Schloss der Liebe
Kopf zu streichen. Sie kaute auf einem Lederriemen, von dem Hastings wusste, dass er dem Waffenmeister gehörte. Sie musste ihm unbedingt sagen, dass er die Ziege sorgsam behandeln sollte. Es war möglich, dass sie ihre Milch für ihr Kind brauchen würde. Das Kind, von dem Marjorie dachte, dass sie es in Kauf nehmen würde, ihm zu schaden.
Sie sah Marjorie an. »Wisst Ihr, Marjorie, es stimmt. Ich bin eifersüchtig auf Euch. Ich verachte mich selbst dafür, aber ich kann es nicht ändern, es ist nun einmal so. Aber Eure Tage auf Oxborough sind gezählt. Und Eloises Lügenmärchen werden sich allzu rasch als das heraussteilen, was sie sind - die Lügen eines Kindes, das Euch über alles verehrt. Eloise ist nicht verborgen geblieben, dass Ihr meinen Platz einnehmen wollt. Sie würde alles tun, um Euch zu helfen, sogar lügen. Und jetzt hört mir gut zu: Ihr seid nicht meine Rivalin. Ich bin die Gräfin von Oxborough, nicht Ihr. Ihr wollt Severins Geliebte sein? Nur zu, denn mehr werdet Ihr nie sein. Wollt Ihr Euch damit tatsächlich zufrieden geben?«
Marjorie lachte ihr helles, bezauberndes Lachen. Gab es irgendetwas, das an dieser Frau hässlich war? Nun ja, was ihr Inneres betraf, war das letzte Wort noch nicht gesprochen.
»Hastings, Eloise ist nicht die Einzige, die nur Augen für mich hat. Sie ist nicht die Einzige, die mich glücklich machen möchte. Glaubt Ihr wirklich, dass ich nach Sedgewick zurückkehren werde?«
»Allerdings.«
»Wir werden ja sehen, nicht wahr? Aber das ist jetzt nicht von Bedeutung. Ihr seht heute nicht mehr ganz so alt und blass aus. Seid Ihr etwa wieder in der Lage, Eure Rolle als Herrin von Oxborough einzunehmen?«
»Das habe ich bereits getan, Marjorie.«
»Ah, da kommt ja Severins verrückte alte Mutter.«
»Sie ist keineswegs verrückt. Sie hat sich fast völlig erholt. Auch die Heilerin ist sich nicht sicher, ob sie wirklich verrückt war. Wie auch immer ... Jetzt ist sie wieder vollkommen genesen.«
»Nein, das ist sie nicht. Ihr habt sie nicht so eingehend beobachtet, wie ich es getan habe. Aus ihren Augen blitzt immer noch der Wahnsinn. Ihre Bewegungen wirken linkisch und gehetzt. Sie gehört eigentlich weggeschlossen.«
»Eure verborgenen Seiten treten immer deutlicher zu Tage, Marjorie. Sie sind verschlungen wie ein Labyrinth und schwarz wie Pech. Am Ende wart Ihr es, die meinen Wein vergiftet habt.«
Zum ersten Mal sah Marjorie aus, als wolle sie Hastings schlagen. Ihr Atem ging heftig und ihre Hände waren zu Fäusten geballt. »Sagt Severin Euch, wie sehr er Euch liebt, wenn er tief in Euch ist?«, fragte sie. »Küsst er Euer Ohr und sagt Euch, wie wunderschön Ihr seid? Sagt er Euch, wie sehr er Euch braucht, wie glücklich Ihr ihn macht?«
Hastings drehte sich auf dem Absatz um und ging zu
Lady Moraine. Ihr fiel die Phiole ein, die sie im Schlafzimmer hinter den Behältnissen mit ihren Kräutern versteckt hatte. Heute Abend würde sie den Liebestrank in Severins Kelch gießen.
»Wie ich höre, hat die silberhaarige Hexe ihre Maske abgelegt und ist zum Angriff übergegangen?«
»Das ist wahr, sie sagt, was sie denkt.«
»Hat sie dir versprochen, dass sie weiterhin versuchen wird dich umzubringen, damit sie Severin heiraten kann und deinen Platz auf Oxborough einnehmen kann?«
»Nein, aber Eloise beschuldigt mich, dass ich den Weinkelch absichtlich umgeworfen habe und Trist vergiften wollte. Marjorie meint, dass ich es getan habe, weil ich glaubte, auf diese Weise Severins Mitleid zu gewinnen.«
Sie beugte sich hinab und streichelte über den Kopf der Ziege Gilbert, die den Lederriemen fast völlig verspeist hatte. »Beeil dich«, sagte sie zu ihr. »Der Waffenmeister kann jeden Moment kommen.«
Sich wieder aufrichtend strich sie sich das Haar aus der Stirn. Der Nachmittag war kühl, vom Meer her kam eine scharfe Brise. »Ich habe beschlossen, heute Abend den Trank in Severins Kelch zu gießen.«
»Gut. Ist es nicht eigenartig, dass ich nichts von Severins Leidenschaft für Marjorie wusste? Daran ist mein Mann Schuld, er hat die Jungen immer von mir ferngehalten. Er wollte nicht, dass ich sie verzärtele. Das war noch, bevor mein Kopf verrückt spielte.«
»Euer Kopf hat nie verrückt gespielt. Diese Krankheit hatte eine andere Ursache. Aber ich hoffe sehr, dass das Mittel der Heilerin auch weiterhin wirkt.«
Lady Moraine lachte und tätschelte Hastings' Arm. »Die Heilerin versteht ihr Handwerk. Du hast ihr bisher immer vertraut. Warum solltest du
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