Schloss der Liebe
du sorgst dich um ihn viel mehr, als du dich um mich gesorgt hast.«
»Böse Menschen sterben nicht so leicht.«
Sie schwieg lange. Dann sagte sie leise: »Hoffentlich hast du Recht. Wäre ich in den Genuss des Weins gekommen, hätten wir ja gesehen, wie böse ich bin.«
Sie glaubte zu fühlen, dass er zusammenzuckte.
»Ich habe es bis jetzt weggeschoben. Gwent sagt, dass von den vier Personen, die Weinkelche vor sich hatten, nur du und ich noch nicht getrunken hatten. Er hat meinen Kelch und deinen leeren aufgehoben. Auch das Tischtuch mit dem verschütteten Wein hat er in Sicherheit gebracht. Wirst du es morgen früh untersuchen?«
»Ja, aber ich weiß jetzt schon, was ich finden werde, Severin. Das Einzige, was ich noch nicht weiß, ist, welches Gift benutzt worden ist. Vielleicht Schierling oder ein Mohnblumenauszug. Es könnte auch Fingerhut sein, obwohl man noch darüber streitet, was für Wirkungen die Pflanze hat. Ich werde die Heilerin fragen müssen. Woher könnte das Gift stammen?«
»Viele seltsame und exotische Lebensmittel und Gewürze, ja, und auch Gifte, sind mit den Kreuzfahrern aus dem Heiligen Land zu uns gekommen.«
Sie wollte gerade fragen: Wer will meinen Tod?, konnte sich aber nicht überwinden, es laut auszusprechen. Es zu sagen, hieße, es wirklich werden zu lassen. Dann rückte die drohende Gefahr greifbar nah und könnte sie jederzeit anspringen. Der Sattel konnte auch ein Unfall gewesen sein, aber das - nein, niemals.
Hätte sie sich nicht die Hände mit der Salbe eingerieben, wäre ihr der Kelch nicht weggerutscht. Sie hätte von dem Wein getrunken und wäre gestorben.
Behutsam befühlte sie Trists Seite. Er atmete noch.
»Die Sache gefällt mir nicht, Hastings.« Severins Stimme war seltsam heiser.
Ob er um sie geweint hätte, wenn sie gestorben wäre? Hätte er ein ebenso fassungsloses '»Nein!« ausgestoßen wie bei Trist?
»Mir gefällt sie ebensowenig«, sagte sie.
»Von jetzt an wird jemand dein Essen vorkosten. Und bevor du trinkst, wird jemand deinen Wein probieren. Ich werde es gleich morgen früh alle wissen lassen. Wer auch immer das Gift in deinen Wein getan hat - es liegt ihm wohl kaum etwas daran, jemand anderen zu vergiften.«
Lady Moraine sagte: »Ich habe Severins Tunika von Trists Erbrochenem gesäubert, aber der Geruch will nicht weggehen. Was kann ich dagegen tun, Hastings?«
»Ich gebe Euch einige zerstoßene Gänseblümchen in kaltem Wasser. Das nimmt den Geruch. Zumindest meistens.«
»Diese silberhaarige Hexe wollte dich vergiften, und du weißt es. Was wirst du unternehmen?«
»Ich werde dafür sorgen, dass sie und die anderen so bald wie möglich nach Sedgewick zurückkehren. Severin und einige seiner Männer reiten heute dorthin, um nach dem Rechten zu sehen. Hoffentlich ist das Schweißfieber vorbei. Ich bete zu Gott, dass nicht alle daran gestorben sind. Nach dem letzten Stand der Dinge hatte es Sir Alan noch nicht getroffen.«
»Sie will meinen Sohn, und sie wird nicht aufgeben. Das Beste wäre, wenn wir sie vergifteten.«
Ungläubig sah Hastings ihre Schwiegermutter an, die so nett anzusehen war mit ihrem hellen Haar, das noch kaum Grau zeigte, ihrer schlanken Figur und ihren sanften dunklen Augen. Ihre Hände waren wieder weiß und weich, ebenso wie ihre Füße. »Du denkst bestimmt, ich hätte wieder den Verstand verloren?«
»Nein, ich denke, dass Ihr genauso kaltblütig wie Euer Sohn seid.«
»Sie will deinen Platz. Hättest du den Wein nicht verschüttet, wärst du jetzt tot.«
»Ich weiß.«
»Wenigstens hat Severin jedermann wissen lassen, dass alles, was du isst und trinkst, vorher von jemandem gekostet wird. Mir gefällt seine Idee, dass vor jedem Essen anderer dazu ausgewählt werden soll. Auf diese Weise weiß niemand, ob es nicht ihn trifft.«
»Es ist ein guter Plan. Aber es bleiben immer noch genügend Sättel.«
Lady Moraine seufzte tief auf. »Ja, da hast du Recht. Gwent ist überaus besorgt. Ich glaube wirklich, du solltest darüber nachdenken, ob es nicht besser wäre, der silberhaarigen Hexe zuvorzukommen und sie selbst zu vergiften.«
Hastings holte ihrer Schwiegermutter das versprochene in kaltem Wasser aufgelöste Gänseblümchenpulver. Ihr Magen fühlte sich ein wenig flau an, und sie mischte sich ein wenig Rosmarin mit Honig. Die Mischung schmeckte süß und beruhigte sie.
Im Großen Saal fand sie Marjorie, die vor dem kalten Kamin saß und an einem Kleid nähte. Wo sie wohl den Stoff her hatte? Eloise saß
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