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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Lehrer stellte mich der Klasse vor. Sie wirkten im Umgang mit Fremden ebenso unsicher wie die Kinder.
    In der Stunde darauf hatte ich Englisch für lernschwache Schüler. Miss Caparossi, die Lehrerin, erklärte den Schülern gleich zu Anfang, es möge sie ja überraschen, aber es gebe nun mal Menschen auf dieser Welt, die sich für besser als andere hielten. »Die sind so felsenfest davon überzeugt, etwas Besonderes zu sein, dass sie meinen, sie müssten sich nicht an die Regeln halten, die für andere Leute gelten«, sagte sie, »wie zum Beispiel Zeugnisse vorzulegen, wenn sie sich an einer neuen Schule anmelden.« Sie sah mich an und zog viel sagend die Augenbrauen hoch.
    »Wer von euch findet das unfair?«, fragte sie die Klasse.
    Alle Kinder außer mir hoben die Hand.
    »Wie ich sehe, ist unsere neue Schülerin anderer Meinung«, sagte sie. »Würdest du das vielleicht erklären?«
    Ich saß in der vorletzten Reihe. Die Schüler vor mir drehten sich um und starrten mich an. Ich beschloss, sie mit einer Antwort aus dem Ergo-Spiel zu verblüffen.
    »Information für Schlussfolgerung unzureichend«, sagte ich.
    »Ach ja?«, fragte Miss Caparossi. »Sagt man das so in einer Großstadt wie Phoenix?« Sie sprach es Fiiiiinix aus. Dann wandte sie sich der Klasse zu und sagte mit hoher, gekünstelter Stimme: »Information für Schlussfolgerung unzureichend.«
    Die Klasse lachte ausgelassen.
    Ich spürte einen stechenden Schmerz zwischen den Schulterblättern und drehte mich um. Das große schwarze Mädchen mit den Mandelaugen saß an dem Tisch hinter mir. Sie hob den spitzen Stift hoch, mit dem sie mir in den Rücken gepikst hatte, und lächelte das gleiche boshafte Lächeln, das ich schon auf dem Schulhof gesehen hatte.
    In der Mittagspause suchte ich Brian in der Cafeteria, aber Viertklässler hatten einen anderen Stundenplan als Fünftklässler, also setzte ich mich allein an einen Tisch und biss in das Sandwich, das Erma mir am Morgen gemacht hatte. Es war fade und fettig. Ich klappte die beiden Weißbrotscheiben auseinander. Dazwischen war eine dünne Schicht Schweineschmalz. Mehr nicht. Keine Wurst, kein Käse, nicht mal eine Gurkenscheibe. Ich aß es trotzdem, kaute ganz langsam und starrte angestrengt auf meine Zahnabdrücke im Brot, um den Augenblick, wo ich die Cafeteria verlassen und auf den Pausenhof gehen musste, möglichst lange hinauszuzögern. Schließlich - ich war die letzte Schülerin im Saal - fing der Hausmeister an, die Stühle auf die Tische zu stellen, damit der Boden gewischt werden konnte, und forderte mich auf zu gehen.
    Draußen hing ein dünner Nebel in der Luft. Ich zog meinen Mantel aus Lammwolle vorn zu. Drei schwarze Mädchen, das mit den Mandelaugen vornweg, kamen auf mich zu, sobald sie mich entdeckten. Ein halbes Dutzend anderer Mädchen folgte ihnen. Im Handumdrehen war ich umzingelt.
    »Meinst du, du bist was Besseres als wir?«, fragte das große Mädchen.
    »Nein«, sagte ich. »Ich glaube, wir sind alle gleich.«
    »Denkst du, du bist so gut wie ich?« Sie versetzte n ir einen Stoß, und als ich weiter meinen Mantel zuhielt, anstatt abwehrend die Hände zu heben, sah sie, dass er keine Knöpfe hatte. »Die hat ja keine Knöpfe am Mantel!«, schrie sie. Das schien ihr die letzten Skrupel zu nehmen. Sie versetzte mir einen Stoß gegen die Brust, und ich fiel nach hinten. Als ich wieder aufstehen wollte, fingen alle drei Mädchen an, mich mit Tritten zu traktieren. Ich rollte mich weg in eine Pfütze, rief, sie sollten aufhören, und schlug auf die Füße ein, die von allen Seiten auf mich eintraten. Die anderen Mädchen hatten einen engen Kreis um uns gebildet, sodass keiner der Lehrer sehen konnte, was passierte. Die Mädchen hörten erst auf, als sie genug hatten.
    Als wir am Nachmittag alle wieder zu Hause waren, erkundigten sich Mom und Dad gespannt, wie unser erster Tag gewesen war.
    »Ganz gut«, sagte ich. Ich wollte Mom nicht die Wahrheit sagen. Ich war nicht in der Stimmung, mir eine von ihren Predigten über die Kraft des positiven Denkens anzuhören.
    »Siehst du?«, antwortete sie. »Ich hab doch gesagt, dass ihr euch wunderbar einfügen werdet.«
    Brian überging Moms und Dads Fragen einfach, und Lori wollte überhaupt nicht über ihren Tag sprechen.
    »Wie waren denn die anderen Kinder?«, fragte ich sie später.
    »Okay«, sagte sie, wandte sich aber ab, und damit war das Gespräch beendet.
    Die Schikanen in der Schule gingen über Wochen weiter. Das große Mädchen,

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