Schloss aus Glas
wie Dad erklärte.
Der Vorteil war jedoch, dass das Haus nur tausend Dollar kostete und der Besitzer auf die Anzahlung verzichtet hatte. Stattdessen konnten wir den Preis mit fünfzig Dollar im Monat abstottern. Falls wir immer schön pünktlich zahlten, wären wir glatt in weniger als zwei Jahren stolze Eigenheimbesitzer.
»Kaum zu glauben, dass das alles eines Tages uns gehören wird«, sagte Lori. Sie entwickelte einen gewissen Hang zum Sarkasmus, wie Mom meinte.
»Sei dankbar für das, was du hast«, wies Mom sie zurecht. »Manche Menschen in Äthiopien würden für so ein Haus alles tun.«
Mom wies darauf hin, dass das Haus durchaus einige ansprechende Eigenschaften aufwies. So gab es beispielsweise im Wohnzimmer einen dickbauchigen, gusseisernen Ofen zum Heizen und Kochen. Er war groß und sah schön aus mit seinen schweren Bärentatzenfüßen, und sie war sicher, dass der Ofen einiges wert war, wenn man ihn in einem Antiquitätengeschäft anbieten würde. Aber da das Haus keinen Kamin hatte, ragte das Ofenrohr aus einem der rückwärtigen Fenster. Irgendwer hatte die Glasscheibe im oberen Teil des Fensters durch Sperrholz ersetzt und die Öffnung für das Rohr mit Alufolie abgedichtet, damit der Qualm nicht in den Raum drang. Doch die Alufolie hatte keine allzu guten Dienste geleistet, denn die Decke war schwarz verrußt. Jemand, wahrscheinlich dieselbe Person, hatte außerdem den Fehler begangen, die Decke an einigen Stellen säubern zu wollen, dabei aber nur den Ruß verschmiert und einige weißliche Flecken hinterlassen, die einem erst richtig deutlich machten, wie schwarz der Rest der Decke war.
»Das Haus an sich ist nichts Dolles«, sagte Dad entschuldigend, »aber wir werden ja nicht lange drin wohnen.« Das Entscheidende, erklärte er weiter, der eigentliche Grund, warum er und Mom beschlossen hatten, gerade diese Immobilie zu erwerben, sei nämlich das große Grundstück drum herum, wo wir unser neues Haus bauen könnten. Er wollte umgehend mit der Arbeit anfangen. Er habe vor, sich weitestgehend an die Entwürfe für das Glasschloss zu halten, fügte er hinzu, aber er würde einiges von Grund auf ummodeln und vor allem die Solarzellen vergrößern müssen, weil wir ja nun so gut wie keine Sonne abbekommen würden, hier am Nordhang, der auf beiden Seiten von Bergen umgeben war.
Am selben Nachmittag zogen wir ein. Das war schnell erledigt. Dad lieh sich einen Pickup von dem Haushaltswarengeschäft, in dem Onkel Stanley arbeitete, und holte ein Bettsofa ab, das ein Bekannter von Grandpa loswerden wollte. Außerdem trieb er noch Tisch und Stühle auf und baute ein paar provisorische, aber eigentlich ganz pfiffige Schränke, indem er Drähte an der Decke befestigte und daran Rohrstücke als Kleiderstangen aufhängte.
Mom und Dad nahmen das Zimmer mit dem Ofen, das zum kombinierten Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, Kunstatelier und Schriftstellerarbeitszimmer wurde. Wir stellten das Schlafsofa hinein, aber nachdem es einmal aufgeklappt worden war, wurde es nie wieder zum Sofa. Dad brachte oben an den Wänden rundum Regale an, wo Mom ihre Malsachen verstaute. Sie baute ihre Staffelei unter dem Ofenrohr auf, direkt neben dem hinteren Fenster, weil sie dort, wie sie sagte, natürliches Licht hatte - was auch stimmte, relativ gesehen. Ihre Schreibmaschine stellte sie unter ein anderes Fenster, dazu Regale für ihre Manuskripte und die Werke, die sie noch in Arbeit hatte, und sie fing sofort an, Karteikarten mit Ideen für Geschichten an die Wände zu heften.
Wir Kinder schliefen alle im mittleren Zimmer. Zuerst teilten wir uns ein großes Bett, das der Vorbesitzer zurückgelassen hatte, aber Dad fand, dass wir doch allmählich ein bisschen zu alt dafür seien. Wir waren inzwischen auch zu groß, um in Kartons zu schlafen, für die auf dem Boden sowieso nicht genug Platz gewesen wäre, und so halfen wir Dad, zwei Etagenbetten zu bauen. Die Rahmen machten wir aus Vierkanthölzern, und anstelle von Bettfedern bohrten wir Löcher in die Seiten und zogen Seile hindurch. Statt Matratzen legten wir Pappe über die Seilverspannung. Die fertigen Etagenbetten sahen ein wenig schlicht aus, deshalb bemalten wir das Holz mit roten und schwarzen Schnörkeln. Dad besorgte irgendwo eine Kommode mit vier Schubladen - für jeden von uns eine. Außerdem zimmerte er für jeden von uns eine eigene Holzkiste mit Schiebetüren für die ganz persönlichen Habseligkeiten. Wir nagelten sie an die Wand über unseren Betten, und
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