Schloss aus Glas
das, wie ich erfuhr, Dinita Hewitt hieß, beobachtete mich mit diesem Lächeln, wenn wir auf dem asphaltierten Schulhof auf den Beginn des Unterrichts warteten. In der Mittagspause aß ich meine Schmalzbrote mit lähmender Langsamkeit, doch früher oder später fing der Hausmeister an, die Stühle hochzustellen. Ich versuchte, möglichst erhobenen Hauptes nach draußen zu gehen, wo Dinita und ihre Bande mich sofort umringten, und dann ging es los.
Während wir uns prügelten, beschimpften sie mich als arm, hässlich und schmutzig - und das war kaum zu bestreiten. Ich besaß ganze drei Kleider, die entweder Lori schon getragen hatte oder aus dem Secondhand-Laden waren, was bedeutete, dass ich zwei davon jede Woche zweimal anziehen musste. Und sie waren vom vielen Waschen so dünn geworden, dass der Stoff allmählich zerfaserte. Außerdem waren wir immer schmutzig. Nicht staubig schmutzig, wie wir es in der Wüste gewesen waren, sondern rußig schmutzig und voll mit dem öligen Kohlenstaub vom Kohlenofen. Erma genehmigte uns lediglich ein Bad in der Woche, und das auch nur in zehn Zentimeter tiefem Wasser, das auf dem Herd in der Küche erhitzt wurde und für alle Kinder zusammen reichen musste.
Ich überlegte, ob ich Dad von den Prügeleien erzählen sollte, aber ich wollte nicht, dass er mich für eine Memme hielt. Außerdem war er kaum nüchtern, seit wir in Welch waren, und ich hatte Angst, dass er sturzbetrunken in die Schule kommen und alles nur noch schlimmer machen würde, wenn ich es ihm erzählte.
Stattdessen redete ich mit Mom. Von den eigentlichen Schlägereien erzählte ich ihr zwar nichts, weil ich fürchtete, sie würde sich dann einmischen, und auch das würde alles nur noch schlimmer machen, aber ich sagte ihr, dass auf der Schule drei schwarze Mädchen waren, die mir das Leben schwer machten, weil wir so arm waren. Mom antwortete, ich sollte ihnen sagen, dass Arm-Sein keine Schande wäre, dass Abraham Lincoln, einer der größten Präsidenten, die Amerika je hatte, aus einer bitterarmen Familie stammte. Außerdem sollte ich ihnen sagen, Martin Luther King jr. würde sich für ihr Verhalten schämen. Ich wusste zwar, dass mir diese hochherzigen Argumente nicht viel nützen würden, aber ich versuchte es trotzdem - Martin Luther King würde sich für euch schämen! -, und die drei Mädchen prusteten los vor Lachen, als sie mich zu Boden stießen, um mir meine tägliche Tracht Prügel zu verpassen.
Wenn ich abends mit Lori, Brian und Maureen in Stanleys Bett lag, malte ich mir Racheszenarien aus. Ich stellte mir vor, so wie Dad in seinen Air-Force-Tagen zu sein und sie alle zu vertrimmen. Nach der Schule ging ich oft raus zu dem Holzstapel direkt am Haus, übte an den Scheiten Karateschläge
und -tritte und stieß dabei ein paar ziemlich üble Schimpfworte aus. Aber ich musste auch immer wieder an Dinita denken, aus der ich nicht schlau wurde. Kurze Zeit hoffte ich, ich könnte ihre Freundin werden. Ein paar Mal hatte ich Dinita richtig herzlich lächeln sehen, und das hatte ihr Gesicht völlig verändert. Bei so einem Lächeln musste doch etwas Gutes in ihr stecken, aber ich hatte einfach keine Idee, wie ich sie dazu bringen konnte, mir dieses Lächeln zu schenken.
Eines Tages, ich ging seit rund einem Monat in Welch zur Schule, war ich gerade auf einer Treppe, die zu einem Park oberhalb der Stadt führte, als ich von der anderen Seite des Kriegerdenkmals lautes, wütendes Bellen hörte. Ich sprang die restlichen Stufen hinauf und sah eine große, geifernde Promenadenmischung, die einen kleinen schwarzen Jungen von fünf, sechs Jahren vor dem Denkmal in die Enge getrieben hatte. Der Junge trat ängstlich nach dem Hund, der immer wieder auf ihn zusprang. Ich bemerkte, dass der Junge zu den Bäumen auf der anderen Seite des Parks hinüberblickte und anscheinend überlegte, ob er es bis dahin schaffen könnte.
»Nicht weglaufen!«, rief ich.
Der Junge hob den Kopf und sah mich. Der Hund tat das Gleiche, und in dem Moment flitzte der Junge los, obwohl seine Chancen gleich null waren. Der Hund setzte ihm bellend nach, holte ihn rasch ein und schnappte nach seinen Beinen.
Nun gibt es tollwütige Hunde und wilde Hunde und Kampfhunde, und die würden einem sofort an die Kehle gehen und sich so lange verbeißen, bis entweder das Opfer oder sie selbst tot wären, aber dieser Hund, das sah ich sofort, war eigentlich nicht böse. Statt den Jungen richtig anzugreifen, machte er sich einen Spaß daraus, ihm
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