es denn? Eine Eule?«
    »Nein, meine Liebe, was ich damit meine, ist…«
    »Hat einer von euch beiden eine Eule gehört?«, fragte die Wahnsinnige Tante Maud und wandte sich damit zuerst an Eddie, eine Aktion, die dazu führte, dass sie ihm mit Malcolms
Nase ins Gesicht haute, woraufhin sie sich Mr Pumblesnook zuwandte, den sie mit dem Schwanz des ausgestopften Wiesels traf.
    »Nein«, sagte Eddie und versorgte sein Nasenbluten.
    »Weder ein Schuhi noch ein Schuhu, gnädige Frau«, sagte Mr Pumblesnook und suchte ein Stück Zahn, welches ihm in den Schoß gesplittert war.
    »Dann den Ruf eines Dachses?«, fragte die Wahnsinnige Tante Maud. Sowohl Mr Pumblesnook als auch Eddie strafften sich für den Fall, dass sie sich wieder unter Verwendung ihres Wiesels an sie wenden sollte. Wer wusste schon, welche Verletzungen dies mit sich brachte?
    »Nein, meine Liebe! Mit Ruf der Natur meine ich, dass ich mal aufs… äh… muss…« Der Wahnsinnige Onkel Jack wurde rot im Gesicht, obwohl es so dünn war, dass es für so was kaum Platz bot.
    »Keine Eule? Keinen Dachs? Du meinst doch wohl hoffentlich nicht diesen langweiligen kleinen Vogel, dessen Ruf sich angeblich anhört wie ›zilpzalp muckefuck‹? Du hast doch nicht wegen eines so banalen Vogelschreis die Kutsche angehalten?«, protestierte seine Gattin.
    Der Wahnsinnige Onkel Jack wollte gerade weitere Erklärungen abgeben, konnte aber nicht mehr warten und hetzte ins Unterholz davon. Einige Minuten später erschien er wieder, mit einem Ausdruck der Erleichterung auf dem Gesicht.
    »Hat er den Adler gefunden?«, fragte die Wahnsinnige Tante Maud, als ihr Gatte seitlich an der Kutsche hochkletterte.
    »Adler?«, fragte Eddie.
    »Kinder sollten weder zu sehen noch zu hören, sondern
nur zu riechen sein!«, schrie sie voller Unwillen, als wäre ihr das eben erst eingefallen.
    Eddie entspannte sich ein bisschen. Es hatte etwas seltsam Beruhigendes, dass seine Großtante wieder völlig bescheuert war.
    »Adler hin, Adler her, mein junger Freund«, sagte Mr Pumblesnook, »frisch ans Werk mit unserem Experiment.«
    Es geschah ein Schnalzen der Zügel, ein Klappern der Hufe und die Kutsche setzte sich wieder in Bewegung. Man war sich darüber einig, dass Eddie ein echter kleiner Gentleman war. Vergiss nicht, dass Eddies Eltern gutes Geld dafür ausgegeben hatten, ihn in einen kleinen Gentleman zu verwandeln. (Sie hatten versucht, schlechtes Geld für ihn auszugeben, aber das war zurückgeschickt worden.) Und da er so ein echter kleiner Gentleman war, wäre es nicht gut, seine Schauspielerkarriere damit zu beginnen, dass er die Rolle eines Jungen spielte, der so ganz anders wäre als er selbst?
    »Sie meinen doch wohl keinen Ausländer?«, sagte Eddie schockiert, als Mr Pumblesnook dies vorschlug. Das war noch damals, als man allen Ausländern mit großem Misstrauen begegnete, egal ob Bettler oder Edelmann oder sonst was, was mit den Buchstaben »B« oder »E« oder auch nicht anfing.
    »Aber nicht doch, junger Herr!«, sagte der Theaterdirektor, ebenfalls eindeutig schockiert. »Ich würde dich wohl kaum bitten - dich, einen unausgebildeten Schauspieler und darüber hinaus ein Kind -, in Anwesenheit einer Dame in so beengten Verhältnissen

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