Schloss aus Glas
du das etwa?«
Als Dad abends nach Hause kam, gerieten er und Mom in heftigen Streit. Mom schrie, dass sie es satt habe, immer für alles, was falsch lief, verantwortlich gemacht zu werden. »Wieso ist das überhaupt mein Problem?«, brüllte sie. »Wieso kümmerst du dich um nichts? Den lieben langen Tag hängst
du im Owl Club herum. Du tust so, als ginge dich das alles nicht das Geringste an.«
Dad erklärte, dass er tagsüber unterwegs sei, um Geld zu verdienen. Er habe alle möglichen Pläne, die er in allernächster Zukunft realisieren würde. In Battie Mountain wäre jede Menge Gold, sagte er, aber es wäre in Erz eingeschlossen. Da lägen nicht einfach Goldnuggets herum, die der Goldsucher bloß noch aussortieren müsse. Er sei dabei, eine Technik zu entwickeln, mit der das Gold mittels einer Zyanidlö-sung aus dem Fels geschwemmt werden könne. Aber dazu brauche er Geld, und er bedrängte Mom, ihre Mutter anzupumpen.
»Ich soll bei meiner Mutter schon wieder um Geld betteln?«, fragte Mom.
»Himmelherrgott, Rose Mary! Wir bitten doch nicht um eine Spende«, tobte er. »Das wäre für sie eine Investition.«
Grandma würde uns andauernd Geld leihen, sagte Mom, und sie wäre es leid. Mom erzählte Dad, dass Grandma gesagt hatte, wenn wir nicht klarkämen, könnten wir nach Phoenix kommen und bei ihr im Haus wohnen.
»Vielleicht sollten wir das tun«, sagte Mom.
Dad wurde richtig wütend. »Willst du damit sagen, dass ich nicht für meine eigene Familie sorgen kann?«, brüllte er.
»Frag sie doch«, zischte Mom.
Wir Kinder saßen auf den alten Wartesaalbänken. Dad drehte sich zu mir um. Ich studierte die Schleifspuren auf dem Boden.
Ihr Streit ging auch am nächsten Morgen weiter. Wir Kinder lagen unten in unseren Pappkartons und lauschten, während sie oben stritten. Mom schrie und jammerte, unsere Situation sei inzwischen so verzweifelt, dass wir gestern nur noch Margarine zu essen hatten, und selbst die sei jetzt weg. Sie habe Dads lächerliche Träume und seine törichten Pläne und leeren Versprechungen satt.
Ich wandte mich an Lori, die ein Buch las. »Sag ihnen, dass wir gern Margarine essen«, sagte sich. »Vielleicht hören sie dann auf zu zanken.«
Lori schüttelte den Kopf. »Dann denkt Mom, wir ergreifen Partei für Dad«, sagte sie. »Das würde alles nur noch schlimmer machen. Die beiden kriegen sich schon wieder ein.«
Ich wusste, dass Lori Recht hatte. Wenn Mom und Dad Streit hatten, tat man am besten so, als wäre nichts oder als wäre es völlig unwichtig. Und dann waren sie bald wieder ein Herz und eine Seele, küssten sich und tanzten eng umschlungen. Aber diesmal nahm die Auseinandersetzung einfach kein Ende. Nachdem sie sich wegen der Margarine angeschrien hatten, ging es darum, ob ein bestimmtes Bild, das Mom gemalt hatte, hässlich war oder nicht. Dann stritten sie darüber, wessen Schuld es war, dass wir so lebten, wie wir lebten. Mom sagte zu Dad, er solle sich wieder einen Job suchen. Dad sagte, wenn Mom unbedingt wolle, dass jemand in der Familie nach der Stempeluhr lebte, dann solle sie sich selbst einen Job suchen. Sie sei immerhin ausgebildete Lehrerin. Sie könne ja arbeiten gehen, anstatt den ganzen Tag auf dem Hintern zu hocken und Bilder zu malen, die kein Mensch kaufen wollte.
»Van Gogh hat auch nie ein Bild verkauft«, sagte Mom. »Ich bin Künstlerin!«
»Schön«, sagte Dad. »Dann hör auf mit der verdammten Meckerei. Oder zieh los und verkauf deinen Arsch im Green Lantern.«
Mom und Dad brüllten sich so laut an, dass man es in der ganzen Nachbarschaft hören konnte. Lori, Brian und ich wechselten Blicke. Brian zeigte auf die Haustür, nickte, und wir gingen nach draußen und fingen an, vor dem Haus Sandburgen für Skorpione zu bauen. Wir dachten uns, wenn wir alle draußen waren und so taten, als wäre der Streit ganz normal, dann würden die Nachbarn das auch so sehen.
Aber die Schreierei ging weiter, und allmählich sammelten sich die Nachbarn auf der Straße. Manche waren einfach bloß neugierig. In Battie Mountain lagen sich dauernd irgendwelche Moms und Dads in den Haaren, deshalb war das an und für sich wirklich nichts Besonderes, aber dieser Streit war selbst für hiesige Verhältnisse ziemlich heftig, und einige meinten, es wäre besser, sich einzuschalten und dazwischenzugehen. »Quatsch, lasst die mal ihre Probleme selbst klären«, sagte einer von den Männern. »Da hat keiner das Recht, sich einzumischen.« Also blieben sie weiter an
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