Schloss aus Glas
Natron in eine Hand, gaben einen Spritzer Wasserstoffsuperoxid dazu und benutzten dann die Finger, um uns mit der schäumenden Paste die Zähne zu putzen.
Ich liebte die Wüste ebenfalls. Wenn die Sonne am Himmel stand, war der Sand so heiß, dass er dir die Füße verbrannte, wenn du zu den Kindern gehörtest, die normalerweise Schuhe trugen, aber da wir immer barfuß liefen, waren unsere Fußsohlen so zäh und dick wie Leder. Wir fingen Skorpione und Schlangen und Krötenechsen. Wir suchten nach Gold, und als wir keins fanden, sammelten wir andere kostbare Steine wie Türkise und Granate. Wenn die Sonne unterging, wurde es kühl, und dann kamen die Moskitos in so dichten Wolken, dass sie die Luft verdunkelten, und bei Einbruch der Nacht wurde es so kalt, dass wir Decken brauchten.
Es gab schlimme Sandstürme. Mal kamen sie ohne Vorwarnung, und mal erkannte man an den Staubteufeln, die wirbelnd durch die Wüste tanzten, dass einer im Anmarsch war. Sobald der Wind dann den Sand hochpeitschte, konnte man kaum die Hand vorm Gesicht sehen. Wenn kein Haus oder Auto oder Schuppen da war, in dem man Schutz suchen konnte, musste man sich hinkauern, Augen und Mund ganz fest zusammenpressen, die Ohren zuhalten und das Gesicht in den Schoß legen, bis der Sturm vorüber war. Ab und zu wurde man von einem Tumbleweed getroffen, einem dieser Gestrüppballen die durch die Wüste kullern, aber die waren leicht und taten nicht weh. Wenn der Sandsturm besonders stark war, riss er einen mit, und man rollte weiter, als wäre man selbst ein Tumbleweed.
Wenn endlich der Regen kam, wurde der Himmel dunkel und die Luft schwül. Dann prasselten Regentropfen so groß wie Murmeln herab. Manche Eltern fürchteten, ihre Kinder könnten vom Blitz getroffen werden, aber Mom und Dad hatten keine Angst um uns, und sie ließen uns draußen in dem warmen, strömenden Wasser spielen. Wir planschten herum und sangen und tanzten. Mächtige Blitze zuckten aus den tief hängenden Wolken, und Donner ließ die Erde erbeben. Staunend schauten wir dem Spektakel zu, als wäre es ein Feuerwerk. Nach dem Unwetter ging Dad mit uns zu den sonst trockenen Flussbetten, den Arroyos , wo wir uns die Springfluten ansahen, die durch sie hindurchrauschten. Am nächsten Tag waren die Saguaro-Kakteen und die Feigenkakteen ganz dick, weil sie sich richtig voll getrunken hatten, um die vielleicht lange Zeit bis zum nächsten Regen zu überstehen.
Wir mochten die Kakteen irgendwie. Wir aßen unregelmäßig, und wenn wir aßen, dann stopften wir uns den Bauch voll. Einmal, als wir in Nevada lebten, entgleiste ein mit Melonen beladener Zug. Ich hatte noch nie eine Melone geges-
sen, aber Dad brachte zahllose Kisten mit Melonen nach Hause. Wir aßen frische Melonen, gedünstete Melonen, sogar gebratene Melonen. Und in Kalifornien streikten einmal die Traubenpflücker. Die Winzer gaben die Trauben für fünf Cent das Pfund an Selbstpflücker ab. Wir fuhren rund hundert Meilen zu den Weinbergen, wo die zum Bersten reifen Beeren in prallen Trauben hingen, die größer waren als mein Kopf. Wir füllten den ganzen Wagen mit grünen Beeren, den Kofferraum, sogar das Handschuhfach, und Dad häufte sie so hoch auf unseren Schoß, dass wir kaum darüber schauen konnten. Danach aßen wir wochenlang Weintrauben, morgens, mittags und abends.
Dieses ständige Unterwegssein war bloß vorübergehend, erklärte Dad. Er hatte einen Plan. Er würde nämlich Gold finden.
Alle sagten, dass Dad ein Genie sei. Er konnte alles bauen oder reparieren. Einmal, als der Fernseher eines Nachbarn kaputt war, der den Apparat schon wegwerfen wollte, schraubte Dad das Gerät hinten auf und benutzte eine Makkaroni, um ein paar Platinen zu isolieren. Der Nachbar war völlig von den Socken. Er erzählte im ganzen Ort herum, was Dad alles mit einer gewöhnlichen Nudel anstellen konnte. Dad begeisterte sich für Mathe und Physik und Elektrizität. Er las Bücher über Algebra und Logarithmen, und er war fasziniert von der Poesie und Symmetrie der Mathematik, wie er sagte. Am meisten interessierte sich Dad für Energie: Thermalenergie, Kernenergie, Sonnenenergie, elektrische Energie und Windenergie. Er sagte, es gäbe so viele ungenutzte Energiequellen auf der Welt, dass es einfach lächerlich sei, die ganzen fossilen Brennstoffe zu verpulvern.
Außerdem war Dad Erfinder. Eine seiner wichtigsten Erfindungen war eine komplizierte Apparatur, die er »Goldsucher« nannte. Sie sollte uns helfen, Gold zu finden.
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