Schloss der Liebe
Über die Schulter sagte sie: »Ich bin schwanger, Beamis. Wollt Ihr, dass auch mein Kind stirbt? Lord Fawkes Enkel?«
Er stieß einen Fluch aus, spuckte in eine Pfütze, trat nach einem herumirrenden Huhn und beschimpfte die Ziege Gilbert, die an einem alten Lederriemen kaute. Er verspürte nicht übel Lust, die Ziege mit diesem Riemen zu erwürgen. Aber die Ziege gab Milch. Hastings würde die Milch brauchen, um gesund zu bleiben.
Er grub seine Finger in sein angegrautes schwarzes Haar. »Ich wäre erledigt. Lord Severin würde mich umbringen, wenn er davon erführe. Und wie sollte er nicht davon erfahren? Ihr wäret nicht mehr auf Oxborough, und ich wäre ebenfalls nicht zu finden. Außerdem sind die Straßen gefährlich. Zwischen Oxborough und der Südküste sind mehr Räuber unterwegs als Männer König Edwards. Ich allein könnte Euch nicht genügend Schutz gewähren. Schon deshalb nicht, weil Lord Severin mich bis dahin längst umgebracht hätte.«
Hastings glaubte zwar nicht, dass Severin Beamis töten lassen würde, aber was sollte sie darauf schon erwidern? Sie würde sich allein auf den Weg machen müssen. Aber sie wusste nicht, wo Rosehaven war.
Beschwichtigend tätschelte sie Beamis' Arm. »Ihr habt wohl Recht. Ich habe das alles nicht gründlich genug bedacht. Es war nicht richtig von mir, Euch zu fragen.«
Beamis war nicht auf den Kopf gefallen. Er kannte Hastings seit ihrer Kindheit, hatte sie aufwachsen sehen und war nun zutiefst beunruhigt. »Es wird Euch doch nicht etwa einfallen, allein aufzubrechen, Hastings? Bei den Zehennägeln des heiligen Albert, versprecht mir, dass ihr nicht allein nach Rosehaven reiten werdet.«
»Wie sollte ich das tun? Ich weiß nicht einmal, wo Rosehaven liegt.« Nun ja, sie wusste, dass es nicht weit von Canterbury sein konnte, aber mehr auch nicht. Rosehaven war sicher nicht das einzige Anwesen in der Nähe von Canterbury.
Er wirkte sichtlich erleichtert. »Nein, das wisst Ihr nicht.« Er richtete seinen Blick himmelwärts. Zweifellos dankte er Gott.
Sie fand Severin bei Torric, dem Verwalter. Seit Torric ihm von Rosehaven berichtet hatte, war alles Misstrauen zwischen ihnen ausgeräumt. Severin sah auf, bemerkte den trotzigen Ausdruck in ihrem Gesicht und seufzte. Er stand auf, nahm sie beim Arm und ging mit ihr in den inneren Burghof. »Kommst du, um dich bei mir zu entschuldigen? Um mich vor allen anderen und
Gilbert der Ziege zu küssen? Oder um mich mit deinen zärtlichen Händen zu berühren?«
In Wirklichkeit war er sich sicher, dass sie nichts von alledem vorhatte. Eher, dass sie ihm ins Gesicht spucken würde. »Du weißt«, begann sie, »dass die Leute aus Sedgewick noch nicht zurückkehren können. Um sicherzugehen, müssen sie mindestens noch eine Woche ausharren.«
»Ja.«
»Nun, ich kann mir denken, dass du Lady Marjorie hier nicht allein zurücklassen möchtest. Deshalb bitte ich dich, mir zu erlauben, mit einigen deiner Männer nach Rosehaven zu reiten. Ich möchte herausfinden, wer dort lebt und was meinen Vater immer wieder dorthin gezogen hat.«
»Warum sollte ich Lady Marjorie nicht hier zurücklassen wollen?«
»Weil du zweifellos in sie verliebt bist.«
»Ich bin in niemanden verliebt, Hastings. Das weißt du. Früher einmal hätte ich mein Leben für sie gegeben, aber damals war ich fast noch ein Kind. Es ist viele Jahre her, dass ich ihr beigewohnt habe. Sie ist nichts als eine Jugendliebe.«
Er hatte mit ihr geschlafen, als er noch fast ein Kind war? Bevor er ins Heilige Land aufgebrochen war? »Erzähl mir keine Lügen, Severin. Spar dir die Mühe. Ich will nur fort von hier. Du kannst sie auf meinem Stuhl sitzen lassen und ihr meine Kleider geben. Von mir aus kannst du sie auch mit in mein Bett nehmen.«
»Das kann ich auch tun, solange du hier bist. Nein. Du wirst hier bleiben und deinen Aufgaben nachgehen. Ich werde entscheiden, wann wir nach Rosehaven reiten.«
Damit drehte er sich um und ging zurück zum Wohnturm. Ohne nachzudenken hob sie einen Stein auf, der zu ihren Füßen lag, und schleuderte ihn ihm nach.
Er verfehlte ihn, jedoch nur um wenig, prallte mit lautem Knall gegen die Turmmauer und zersprang in zwei Teile. Wie ein Blitz schnellte er herum - sie hätte nie gedacht, dass sich jemand mit einer solchen Geschwindigkeit bewegen konnte. Geistesgegenwärtig hielt er bereits seinen Dolch in der Hand. Dann blickte er entgeistert von ihr zu dem Stein, der ihn um ein Haar im Rücken getroffen hätte.
Erst jetzt
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