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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Jahr nicht - wir klauten sie nicht mal, was wahrscheinlich besser so war. Mom hatte irgendwo gelesen, Mayonnaise wäre gut für die Haare, und an dem Morgen, als der Fotograf in die Schule kam, schmierte sie mir ein paar Löffel voll ins Haar. Sie hatte jedoch nicht gewusst, dass die Mayonnaise danach wieder ausgewaschen werden sollte, also ließ sie sie einfach drin, weshalb ich auf dem Foto in dem Jahr unter einer steifen Haarplatte hervorlugte.
    Doch insgesamt wurde die Lage besser. Obwohl Dad seinen Job in der Silbermine verloren hatte, konnten wir in dem Bahnhof wohnen bleiben, weil wir der Bergwerksgesellschaft Miete zahlten und es nicht viele andere Familien gab, die sich um das Haus rissen. Wir hatten jetzt einen gut gefüllten Kühlschrank, zumindest bis kurz vor Monatsende, dann ging uns meistens das Geld aus, weil weder Mom noch Dad die Kunst der Haushaltsplanung beherrschten.
    Aber Moms Gehalt führte auch zu ganz neuen Problemen. Dad gefiel es zwar, dass Mom einen Gehaltsscheck nach Hause brachte, aber da er sich als Oberhaupt der Familie sah, bestand er darauf, dass ihm das Geld übergeben wurde. Es sei seine Aufgabe, so sagte er, sich um die Familienfinanzen zu
    kümmern. Und er brauchte Geld, um das Goldausschwemmverfahren weiterzuentwickeln.
    »Das Einzige, was du weiterentwickelst, ist das Fassungsvermögen deiner Säuferleber«, sagte Mom. Trotzdem konnte sie Dad nicht die Stirn bieten. Aus irgendeinem Grund tat sie sich schwer, einfach Nein zu sagen. Wenn sie sich mal dazu durchrang, argumentierte er und schmeichelte und schmollte und drohte, bis ihr Widerstand schließlich erlahmte. Also verlegte sie sich auf Ausweichtaktiken. So erzählte sie Dad, sie hätte den Gehaltsscheck noch nicht eingelöst oder in der Schule liegen lassen, und versteckte ihn dann so lange bis sie heimlich selbst zur Bank gehen konnte. Danach behauptete sie, sie hätte das ganze Geld verloren.
    Es dauerte nicht lange, und Dad ging dazu über, Mom am Zahltag vor der Schule abzupassen. Dann fuhr er mit uns allen schnurstracks nach Winnemucca, wo die Bank war, damit Mom ihren Gehaltsscheck sofort einlösen konnte. Dad bestand darauf, mit in die Bank zu gehen, und Mom, dass wir Kinder mitkamen, damit sie zumindest versuchen konnte, uns heimlich ein bisschen Bares zuzustecken. Sobald wir wieder im Auto saßen, nahm Dad sofort das Geld aus Moms Portemonnaie.
    Einmal ging Mom allein in die Bank, weil Dad keinen Parkplatz finden konnte. Als sie wieder herauskam, hatte sie nur noch einen Socken an. »Jeannette, ich schenke dir einen Socken, den du sicher aufbewahren solltest«, sagte Mom, als sie wieder einstieg. Sie zwinkerte mir übertrieben zu, dann griff sie in ihren BH und zog den Socken heraus. Er war in der Mitte geknotet und beulte sich an der Spitze aus. »Versteck ihn irgendwo, wo niemand ihn findet, du weißt ja, wie knapp Socken in unserem Haus manchmal sind.«
    »Himmelherrgott, Rose Mary«, fuhr Dad sie an. »Hältst du mich eigentlich für bescheuert?«
    »Wieso?«, fragte Mom und warf die Hände in die Luft. »Darf ich meiner Tochter nicht mal einen Socken schenken?« Und dann zwinkerte sie mir noch einmal zu, nur für den Fall, dass ich es noch nicht kapiert hatte.
    Zurück in Battie Mountain, wollte Dad unbedingt mit uns in den Owl Club, um den Zahltag zu feiern, und er bestellte für uns alle Steaks. Sie schmeckten köstlich, und wir dachten gar nicht mehr daran, dass wir von dem Geld für eine ganze Woche Lebensmittel hätten kaufen können. »He, Bergziege«, sagte Dad nach dem Essen, während Mom damit beschäftigt war, die Reste in ihre Tasche zu stopfen. »Leihst du mir mal kurz deinen Socken?«
    Ich sah mich am Tisch um. Keiner schaute mir in die Augen, nur Dad, der grinste wie ein Krokodil. Ich reichte ihm den Socken. Mom gab sich mit einem dramatischen Seufzer geschlagen und ließ den Kopf auf den Tisch sinken. Um zu demonstrieren, dass er das Sagen hatte, legte Dad noch zehn Dollar Trinkgeld für die Kellnerin auf den Tisch, aber als wir gingen, ließ Mom das Geld heimlich in ihrer Handtasche verschwinden.
    Schon bald waren wir wieder pleite. Als Dad einmal Brian und mich zur Schule brachte, fiel ihm auf, dass wir nichts zu essen dabeihatten.
    »Wo habt ihr denn eure Pausensnacks?«, fragte er.
    Wir sahen uns an und zuckten die Achseln.
    »Der Kühlschrank war leer«, sagte Brian.
    Daraufhin tat Dad sehr empört, als hätte er zum ersten Mal gehört, dass seine Kinder hungrig zur Schule

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